
Unser Herz ist der wichtigste Muskel unseres Körpers - es ist der Motor für jede sportliche Aktivität. Mehr als 100'000 Mal pro Tag zieht es sich zusammen und pumpt sauerstoffreiches Blut durch unsere Adern. Doch nicht jedes Herz tickt gleich. Männer erkranken häufiger am Herzen, Frauen sterben allerdings doppelt so oft daran! Haarsträubend, dass diese Unterschiede über Jahrhunderte nicht erforscht wurden. Das Männerherz hat durch den Einfluss des Hormons Testosteron mehr Muskelmasse und ist darum kräftiger. Das führt dazu, dass das Frauenherz pro Minute etwa zehn Schläge mehr macht.
Um ein zerbrechliches Herz geht es im Song Heart of Glass der New-Wave-Band Blondie. In den 1970er-Jahren vereinte die US-amerikanische Band Punk und Disco, indem sie schöne Popmelodien schrieb und provokative Statements machte. Der Motor von Blondie war Frontfrau Debbie Harry. Im letzten Refrain von Heart of Glass singt sie: «Soon turned out to be a pain in the ass.» In der Schlüsselzeile des Songs realisiert die Protagonistin, dass ihre Beziehung den Ärger nicht wert ist und ihr Herz dauerhaft zerbrechlich wie Glas sein könnte.
Debbie Harry hat überzeugend vorgemacht, wie eine selbstbestimmte Karriere als Frau in einem Macho-Umfeld aussehen kann. Nachdem sich Blondie 1982 vorläufig auflösten, feierte Harry als Solokünstlerin und Schauspielerin Erfolge. «Das Schlimmste am Älterwerden ist, dass alle schon weg sind», zieht die Musikerin Bilanz. Ihr Herz schlägt auch nach überwundener Heroinsucht munter weiter. Diesen Sommer feiert sie ihren 80. Geburtstag.
Harry würde es als «a pain in the ass» bezeichnen, was lange Zeit in der Medizin abging. Denn diese ist in vielen Bereichen am Mann orientiert. Auch im Sport wurde der Frauenkörper lange vernachlässigt. Bis in die 1980er-Jahre war man der Meinung, dass es keine Unterschiede gibt. Mit fatalen Folgen: Neuere Studien zeigen beispielsweise, dass die Muskulatur von Frauen bei Krafttrainingseinheiten stärker geschädigt wird als die von Männern.
Insgesamt ist das Verletzungsrisiko bei Männern zwar höher als bei Frauen, jedoch ist beispielsweise das Risiko für einen Kreuzbandriss Frauensache, aufgrund der Anatomie des weiblichen Körpers. Auch der Östrogenspiegel während des Zyklus spielt eine Rolle. Noch immer ist der weibliche Zyklus ein Tabuthema und ein Sportkiller. Jedes vierte Mädchen weltweit hört in der Pubertät auf, Sport zu treiben. Einer der Hauptgründe dafür ist ihr Zyklus.
Dank Aufklärung achten immer mehr junge Sportlerinnen auf die Signale ihres Körpers und richten danach ihren Trainingsplan aus. Quadrizeps und Hamstrings, aber auch der Rumpf wollen trainiert werden, um Verletzungen vorzubeugen. Und: Je gezielter Frauen ihre Trainings dem Auf und Ab ihrer Hormone anpassen, desto schneller kommen die sportlichen Erfolge.
Der Song zum Text: Heart of Glass von Blondie (1978)
Nathalie Grand, 1967, ist freie Journalistin und Projektmitarbeiterin bei der Stiftung Suchthilfe. Sie steht seit über 15 Jahren als Fussballtrainerin auf dem Platz und an der Seitenlinie. Im Herbst 2021 startete sie in St.Gallen ein Projekt zur Förderung des Mädchen- und Frauenfussballs. Bis zum Start der Frauen-EM 2025 in der Schweiz schreibt sie über Frauen, Sport und Gleichstellung. Illustriert wird die Kolumne von Lea Le.