, 27. Oktober 2015
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Einfach nicht verlieren!

Trotz zwei Toren auswärts gegen den FCZ, die etwas Mut machen: Joe Zinnbauer wird sich in Zukunft noch einige Fragen stellen müssen.

Die Taktik des FCSG im Letzigrund setzte sich am Samstag aus einer kompakten Abwehr und temporärem Pressing – vor allem zu Beginn der beiden Halbzeiten – zusammen. Joe Zinnbauer hatte in seiner Spielvorbereitung offenbar FCZ-Kapitän Nef als Schwachstelle ausgemacht. Der Innenverteidiger wurde immer wieder von den St.Gallern unter Druck gesetzt.

Nef, von Haus aus eher kompromissloser Zweikämpfer als ballsicherer Aufbauspieler, sah sich folglich oft zum weiten Ball gezwungen. Oder zum Rückpass, wie nach knapp fünf Spielminuten. Das ungenaue Zuspiel Nefs zu Torwart Brecher erlief Edgar Salli und traf zum frühen 1:0. Vor allem in Auswärtsspielen dürfte sich der Kameruner als echte Waffe entpuppen. Seine Schnelligkeit prädestiniert ihn zum Konterspieler. Aufgrund seiner schmächtigen Erscheinung ist Salli aber womöglich auf der Flügelposition besser aufgehoben.  Denn den Ball bei Kontern gegen stämmige Innenverteidiger zu behaupten, setzt gewisse Körpermasse voraus, über die die Leihgabe aus Monaco nicht verfügt.

Thrier knapp genügend, Sidekick Gelmi überraschend souverän

Auch in den Startminuten nach dem Pausentee versuchte Zinnbauer die Zürcher auf dem falschen Fuss zu erwischen. Die Abwehr stand nun 15 Meter weiter vorne. Dass Grün-Weiss die Balance zwischen Angriff und Abwehr in jenen offensiv ambitionierten Minuten nicht fand, belegt die Chance Etoundis nach knapp 50 Spielminuten. Der St.Galler Abwehrverbund rückte in jener Phase bis zur Mittellinie auf, weshalb FCZ-Taktgeber Yapi ein einfacher Ball zwischen die Innenverteidigung reichte, um eine Grosschance zu lancieren. Der schnelle Etoundi enteilte wegen fehlender Absicherung problemlos, traf aber nur die Latte.

Bei den Espen war es vor allem Pascal Thrier, der ab und an Mühe bekundete. Der 30-Jährige ist ein solider Abwehrspieler. Viel mehr aber nicht. Auffällig ist, dass er neben sich einen starken Partner benötigt. Das waren einst Montandon oder Besle: starke Persönlichkeiten, ausgestattet mit einer enormen Präsenz. Nun ist es Roy Gelmi. Der U21-Nationalspieler ist neben Lopar der einzige St.Galler, der noch keine Meisterschaftsminute verpasst hat.

Das Vertrauen der Verantwortlichen scheint sich bezahlt zu machen: Gelmi spielt stets einen – in Anbetracht von Alter und Super-League-Erfahrung – überraschend souveränen Part. Mit Alain Wiss stellte man ihm bis anhin einen eigentlich defensiven Mittelfeldspieler zur Seite, der Gelmi in der Spieleröffnung Aufgaben abnahm. Wiss kam in Zürich kurz vor dem zwischenzeitlichen 1:2 in die Partie – erstmals auf der Sechs, seit er grün-weiss trägt.

Ewiges Problemkind Janjatovic

Es ist zu erwarten, dass Wiss auch zukünftig im Mittelfeld eingesetzt wird, zumal der Luzerner angeblich nur ungern im Abwehrzentrum spielt. Wer künftig neben dem wohl gesetzten Gelmi die Position des Innenverteidigers bekleidet, dürfte eine der wichtigsten Fragen der nächsten Wochen sein.

Thrier fehlt es an Qualität.

Russo ist zwar wieder fit, aber seine Fähigkeiten scheinen ebenfalls begrenzt.

