Zum Welt-Aids-Tag 2025 am 1. Dezember und anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Aids-Hilfe Schweiz sowie der Aids-Hilfe St. Gallen-Appenzell kommt eine Schweizer Erstaufführung auf die Bühne: der Liederzyklus Elegies for Angels, Punks and Raging Queens.
Zu hören ist das Stück am 29. November in der Lokremise in St. Gallen, später dann in Basel und in Lausanne. Das Werk von Bill Russell (Text) und Janet Hood (Musik), ursprünglich für eine Musical-Produktion komponiert, erzählt mit Liedern und Monologen vom Leben und Sterben während dem Höhepunkt der Aids-Pandemie. Jeder Monolog ist aus der Perspektive von Charakteren geschrieben, die an Aids gestorben sind, während die Lieder die Gefühle von Freund:innen und Familienmitgliedern widerspiegeln, die mit dem Verlust umgehen müssen.
Das Stück entstand 1989 in New York als künstlerische Antwort auf die Aids-Krise und wurde ein Jahr später am Broadway aufgeführt. Ursprünglich trug das Werk den Titel The Quilt, in Anlehnung an die berühmten Aids-Quilts, die 1987 von der Organisation The Names Project Foundation in San Francisco ins Leben gerufen wurden.
Die Quilts dienen als symbolische Beerdigungen für Menschen, die an Aids gestorben sind, da viele aufgrund sozialer Ausgrenzung keine angemessene Bestattung erhielten. Aus vielen Quilts ist ein grosser geworden. Er ist inzwischen über 50 Tonnen schwer, gilt als das grösste gemeinschaftlich in Handarbeit erstellte Kunstprojekt. Er wächst stetig weiter und erinnert eindrücklich an die Stigmatisierung und Ausgrenzung, die Menschen mit HIV und Aids auch heute noch in vielen Teilen der Welt erfahren.
Für Aufklärung und gegen Ausgrenzung
Das Projekt der Benefizveranstaltung wird von der Aids-Hilfe Schweiz ausgerichtet, die 1985 während der Aids-Pandemie gegründet wurde. Regie führt der Schweizer Regisseur und Performancekünstler Livio Beyeler, der das Werk als bewegende Reflexion über Erinnerung und Zusammenhalt interpretiert. «Mich interessiert die Vielstimmigkeit der Perspektiven – das Erinnern als gemeinsamer Prozess und als Praxis», sagt Beyeler. «Das Stück öffnet einen Erinnerungsraum, der Generationen verbindet, auch mit denen, die vor uns kamen. Mir geht es darum, Verlust und Leben gleichzeitig spürbar zu machen und die Würde zu zeigen, die in der Erinnerung liegt.»
Mit dem Benefizkonzert erinnert die Aids-Hilfe Schweiz an vier Jahrzehnte Engagement für Menschen, die mit HIV und Aids leben. Die Krankheit hat die Geschichte der Schweiz stark geprägt: Tausende sind an Aids gestorben, viele Lebensgeschichten bis heute von HIV berührt. Die Aids-Hilfe Schweiz steht seit 40 Jahren für Menschlichkeit, Fürsorge und den Kampf um gesundheitliche Chancengleichheit und sexuelle Selbstbestimmung, und das besonders für Menschen, denen diese Rechte noch immer verwehrt bleiben.
«Dieses Jubiläum ist ein Moment des Innehaltens», sagt Florian Vock, stellvertretender Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz und Produzent der Inszenierung. Vock betont zugleich das ambivalente Verhältnis zur Feier einer Stiftung, deren Zweck auf eine Pandemie zurückgeht, die eine ganze Generation geprägt hat: «Wir erinnern uns an die vielen, die wir verloren haben, und an all jene, die über Jahrzehnte für Würde, Aufklärung und Gleichberechtigung gekämpft haben. Zugleich ist es ein Aufruf, weiterzumachen, für eine Welt, in der niemand mehr aufgrund von HIV, Sexualität oder Herkunft ausgegrenzt wird.»
In der Schweiz und weltweit
Die existenzielle Bedrohung für die öffentliche Gesundheit, die die Aids-Krise in den 1980er- und 1990er-Jahren darstellte, war zugleich ein Weckruf, Sexualpädagogik an Schulen einen hohen Stellenwert einzuräumen. Heute gehören Beratungen sowie präventive und sexualpädagogische Angebote zu den Hauptaufgaben der Aids-Hilfen.
Sie sollen den Neuansteckungen mit HIV vorbeugen und dazu beitragen, die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen und Aids-Erkrankten abzubauen. Die Aids-Hilfen professionalisieren und institutionalisieren ihre Angebote kontinuierlich weiter, um Menschen zu befähigen, informierte Entscheidungen zu treffen und ihre sexuellen Rechte wahrzunehmen.
Die Benefizveranstaltung unterstützt die Arbeit der Aids-Hilfe Schweiz und soll zugleich Aufmerksamkeit für das Thema HIV schaffen. Obwohl die globalen Aids-Fälle seit ihrem Höhepunkt 1996 zurückgegangen sind, stagniert die Zahl der HIV-Infektionen bei Kindern laut UNAIDS (Das Programm der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS) seit einigen Jahren.
In Krisen- und Kriegsgebieten, insbesondere in Gefängnissen, sowie in abgeschotteten Regionen steigen die Infektionsraten weiterhin, häufig aufgrund mangelnder Versorgung mit Präventionsmitteln oder medikamentösen Behandlungen. Weltweit infizieren sich nach wie vor überwiegend Männer und Jungen mit HIV, während in Subsahara-Afrika, die am stärksten betroffene Region, überwiegend Frauen und Mädchen von Neuinfektionen betroffen sind.
Elegies for Angels, Punks and Raging Queens: am 29. November, 20 Uhr, LOK, St.Gallen.