Zentrumslasten. Aktuell im Kanton St.Gallen ein vieldiskutierter Begriff. Was ist das überhaupt? Wie entstehen sie? Und wie muss die Stadt dafür vom Kanton und den Gemeinden entschädigt werden?
Die Stadt hat sich ihre Zentrumslasten von einer Wirtschaftsberatungsfirma berechnen lassen. Für die kantonale SVP ist die Auftragsvergabe bereits Grund genug, der Studie grundsätzlich zu misstrauen. Doof nur (für die Sünnelipartei), dass diese wissenschaftlichen Standards genügt. Die von den Verfassern transparent offengelegte Methodik der Datenerhebung und -interpretation liesse eigentlich eine sachliche Debatte zu. Aber die ist von der SVP, die seit Jahren Stimmung gegen die Stadt macht, gar nicht gewollt. Immer mit dem Ziel, die Gemeindeautonomie und den sich verschärfenden Steuerwettbewerb unter den Gemeinden beizubehalten.
Eigentlich hatte man sich Anfang Dezember im Kantonsrat bereits auf breiter Basis geeinigt: Der Stadt wäre für die nächsten vier Jahre eine moderate, temporäre Erhöhung des Zentrumslastenausgleichs zugesprochen worden. Einzig die SVP will das kantonale Stimmvolk darüber abstimmen lassen. Natürlich in der Annahme, dass im Sarganserland oder im Linthgebiet sich eher Wenige für die finanziellen Sorgen und Nöte der weit entfernten Kantonshauptstadt erwärmen werden. Das ist ein Stück weit auch verständlich. Warum soll in Weesen oder Mels jemand den Ausflug des gut betuchten Ehepaars aus Mörschwil oder Teufen AR ins Theater St.Gallen mitalimentieren?
Für diese Ausgabe hat Saiten versucht, die dringliche Debatte um die unbestritten vorhandenen Zentrumslasten etwas zu versachlichen. Wir haben die vieldiskutierte Studie und die Berechnungsmethoden genauer angeschaut, mit Experten besprochen und die Nachbargemeinden der Kantonshauptstadt befragt, wie sie sich in der Sache positionieren. Ausserdem im finanzlöchrigen Januar: Sohaila Alizadas Text über die Machtübernahme der Taliban 2021 und ihr Ankommen in der Ostschweiz, der Band-Schwerpunkt Numero 3, die Flaschenpost aus Havanna, das Portrait über Olive Black, die Rheintaler Sängerin mit US-amerikanischen Wurzeln, und – last but not least – die Besprechung des Pfahlbauer-Kolumnenbuchs, das sich auch noch nach dem ganzen Weihnachtskladderadatsch hervorragend zum Verschenken eignet (Bestellungen an verlag@saiten.ch).
Neu im Heft ist zudem die Rubrik «Fabriken schauen», eine Ostschweizer Industriearchitekturserie von René Hornung. «Gutes Bauen» erscheint online weiterhin monatlich und – alternierend mit «Fabriken schauen» – jedes zweite Mal auch im Heft.Roman Hertler