, 18. April 2014
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Ein Kran für die Debatte

Ein Hafenkran als Traummaschine und rostender Kontrast zur gepflegten Stadt: Zürich hat seine Kunstdebatte. St.Gallen (noch) nicht.

Angenommen, das Riesenrad vom St. Galler Frühlings-Jahrmarkt wird nicht zum nächsten Chilbiplatz gekarrt, sondern temporär als Kunstwerk auf der St.Galler Klosterwiese aufgestellt, unter der im Angesicht der Kathedrale passenden Werkbezeichnung: «Viele, viele bunte Smarties auf Seelenfang»: Damit würde man nicht nur den jüngst errichteten Hafenkran am Limmatquai toppen, sondern auch explizit die Frage aufwerfen: Was ist Kunst?

Genau das tut auch der Hafenkran an Zürichs Stadt-Fluss. SRF Kultur hat sich in diesem Zusammenhang die Mühe genommen, zehn Projekte in der Schweiz zusammenzutragen, die in den letzten Jahren für eine Kunstdebatte sorgten. Drei der Projekte stammen aus der Ostschweiz: der Rote Platz in St. Gallen, Mocmoc in Romanshorn und die Drehscheibe in Appenzell. Kunst oder nur raffiniertes Stadtmarketing?

Auf diese Diskussion hinaus will SRF Kultur anhand des kunstsinnig umstrittenen Hafenkrans. Alle Besucherinnen und Besucher des Portals sind herzlich eingeladen, ihre Meinung zu äussern. Ein paar Promis haben es schon getan:

Der Initiator des Zürcher Kunst-Spektakels, SP-Stadtrat Martin Waser sagt: «Der Kran ist verblüffend. Und bei neuen, verblüffenden Sachen, da teilt sich die Menschheit schon einmal auf. In solche, die erschrecken und abwehren, und andere, die neugierig sind und denken.»

Der Verleger und Kunstsammler Michael Ringier meint: «Der Hafenkran ist typisch für Zürich: Statt gesellschaftspolitisch etwas zu bewirken, provoziert er finanzpolitische Debatten.»

Roter Platz

Der Rote Platz von Pipilotti Rist

Kunsthistoriker Philip Ursprung zitiert gar Michel Foucault: «Zivilisationen, die keine Schiffe besitzen, sind wie Kinder, deren Eltern kein Ehebett haben, auf dem sie spielen können. Dann versiegen ihre Träume. An die Stelle des Abenteuers tritt dort die Bespitzelung und an die Stelle der glanzvollen Freibeuter die hässliche Polizei.»

Und die Architektin Annette Gigon sagt: «Der Hafenkran ist der rostende Kontrast zur gepflegten Altstadt, ein Zeichen dafür, dass die Stadt in Zürich West weitergebaut wird.»

Das Jahrmarkt-Riesenrad auf der St. Galler Klosterwiese als Kunstwerk wäre gar nicht so abwegig. Vielleicht fällt der Event ja demnächst dem Künstler-Zwillingspaar Riklin ein. Die beiden sind als Kunstbesetzer des öffentlichen Raums in der Stadt St. Gallen noch nie so richtig nachhaltig tätig geworden, aber immerhin schon Zürich-erprobt mit den «Sprudelwochen» am Trinkbrunnen in Leutschenbach.

 

Zur Errichtung des Hafenkrans am Limmatquai in Zürich erscheint das Buch «Schweiz am Meer» des Historikers Andreas Teuscher im Limmatverlag.

Aktuelle Bilder auf der Webcam, vom 4. bis 6. Juli findet ein Hafenfest statt.

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