, 9. Juni 2013
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Geschlossene Gesellschaft

Die VBSG-Privatisierung ist in Bausch und Bogen abgelehnt. Stellung nehmen dazu wollte der Stadtrat gestern nur vor geschlossener Medien-Gesellschaft. Ein Kommentar.

Wo führt das hin, wenn Informationen von öffentlicher Relevanz nur „ausgewählten“ Personen zugänglich gemacht werden? Was in Diktaturen zum Tagesgeschäft gehört, ist in pluralistisch-demokratischen Gesellschaften verpönt. Dennoch offenbar gängige Praxis in der Stadt St.Gallen – Beispiel: die heutige Pressekonferenz des Stadtrats zu den städtischen Abstimmungsresultaten. Parlamentariern oder anderweitig politisch Interessierten wurde der Zugang zum Rathaus-Foyer verwehrt. Das Argument des städtischen Informationschefs Urs Weishaupt: „Geschlossene Gesellschaft“. Es handle es sich um einen Informationsanlass der Stadt und nicht um eine politische Veranstaltung.

Woher ich das weiss? Weil ich selber, als SP-Stadtparlamentarier und Gegner der VBSG-Ausgliederung, ebenfalls abgewiesen worden bin. Und dies, obwohl ich Journalist bin – Weishaupt argumentierte, nicht als solcher sei ich hier, sondern als Vertreter des Gegnerkommitees. „Das gibt nur Puff“, so seine Haltung. Puff für wen? Urs Weishaupt ist nicht nur der städtische Kommunikationsbeauftragte, als Privatperson ist er auch Mitglied des Pro-Komitees und damit Financier der Ausgliederungs-Flyers. Jenen mit dem schönen Tram drauf, die in den letzten Wochen in die Briefkästen der Stadt flatterten.

Diese Türsteherattitüde mag man skandalös finden oder für eine Bagatelle halten. Ganz grundsätzlich stellt sich aber die Frage, aus welchen Gründen die Stadt die Abstimmungsresultate nur der Presse, aber nicht der ganzen Bevölkerung vorstellt, so wie dies bei allen Wahlen der Fall ist. Die Antwort ist so einfach wie praktisch: Wenn die versammelten Medien vor Ort, insbesondere die „schnelleren“ wie Radio und Fernsehen, nur den Wortlaut der Stadt zur Verfügung haben, werden sie auch nur diesen zitieren und darauf verzichten, noch abweichenden Meinungen hinterher zu telefonieren. Das Resultat: ein Verlautbarungsjournalismus, der wenig zur Meinung- und Willensbildung des Stimmvolks beiträgt. Dass es der Stadt lieber ist, eine heftige Niederlage an der Urne wie im Fall der VBSG-Privatisierung ohne Gegenstimme zu kommunizieren, ist naheliegend.

Eine solche Haltung zeugt von einem Gutsherren-Verständnis von Kommunikation und Öffentlichkeit. Und ist einer modernen Demokratie nicht würdig. Meint der Journalist und Bürger in mir.

 

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