Kunst
Unter dem bestirnten Himmel brennt ein Feuer
So viel Farbe! So reiche Bildwelten! Małgorzata Mirga Tas zeigt ihre Textilcollagen im Kunsthaus Bregenz. Die Künstlerin und Aktivistin gehört der grössten ethnischen Minderheit Europas an: der Rom*nja. Deren Geschichte und Kultur inspirieren sie zu kraftvollen Werken, die international rezipiert werden. Ihre grossformatigen, farbenprächtigen Collagen entstehen gemeinsam mit Frauen ihrer Community und bestehen aus eigens gespendeten Kleidern. Bewusst verwendet Mirga-Tas Arbeitsweisen und Motive, die mit der Identität der Rom*nja verbunden sind, überschreibt diese und deutet sie um – die textile Handarbeit wird zur politischen Praxis. Die Künstlerin setzt ihre Werke jahrhundertealten Vorurteilen entgegen und präsentiert eine neue, würdevolle und intime Erzählung ihrer Kultur, insbesondere der von Frauen. Begleitet werden die Textilarbeiten von grossen Wachsfiguren: In Bären- und Menschengestalt beschützen sie nicht nur die Kunst, sondern alle, die sich hier verbunden fühlen. (Kristin Schmidt)
Małgorzata Mirga-Tas: «Tełe Ćerhenia Jekh Jag» (Unter dem bestirnten Himmel brennt ein Feuer): bis 28. September, Kunsthaus Bregenz
kunsthaus-bregenz.at
Verschiedene Blickwinkel
Schön und schräg: Das Appenzellerland ist beides. Es kommt ganz auf die Blickwinkel an. Die sind bei Petra Cortright und Thomas Stüssi sehr verschieden und passen dennoch zueinander. Die US-amerikanische Künstlerin malt mit Computermaus und Pixeln; der Schweizer Künstler mit Teufener Wurzeln ist neben seinen installativen, kollektiven Arbeiten mit dem Blick des Fotografen unterwegs. Während Cortright die Bilddatenbank von Appenzellerland Tourismus AR in digitale Malerei übersetzt, sammelt Stüssi mit der Smartphonekamera, was die Welt besonders macht: Dreckiger Schnee, nasse Kuh, Wasserschlauch auf Kunstrasen – so nebensächlich, so sehenswert. Das Zeughaus Teufen präsentiert beide Positionen parallel und folgerichtig, denn beide Perspektiven machen das Bild erst komplett. Die dritte Ausstellung setzt noch eines obendrauf: Fred Waldvogel (1922–1997) fotografierte vier Jahrzehnte lang Pilze: technisch ausgefeilt, präzise und in ihrer poetischen Hingabe fürs Sujet auch ein bisschen schräg. Gezeigt werden die Bilder im historischen Schopf – wo einst die Pilzkontrolle stattfand. (Kristin Schmidt)
Petra Cortright: «Paper-Thin Wood Veil Wide Range Hop Suisse!»; Thomas Stüssi: «Pericenter»; Fred Waldvogel: «Pilzlandschaften»: bis 5. Oktober, Zeughaus Teufen
zeughausteufen.ch
Literatur
Reime und Respekt
So kanns gehen, wenn die Krimiautorin Petra Ivanov gemeinsam mit ihrem Sohn, dem Rapper Jonny Ive, der das Label Hip Hop Zoo gründete, ein Buch schreibt: Schon begleiten Raps die spannende Handlung und kommentieren diese. Und wovon handelt das Buch aus dem Verlag da bux, der im Werdenberg kurze, knackige Jugendbücher macht? Allein am Mic erzählt von Kushtrim, dem Aussenseiter, der nicht anecken will und sich anscheinend alles gefallen lässt. Prompt ist er der Loser, der Kuscher. Aber dann beginnt der Rap-Battle und Kushtrim geht ans Mic. Können seine Rhymes ihm endlich Respekt verschaffen? Allein am Mic ist ein Jugendbuch – und zwar eines von denen, die auch für Erwachsene spannend sind. (Inge Lütt)
Petra Ivanov, Jonny Ivanov: Allein am Mic. Verlag da bux, Werdenberg 2024.