Grundsätzlich sollte man ein Buch nicht nach seinem Deckel beurteilen. Ebenso wenig sollte man Musik nach dem Albumcover (oder dem Anzeigebild auf der Streamingplattform) beurteilen. Viele von uns machen das natürlich trotzdem.
Das Cover des im Jahr 2023 erschienenen Albums A Lifetime in a Day der Band The Muddy Souls zeigt eine umzäunte Blumenwiese bei Vollmond mit Krähe, Skelett und Banjo. Zwei Bäume recken ihre dunklen Äste in den Himmel. Die filigrane Zeichnung ist umrahmt von einem floralen Muster, wodurch irgendwie der Blick ins Grab suggeriert wird.
Ein bisschen Vanitas, ein bisschen Folklore, ein bisschen Natur – in diesem Fall zumindest klingt die Band in etwa genauso, wie das Cover vermuten lässt. Die fünfköpfige Band aus den USA spielt mit Akustikinstrumenten eine Mischung aus Bluegrass, Americana und Folk. Dass sie gleich fünf Saiteninstrumente zusammenbringt (Peter Romanelli an der Gitarre, Jacob Camara am Banjo, Jon Brex am Kontrabass. Gabe Schliffer an der Geige und Austen Slone an der Mandoline), ist nicht überfordernd, sondern einfach richtig gut.
Herzschmerz mit Banjo
Für den Gesang ist nicht nur eine Person verantwortlich: Die Bandmitglieder wechseln sich ab, was zu einer Variabilität zwischen den einzelnen Songs führt. Trotzdem passt das Ganze zusammen. Die Musik erinnert stellenweise an die frühen Alben von Mumford & Sons, ist aber weniger hymnisch, schnörkelloser und ohne poppigen Anstrich.
In dem Song Little Annie über die titelgebende Figur geht es um die Liebe und ums Verlassenwerden. Zunächst sind schwermütige Klänge von Gitarre und Banjo zu hören, dann setzt die vibrierende Mandoline ein und der Bass bringt einen dunklen Rhythmus.
Freiheit auf dem Roadtrip
Bis Camara mit den Vocals einsetzt, vergeht fast eine Minute. Erst dann singt er mit heller, ziehender Stimme: «Don’t you go back to your other man and leave me here all alone.» Im Refrain gesellt sich dann Romanelli mit seiner etwas dunkleren Stimme dazu.
Zwischen den Vocals sind jeweils längere ausschliesslich instrumentale Passagen eingebaut, die die Geschichte des Songs weitererzählen. Sie endet düster: «If you leave me now little Annie, I know how I will survive. I’ve got a friend, her name is Codin, she will stay with me till I die.»
Vom Sound her leichter klingt Highway 199. Hier singt Slone mit klarer und warmer Stimme vom Roadtrip über den Highway 199. Es geht um ein Freiheitsgefühl, aber auch ums Ausbrechen aus dem eigenen Leben: «When I’m driving down the 199 I leave all my troubles behind, I set my spirit free. And the river winds, and the sun it shines, in my mind, on the 199.» Wie schon Little Annie lebt auch dieser Song von längeren instrumentalen Passagen, diesmal aber mit stärker folkigen Klängen und einem zügigen Rhythmus.
Aktuell sind The Muddy Souls auf ihrer ersten Europatournee und machen gleich zweimal Halt in der Region: Am 4. Juli organisiert vom Verein Bluegrass i de Müli in Urnäsch und am 5. Juli im Rümpeltum in St.Gallen.
The Muddy Souls live: 4. Juli, 20 Uhr, Bluegrass i de Müli, Urnäsch; 5. Juli, 20 Uhr, Rümpeltum, St.Gallen.
saiten.ch/kalender
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