, 11. Mai 2015
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Suche Knowhow, biete Infrastruktur

Am Dienstag findet im Hofkeller St.Gallen die erste «Trade Fair» statt, eine Leistungsbörse für nachhaltigen Austausch. Initiiert wurde sie von elf HSG-Studierenden – Projektleiter Mario Malzacher erklärt, was es damit auf sich hat. Und wieso es dort zur Abwechslung mal nicht ums Geld geht.

Saiten: Wie ist die Idee zu «Trade Fair» entstanden?

Mario Malzacher: Wir sind HSG-Studierende, die sich innerhalb der Studentenorganisation oikos für «Social Entrepreneurship» einsetzen. Letzten Sommer haben wir uns gefragt, wie wir auch ausserhalb der Uni etwas für nachhaltiges und soziales Unternehmertum beitragen können. Eine Austauschstudentin aus den Niederlanden hat uns dann von dieser «Marktplatzmethode» erzählt, die es in den Niederlanden schon seit einigen Jahren gibt und in vielen grösseren Städten mittlerweile sehr beliebt ist.

Was wollt Ihr damit erreichen?

Die Idee ist, dass man sich gegenseitig unterstützt, um nachhaltige oder soziale Ziele zu erreichen. Wer schonmal ein Projekt oder ein Unternehmen ins Leben gerufen hat, kennt die Herausforderung: Idee und Vision sind zwar da, doch es fehlt beispielsweise noch an Ressourcen, Fähigkeiten oder dem Zugang zu einem entsprechenden Netzwerk. Was jedoch bei der einen Organisation fehlt, ist bei einer anderen vielleicht schon vorhanden. Deshalb wollen wir Unternehmen und Privatpersonen zusammenbringen, damit sie sich gegenseitig unterstützen können, sprich: alles tauschen können, ohne den limitierenden Faktor Geld ins Spiel bringen zu müssen. Und nebenbei ist es natürlich auch noch eine gute Networking-Möglichkeit.

Und was habt Ihr als Organisatoren davon?

Das ganze Team arbeitet ehrenamtlich. Für uns ist es in erster Linie eine gute Möglichkeit, mit anderen aus der «Social Entrepreneurship»-Szene in Kontakt zu kommen, ausserdem haben wir einiges über Eventplanung gelernt. Wichtiger ist uns aber der ideelle Wert: Wir glauben, dass jede Organisation etwas zum Gemeinwohl der Gesellschaft beitragen sollte. Dazu gehört es, drängende Herausforderungen wie etwa Umweltprobleme oder soziale Brandherde anzugehen. Wer so denkt, wird immer offen sein und nach Möglichkeit mit anderen kooperieren, um diese Ziele zu erreichen. Mit der «Trade Fair» können wir eine solche Vernetzungs-Plattform zur Verfügung stellen.

Ihr sagt, die «Trade Fair»-Plattform sei «impactorientiert» und somit nachhaltig angelegt. Worin liegt der Unterschied zum gewinnorientierten Denken?

Das Konzept von Social Entrepreneurship besagt, dass man als Unternehmen versucht, gewisse Probleme in Bereichen wie Umwelt, Gesundheit, Bildung oder Armut zu lösen – nicht um den finanziellen Gewinn zu maximieren, sondern um das jeweilige Problem so gut wie möglich zu lösen.

Was heisst das konkret?

Alle finanziellen Entscheide eines Unternehmens sollten so ausgerichtet sein, dass es nachhaltig finanziert werden kann und alle Beteiligten einen fairen Lohn bekomen. Was darüber hinausgeht, wird zur sogenannten Impact-Generierung verwendet. An der «Trade Fair» sind aber alle willkommen, die etwas beitragen möchten – unabhängig davon, woher man kommt oder was man macht. Es ist eben genau eine Plattform, wo auch gewinnorientierte Unternehmen beispielsweise mit NGO’s zusammenkommen. In den Niederlanden werden diese Marktplätze sogar von Banken mitorganisiert.

