, 1. September 2020
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Die grosse Freiheit

Mit möglichst wenigen Vorschriften rufen Kunstschaffende mitten im Toggenburg die «Freie Republik Bad Hemberg» aus. 27 Kunstprojekte beherbergt die Wanderausstellung arthur#14. von Sascha Erni

«Wir haben einfach so gearbeitet, als sei nichts», sagt Leo Morger beim Gespräch in seinem Wattwiler Wohnhaus. (Bilder: Sascha Erni)

Zum 14. Mal macht sich Kunsthalle[n] Toggenburg mit der Wanderausstellung «arthur» auf die Reise. Nachdem es 2019 in den Untergrund Lichtensteigs ging, steht nun vom 5. bis 26. September frische Luft auf dem Programm: Im und ums Gasthaus Bad entsteht die «Freie Republik Bad Hemberg».

«Es war schon länger unser Wunsch, mal so richtig raus zu gehen, auf Wanderschaft eben», erklärt Leo Morger, Vereinspräsident von Kunsthalle[n] Toggenburg. Kulturschaffende aus dem In- und Ausland werden 27 Projekte präsentieren – vielleicht werden es bis zur Vernissage auch mehr sein, noch vor wenigen Wochen war nur von 25 Exponaten und Performances die Rede.

Leo Morger lacht. «Eigentlich wollten wir mal wieder etwas Ruhigeres, Kleineres machen. Und jetzt ist es noch grösser und länger geworden.» Statt den üblichen zwei findet die Wanderausstellung 2020 ganze drei Wochen statt. Geschuldet ist dies dem Gesamtkonzept – denn in der freien Republik sollen nicht nur Besucherinnen und Besucher ein und aus gehen, die Kunstschaffenden sollen dort auch wohnen und leben.

Freiheit als zentrales Thema

Bereits im Rahmen der Ausschreibung hielt Kunsthalle[n] Toggenburg an der Idee eines performativen Gesamtkunstwerks fest. Anstelle von Projekteingaben war das Erbringen eines «Bedarfsnachweises» nötig, der Verein stellte dann den gesamthaft über 50 Künstlerinnen und Künstlern eine «Aufenthaltsbewilligung» aus.

Das Seeli als Kunstraum? Hans Thomann (im Boot) und Annina Thomann (rechts) prüfen zusammen mit Wilhelm Bruggmann, der das Areal der freien Republik zur Verfügung stellt, alle Möglichkeiten. (Bild: pd)

«Das war schon ein bisschen ein Risiko, aber das gehört bei solchen Experimenten mit dazu», schmunzelt Morger. Gemeldet haben sich Einzelkünstlerinnen und Kollektive von Basel bis Wien, von Berlin bis Bern – und natürlich auch Kulturschaffende aus St.Gallen und der Region. Viele werden auf dem Gelände nicht nur ausstellen, sondern es drei Wochen lang bevölkern.

Im 19. Jahrhundert hatte man zeitweilig versucht, Hemberg als Bade- und Kurort zu etablieren, daran angelehnt wird nun an selber Stelle temporär die Republik ausgerufen. Dabei soll die vorhandene Infrastruktur kreativ genutzt werden. Ob Sägerei oder Gasthaus, See oder Waldstück: Überall können sich die Künstlerinnen und Künstler im wahrsten Sinne des Wortes ausleben.

Freie Republik Bad Hemberg:
5. bis 26. September.

Programm und virtueller Rundgang: kunsthallen-toggenburg.ch

Anders als die Jahre zuvor spielen in Hemberg auch Tanz, Musik, Literatur und Theater gleichwertig mit, statt als blosses Rahmenprogramm zu dienen. Auch Speis und Trank erhalten ihren Platz. Ganz so, wie in einer freien Republik alle Berufe und Lebensentwürfe ihren Platz finden wollen, gehören in Hemberg alle kulturellen Disziplinen zum Gesamtprogramm. «Freiheit ist hier ein zentrales Thema, wir wollen möglichst wenige Vorschriften machen», betont Leo Morger.

Corona mal nicht als Störfaktor

Im Vorfeld eingeschränkt wurde die Freiheit auch für Kunst und Kultur durch die Corona-Pandemie. Aber Kunsthalle[n] Toggenburg hatte in der Hinsicht Glück, sagt Morger. Schon früh war das Interesse an der freien Republik sehr gross; im Januar und Februar, lange vor dem Shutdown, war praktisch alles unter Dach und Fach. Während des Shutdowns konnten die Kunstschaffenden also individuell und ohne besonderen Druck Vorarbeiten leisten.

«Wir haben einfach so gearbeitet, als sei nichts», erinnert sich Morger, «und wir haben immer die Hoffnung gehabt, dass die Situation Ausstellungen im September zulassen wird.» Die Chancen stehen, insbesondere für ein Freiluft-Projekt wie der «Republik» in Hemberg, nicht schlecht.

Letztes Jahr wanderte Arthur noch in Kellern und durch den Untergrund, hier bei der Performance von «Skiclub Toggenburg»

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