, 30. April 2021
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Honk for Jesus

Dieser Autoaufkleber lässt einfach zu viele Fragen offen, findet unser Kolumnist Jan Rutishauser. Sein Beitrag aus dem Aprilheft von Saiten.

Ich habe kürzlich ein Auto mit dem Aufkleber «Honk for Jesus!» gesehen. Also «Hupe für Jesus!» Und dachte sofort: «Recycle for Buddha!» (Schliesslich werden Buddhisten wiedergeboren.)

Ist es nicht erstaunlich, was Religion alles schon rechtfertigen musste: Kriege, Folter… Hupen? Ich wusste auch nicht, dass man einfach irgendwelche Tätigkeiten machen und diese dann für Jesus deklarieren kann. Warum also nicht auch…

Laubblasen für Jesus?

Powerwalken für Jesus?

Türe schletzen für Jesus?

Bremsen für Jesus!

Oder gar Abstimmen für Jesus! Obwohl… das vielleicht besser nicht, weil man da dann Kreuze macht.

Jan Rutishauser, 1987, ist Kabarettist, Kolumnist und Koach für Rechtschreibung und Comedy Writing. (Illustration: Lukas Schneeberger)

Ich hoffe einfach, dass «Honk for Jesus!» nicht jetzt neu die offizielle Position der Kirche ist. Man stelle sich mal all die 90-jährigen Nonnen vor, wenn sie erfahren, dass Hupen gereicht hätte…

Obwohl es durchaus witzig wäre, wenn Katholiken nun aus dem Beichtstuhl kommen und sagen würden: «Ich ha sechs Vaterunser und füf Mol hupe becho. Chasch du mir din Mercedes uslehne? Min Twingo langet anschinend nöd.»

Generell aber finde ich, dass «Honk for Jesus!» viel zu viele Fragen offen lässt. Zum Beispiel:

Für wie lange hupen?

Ist es schlimm, wenn man schon nach fünf Minuten aufhört?

Wenn du auf der Strasse in ein Hupkonzert gerätst, gilt das schon als Gottesdienst?

Ist ein Engelschor einfach 100 hupende Teslas in einer Reihe?

Und warum hupt man denn genau? Als Liebesbeweis für Jesus? Was ein wenig schräg wäre, denn Hupen ist eine wirklich seltsame Art, Liebe zum Ausdruck zu bringen. Das merkt man gleich, wenn man Jesus durch einen anderen Namen ersetzt: «Honk for Karl-Heinz!» Oder stellt euch einen Autoaufkleber vor, auf dem steht: «Honk for my Wife!»

Nein, Hupen überzeugt mich als Liebesbekenntnis nicht. Wenn meine Nachbarin von ihrem Freund abgeholt wird und er alle fünf Minuten hupt, bis sie aus dem Haus kommt, denkt sie doch nicht: «Hach… Er isch so romantisch!»

Dafür ist Hupen von Natur aus zu aggressiv. Und es ähnelt mir auch zu sehr dem Furzen: Bei beidem hat man danach sofort alle Aufmerksamkeit, man kann damit rechnen, dass einem Platz gemacht wird – und nur Arschlöcher tun es, wenn man es hätte vermeiden können.

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