Wieso verwendet ihr in der Ausschreibung dennoch «Börsenvokabular» wie Broker oder Tradingpartner – wo es doch eigentlich gar nicht um Geld gehen soll?

Haha, das liegt wohl daran, dass wir alle an der HSG studieren. Unsere Studierenden sind extrem international zusammengesetzt und Anglizismen deshalb entsprechend verbreitet. Ehrlich gesagt bemerkt man diese häufig gar nicht mehr… Am Event selber arbeiten wir aber mehrheitlich mit Deutschen Begriffen.

Was kann morgen im Hofkeller ausgetauscht werden, und wie wird das Ganze ablaufen?

Grundsätzlich darf alles getauscht werden – ausser Geld. Das können beispielsweise Arbeitszeit, Wissen, Fähigkeiten, Netzwerkkontakte oder auch die Nutzung von Material und Infrastruktur sein. Während der «Trade Fair» wird es verschiedene Tische zu Themen wie «Gesundheit» oder «Gründung» geben. Dort können sich Personen treffen, die Entsprechendes suchen oder anbieten. Sobald sich zwei gefunden haben, können sie ihre jeweilige Vereinbarung schriftlich auf einem Formular festhalten und den Deal einreichen. So könnte beispielsweise ein Jungunternehmer, der ein abfallfreies Restaurant eröffnen will, die Expertise eines anderen Unternehmens im Bereich Prozessoptimierung nutzen. Im Gegenzug könnte dieses Unternehmen dann vielleicht das Weihnachtsessen in diesem Restaurant durchführen – je nach Abmachung. Natürlich können aber auch kleinere Dinge getauscht werden.

Habt ihr viele Anmeldungen?

Momentan haben wir etwa 50. Wir denken, das ist ein ganz ordentlicher Start, um das Konzept in der Schweiz bekanntzumachen.

Wie und wo habt ihr für das Projekt geworben?

Die Veranstaltung bekannt machen konnten wir vor allem über unsere Mitveranstalter Startfeld, SnS Ventures und den Impact HUB Zürich. Aber auch Ostsinn und andere Organisationen haben die Einladung über ihre Kanäle verbreitet. Zusätzlich haben wir viele Firmen persönlich angerufen oder angeschrieben und das Konzept kurz erklärt. Nicht zuletzt sind wir auch auf die Strasse gegangen, wo wir Interessierten mit Flyern und in Gesprächen unser Konzept erklärten.

Welche Unternehmen und Branchen sind bis jetzt vertreten?

Das ist – zum Glück – sehr durchmischt. Es werden Vertreter von NGO’s wie etwa dem WWF da sein, Mitarbeitende von der Universität St.Gallen und der Fachhochschule St.Gallen (FHS), Personen von kleineren und grösseren Unternehmen, einige Jungunternehmer, darunter auch sogenannte Social Entrepreneurs, und nicht zuletzt auch Privatpersonen, die an dieser Szene interessiert sind und etwas beitragen wollen.

Bleibt die «Trade Fair» ein einmaliges Projekt oder wollt Ihr mit der Börse eine stetige Plattform lancieren?

Das machen wir davon abhängig, wie der erste Event morgen ankommt. Wenn wir positives Feedback erhalten, werden wir uns sicher überlegen, wie man dieses Veranstaltungsformat institutionalisieren und allenfalls auch auf andere Städte übertragen kann. Aber das überlegen wir uns dann nach der ersten Veranstaltung – momentan konzentrieren wir uns darauf, dass diese für alle Teilnehmenden möglichst gelungen ausgeht.

 

Trade Fair: Dienstag, 12. Mai, 17-19 Uhr, Hofkeller St.Gallen, mit anschliessendem Apéro.
Weitere Infos und Anmeldung: tradefair.social,
oikos-international.org

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