, 15. Juli 2018
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Alles dreht sich um sich selbst

Das Vögele Kulturzentrum in Pfäffikon spürt dem Selbstoptimierungstrieb nach. Mit dokumentarischem Material, Objekten aus der Alltagskultur und wissenschaftlichen und Publikumsbeiträgen, die mit Gegenwartskunst kombiniert werden.

Jacob Dahlgren, I, the world, things, life, 2018. Interaktive Dart-Installation. (Bild: Manuela Matt)

Erinnert sich noch jemand an Singles? Jenen Film Anfang der 1990er-Jahre, in dem Eddie Vedder, Jeff Ament und Stone Gossard von Pearl Jam mitspielten, und der als Porträt der Jugend in Seattle gehandelt wurde? Eine der Hauptdarstellerinnen flog darin in einem Video durch die Grunge-Metropole. Sie befand sich auf der Suche nach dem perfekten Mann und im Bewusstsein, nichts weniger als diesen verdient zu haben, denn sie erschien sich selbst perfekt: «Expect the best» verkündete sie ihrem potentiellen Zukünftigen.

Können wir von so viel Selbstbewusstsein nur noch träumen? Müssen wir uns immer noch weiter optimieren? Ständig Puls und Herzfrequenz kontrollieren, um das effizienteste Training absolvieren zu können? Während des Trainings Podcasts hören, um noch schlauer zu werden? Nur noch Bio essen, nicht der Ökologie wegen, sondern um dem eigenen Körper nur das Gesündeste zuzuführen? Und warum das Alles? Um in den sozialen Netzwerken glänzen zu können?

Das Vögele Kulturzentrum in Pfäffikon spürt dem aktuellen Selbstoptimierungstrieb nach und setzt auf sein bewährtes Ausstellungskonzept: Dokumentarisches Material, Objekte aus der Alltagskultur, wissenschaftliche und Publikumsbeiträge werden mit Gegenwartskunst kombiniert. Mitmachexponate laden zu hautnahen Reflexionen ein.

Ausstellungsansicht. (Bild: Manuela Matt)

Thesen werden nicht nur formuliert, sondern handfest in den Raum gestellt. Dieser gleicht im aktuellen Fall sinnigerweise einer Turnhalle. Schwedenkästen und Sprossenwände stehen bereit, Spielmarkierungen ziehen sich an den Wänden entlang. Das davor aufgestellte Rad ist jedoch nicht den Turnhallen entlehnt, sondern dem Hamsterkäfig.

Die Künstlerin Sarah Hepp aus Zürich hat diese goldene Tretmühle entworfen und ein schlüssiges Bild für Optimierungsanstrengungen gefunden: Alles dreht sich nur noch um sich selbst.

Sarah Hepp, Tretmühle, 2015. Stahl und Aluminium auf Rädern, Gold Pulverbeschichtung. (Foto: Brigham Baker)

Einen anderen Aspekt thematisieren Stefan Panhans‘ Klettergriffe. Sie bestehen aus Präparaten zur körperlichen oder geistigen Leistungssteigerung und sind so zerbrechlich, dass sie den bequemen Weg zum idealen Ich als Illusion entlarven. Pillen, Kapseln, Pülverchen – auch der St. Galler Hans Thomann visualisiert diese leeren Versprechungen der Optimierungsindustrie. Also doch Sport treiben? Oder in die Schönheitschirurgie?

Bis 30. September, Vögele-Kulturzentrum Pfäffikon
voegelekultur.ch

Noch vor drei Jahren hiess es, schöne Menschen erzielten höhere Löhne. Nun hat eine neue Studie das Gegenteil herausgefunden. Was bleibt uns also? Entspannt die Studien und Optimierungstrends vorbeiziehen lassen wie die Wölkchen am Sommerhimmel.

Dieser Beitrag erschien im Sommerheft von Saiten.

 

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