, 7. Dezember 2014
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Die Krux mit dem Humor

Poetry Slam ist eine tolle Sache, kann aber auch furchtbar platt und oberflächlich sein, findet Lukas Egli. Hier sein kleiner Denkanstoss an die Adresse der Spassgesellschaft.

Vierzehn Jahre lang gibt es nun schon den Poetry Slam in der Grabenhalle. Seit acht Jahren höre ich zu und seit vier Jahren bin ich selber gelegentlich auf irgendeiner Bühne. Nun, was sind da so meine Erfahrungen?

Sie sind einerseits vielfältig und schön, aber andererseits auch ernüchternd und stellen für mich manchmal die gesamte Slam-Szene in Frage.

Schön ist auf jeden Fall das jeder auf der Bühne mit seinem Text ernst genommen wird, Anerkennung bekommt und man auch untereinander nicht mit Lob geizt.

Das Publikum nickt anerkennend, ist aber leider oft zu feige für Kritik. Selten hat mir bisher jemand gesagt: «Du, der Text war grad unter aller Würde, das geht besser.»

Vielleicht hat das Publikum auch einfach keine Ahnung?

Mir selber mit meinen mittlerweile 38 Lenzen ist doch auch aufgefallen: sei jung, blond und weiblich, so erhöhst du deine Punktezahl.

Oder sei jung, versifft und trage einen filzigen Bart und erhöhe damit deine Punktezahl.

Gut, das mögen Vorurteile sein. Nur kommen diese selten von ungefähr und haben im Kern oft ein Quäntchen Wahrheit.

Tiefgründige Texte voller Trauer oder Wut werden in der Regel skeptisch betrachtet und die Witzigen hoch gewertet. Die Spassgesellschaft lässt grüssen.

So habe auch ich gemerkt: Wenn dich ein Thema beschäftigt und es eigentlich ein ernstes ist, mische es mit Humor und Schalk. Nur so bekommst du die Aufmerksamkeit des Publikums.

Und merke dabei selber: Ja, auch ich gehöre zur Spassgesellschaft. Bei witzigen, humorvollen Texten mit einer ernsten Pointe, da applaudiere ich.

 

Bild: aus der interaktiven Lernausstellung «Experimente im Hinterstübchen» von Amina Abdulkadir, Slammerin aus Basel.

1 Kommentar zu Die Krux mit dem Humor

  • Baumann sagt:

    Nun ja, da war ich eigentlich gleichermassen irritiert sowohl über den Inhalt dieses Gastbeitrages wie auch über die Tatsache, dass Saiten einen solchen Beitrag überhaupt zulässt. Nicht weil der Beitrag kritisch ist, sondern weil ich mich gefragt habe…ist Frust Kultur??? Und der Beitrag suggeriert, vor allem den Jungen, besonders den Jungen mit Bärten oder mit blonden, langen Haaren, sie würden furchtbar platte und oberflächliche Texte vortragen und trotzdem gewinnen. So etwas gehört eigentlich nicht zu Saiten.
    Aber dann ging mir ein Licht auf! Eigentlich lesen wir hier eine, nicht so deklarierte, etwas andere, Weihnachtsgeschichte.
    Wie wünschen wir uns doch Weihnachten als friedliches Fest, in welchem man sich einmal auf die Personen um einem herum besinnen kann um mit ihnen Liebe und Harmonie zu teilen. Wie wünschen wir uns doch ein Fest ohne abscheulichen Stress, ohne Heucheleien, ohne Materialschlacht und ohne schlaflose Nächte in denen wir uns Gedanken machen, was wir wem schenken sollen. Wie betonen wir überall, was Weihnachten für eine besinnliche Zeit sein soll, eine Zeit in der man sich auch Mal Zeit für sich und seine Liebsten nehmen will. Wie moralisieren wir gerne andere (vorwiegend Kinder) und machen sie darauf aufmerksam, dass materialischtische Wünsche eingentlich schlecht sind und es an Weihnachten eigentlich gar nicht um Geschenke geht, sondern darum, dass man auch einmal an die Anderen denkt, vor allem an diejenigen denen es schlechter geht als uns.
    Und dann, dann stehen wir ab Mitte November (oder schon viel früher) in den mit allem Klimbim ausgestatteten und bis unters Dach gefüllten Warenhäusern, lesen die mit Sonderangeboten und Werbung vollgestopften Magazine und vergessen dabei all unsere Moral und vergessen was wir uns selber eingeredet haben und was uns an jeder halböffentlichen Weihanchtsfeier weiss gemacht wird, nämlich dass Weihnachten eigentlich das sein sollte, was du ein paar Zeilen weiter oben gelesen hast…Und Weihnachten wird wie jedes Jahr so, wie wir es uns nicht gewünscht haben.

    Und so geht es uns wie dem Gastkommentator, der eigentlich wüsste, was für ihn die heeren Grundsätze des Poetry Slams sind, aber diese immer wieder verrät, weil er auf etwas herrein fällt, dass ihm eigentlich nich gut genug ist.

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