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Betreten der Baustelle erlaubt
Zwischen der St.Galler Löwen- und Brühlgasse ist die Totalsanierung des Hauses Zum Schönfels bald fertig. Ein Besuch der Baustelle bringt Kunst und Bauen zusammen. Für Handwerker:innen und Kunstinteressierte ein spannendes Projekt.
«Betreten der Baustelle erlaubt.» Die Umkehrung des üblichen Verbots ist Titel der temporären Ausstellung im Haus Löwengasse 3, St.Gallen. Auch wenn die Erlaubnis nur zu bestimmten Zeiten gilt, ist die Aufforderung zur «Sicht dahinter» aussergewöhnlich.
Die Idee entstand an einem Zusammentreffen von Architekt Reto Egloff und dem früheren Kurator des Zeughaus Teufen, Ueli Vogt, auch er ausgebildeter Architekt: Wieso nicht diese Renovation mit Bezügen zur Geschichte des Hauses der Öffentlichkeit zugänglich machen?
Ursprünglich aus dem 15. Jahrhundert
Betreten der Baustelle erlaubt: Ausstellung im Haus Zum Schönfels, bis 20. September, Löwengasse 3, St.Gallen
Öffentlichen Besichtigungstermine:
Sonntag, 25.8., ab 11 Uhr mit Brunch
Freitag, 30.8., ab 17 Uhr
Freitag 20.9., ab 17 Uhr Finissage
Anfragen für individuelle Besichtigungen: uelivogt@gmx.ch
Das Haus gehörte früher der Galerie Widmer. Ein privater Investor hat es inzwischen erworben und lässt es vom Architekturbüro Reto Egloff sanieren. Es handelt sich um ein Denkmalschutzobjekt, wobei sich bei den Vorbereitungen bald zeigte, dass nicht mehr viel originale Substanz der ursprünglichen Gebäude aus dem 15. Jahrhundert vorhanden ist. Die heutige Gestalt bekamen die ursprünglich zwei separaten Häuser um 1850. Architekt Reto Egloff zog von Anfang an die Denkmalpflege bei. Zusammen einigte man sich auf das Prinzip nach dem in der St.Galler Altstadt Hauseigentümer:innen ihre Gebäude immer dann aufstockten, wenn sie mehr Platz brauchten. So hat der «Schönfels» nun zwei zusätzliche Etagen mit Duplexwohnungen bekommen.
Ein grosser Eingriff war die Öffnung des Erdgeschosses und der dafür nötige Abbruch der alten Mauern. Sie sind jetzt durch Holzbalken ersetzt, die ihrerseits auf V-Stützen liegen, um die Kräfte auf die stabilen Punkte des Kellergewölbes abzuleiten. Die Wiederholung dieser V-Stützen brachte Kurator Ueli Vogt zur Assoziation mit dem Widmer’schen W. Also lud er Sylvia Widmer als Nachlassverwalterin der einstigen Galerie, sowie die – mit ihr nicht verwandte – Künstlerin Birgit Widmer und deren Sohn Wassili ein, an und zwischen diesen Stützen den Raum mit Kunst zu bespielen.
Shirts, Tanzmenschen und Alltag auf dem Bau
Jetzt hängen auf der Baustelle Bilder und Stiche aus den Lagerbeständen der früheren Galerie. Auf dem Boden steht ein von einer langen silbernen Kette umgrenztes kleines Haus und es hängen bestickte T-Shirts von Birgit Widmer an den Balken. Wassili Widmer zeigt übergrosse «Tanzmenschen» die von den geometrisch-choreographischen Figuren von Oskar Schlemmer (1888–1943) inspiriert sind.
Ueli Vogt ist als Kurator vor allem erfreut, dass die «Gratwanderung» der betretbaren Baustelle funktioniert. Die im Haus arbeitenden Handwerker:innen interessieren sich für die Ausstellung. Und ähnlich einer Bauhütte zeigen sie ihr Können und erlauben dem Publikum einen Blick in die, meist hinter Bauzäunen verborgenen, Handwerkswelten. So erlebt man als Besucher:in gleichzeitig Kunst- und Architekturvermittlung.