Rückt Wiss also wieder eine Position zurück? Oder ist gar Angha eine Option, der die Position schon an früheren Stationen spielte?

Ansonsten scheint Zinnbauer seine Defensive gefunden zu haben: Angha – unter Saibene noch aussen vor – und der jüngste Super-League-Spieler dieser Saison, Hefti, besetzen die Aussenverteidiger-Positionen. Hefti wirkte zwar in Zürich nicht immer sattelfest, musste mit Bua aber auch gegen den besten Mann des Spiels verteidigen. Wichtige Erfahrungen für den seit Sonntag volljährigen Hefti, dessen Nominationen sicherlich für Zinnbauer sprechen.

Überraschend ist, dass Zinnbauer jüngst erklärte, dass einzig Lopar und Mutsch gesetzt seien. Man staunt über die plötzliche, unverhoffte Ballsicherheit, die Mutsch jeweils im defensiven Mittelfeld erlangt. Gegen den FCZ fehlte er gesperrt. Insbesondere bei Heimspielen gibt es aber wohl bessere Alternativen als den 31-jährigen Luxemburger, denn es gilt, offensive Akzente zu setzen, Tore zu schiessen.

Das chronische Problemkind Dejan Janjatovic verfügt über alle Anlagen dazu: Seine Ruhe am Ball wäre überragend, sein Schuss überdurchschnittlich und seine Spielintelligenz ausgezeichnet. Wäre, leider. Konstanz ist für den ehemaligen Bayern-Junior allerhöchstens eine Stadt in Deutschland, aber noch keine Tugend, die sich mit Fussball vereinen lässt. In Zürich betraute Zinnbauer seinen Landsmann mit eher defensiven Aufgaben, was nicht unbedingt den Vorlieben Janjatovics entspricht.

Traditionell leeres Letzigrund

Der neue Trainer durchlebt die üblichen Phasen. Es wird ausprobiert und experimentiert, ehe sich langsam ein Stamm herauskristallisiert. Beispiel Yannis Tafer: Zunächst setzte Zinnbauer den 24-Jährigen als einzige Sturmspitze ein, was ein durchaus spannender Versuch ist. Die Idee eines mitspielenden Stürmers hat sich schon vielerorts bewährt. Gegen defensiv starke Teams hängt Tafer aber in der Luft. Am Samstag agierte der Franzose, wie schon unter Saibene, auf dem Flügel. Am besten scheint er aber auf der Zehn aufgehoben zu sein. Bezüglich Kreativität und Technik dürfte Tafer beim FCSG führend sein. Entsprechend braucht er den Ball. Spielt er auf dem Flügel oder als einzige Sturmspitze, ist er von Zuspielen abhängig und demnach nur bedingt einflussreich.

Der Auftritt im traditionell leeren Letzigrund machte Mut. Zwei Tore in einem Spiel gelangen den Espen erst einmal in dieser Super-League-Saison – am ersten Spieltag beim 2:0-Sieg über Lugano. Das Schlusslicht aus Zürich erzielte nun schon siebenmal mindestens zwei Tore. Eine bemerkenswerte Gegenüberstellung, liegen doch die St.Galler immerhin vier Punkte vor den Zürchern.

Ärgern wird man sich in St.Gallen aber über fünf Gegentore aus den letzten beiden Spielen. Und die fielen nicht etwa gegen Tabellenführer Basel und den selbsternannten Meisterschaftskandidaten YB, sondern gegen Aufsteiger Lugano und Schlusslicht FCZ. Zinnbauer legt grossen Wert auf defensive Ordnung, weshalb ihn die defensiven Schwächen besonders stören werden. «Wir wollten hier nicht verlieren», erklärte er die Zielsetzung für die Partie in Zürich. Das liegt keineswegs an fehlendem Selbstvertrauen, so tickt Zinnbauer nicht. Viel eher ist es Ausdruck seiner Präferenz, der Defensive.

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