, 8. Dezember 2020
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Kein Durchkommen

Auf den Velospuren liegt teilweise Schnee, das ärgert die St.Galler Velo-Community. Beim Tiefbauamt hat man Verständnis dafür – aber auch Spardruck.

Velospur, theoretisch. St.Leonhardstrasse, 8. Dezember, 17 Uhr (Bild: co)

«Der Anfang des Velowegs entlang der Oberstrasse stadtauswärts ist gepfadet. Nach der ersten leichten Kurve liegt jedoch ein halber Meter gepresster Schnee auf dem Weg. Pfaden Sie doch bitte ganz oder gar nicht», war gestern Montag auf der städtischen «Beschwerdeplattform» Stadtmelder zu lesen.

Unter dem Post kam es daraufhin zu Diskussionen. «Eigentlich ist die Velozeit vorbei», kommentierte ein User namens Winter. «Oft haben die Velos kein Platz neben dem Schnee. In diesem Moment sollte es jedem Velofahrer klar sein, dass er nur noch ein Hindernis ist!»

Das stimmt natürlich so nicht, denn wie andere zurecht einwenden, ist jede Jahreszeit Velozeit. Velos sind ein vollwertiger Teil des Verkehrs. Oder wie User Michi schreibt: «Es gibt nur angenehmeres und weniger angenehmeres Velowetter. Das Velo ist ein Verkehrsmittel wie jedes andere auch.»

Einsparungen «aufgrund der angespannten finanziellen Situation»

Die Oberstrasse ist keine Ausnahme, auch an anderen Orten sind die Velospuren am Montag nicht geräumt bzw. dienen als Schneeablage. Zum Beispiel auf der St.Leonhardstrasse und im Lachenquartier. Oder auch an der Langgasse, wie dieser Instagram-Post zeigt:

«Wie bei anderen städtischen Abteilungen gibt es aufgrund der angespannten finanziellen Situation auch beim Winterdienst Einsparungen», erklärt die Stadt auf Instagram dazu. «Die Mitarbeitenden geben ihr Bestes, aber allenfalls sind ab diesem Winter gewisse Auswirkungen davon spürbar.»

Gemeint ist das Corona-Sparpaket, das diesen Sommer geschnürt wurde. «Schlagzeilen» diesbezüglich machten bisher vor allem die Kürzungen der Kulturgelder, die verschobene Sanierung des Kunstmuseums und das gestrichene Kinderfest. Heute Abend wird im Stadtparlament darüber befunden, es steht eine Marathon-Budgetdebatte auf dem Programm.

Tiefbauamt: «Wir geben unser Bestes»

Beat Rietmann vom Tiefbauamt hat Verständnis für die Velofahrerinnen und Velofahrer. «Wir bemühen uns sehr und nehmen ihre Anliegen ernst», betont er auf Anfrage. «Vor und nach der Wintersaison gibt es darum jeweils einen Austausch zwischen Tiefbauamt und Veloverbänden und es wird versucht, wo möglich Verbesserungen zu erreichen.»

Im Rahmen der Budgetvorgaben 2021 seien alle städtischen Dienststellen angehalten, ihr Budget um zehn Prozent zu reduzieren, erklärt der Stadtingenieur. Das wirke sich auch auf den Winterdienst aus.

Konkret heisst das: «Der Schnee wird wohl möglichst überall geräumt, aber nur dort abgeführt, wo die Sicherheit gefährdet ist. Dort, wo die Schneemaden oder -haufen keine wesentlichen Nutzungen und Erschliessungen einschränken, bleiben diese nicht zuletzt aus ökologischer Sicht liegen und werden vorerst nicht abgeführt.»

Grössere Niederschläge wie jene am vergangenen Wochenende bedeuteten zudem viel Arbeit für das Tiefbauamt, sagt Rietmann. Aufgrund der Räumung von Fahrbahnen und Gehwegen entstünden am Rand, also im Bereich der Strassenentwässerung, Schneemaden.

«Unser Ziel ist es, die Einschränkungen für alle Verkehrsteilnehmenden möglichst gering zu halten und für alle im Rahmen der Möglichkeiten akzeptable Bedingungen zu schaffen» sagt er. «Je nach Niederschlagsereignis können nicht sämtliche Arbeiten in einem ersten Durchgang erledigt werden und es wird nachgearbeitet. Unsere Mitarbeitenden geben ihr Bestes.»

Der Spardruck wird nicht abnehmen in den nächsten Jahren, im Rahmen des Pakets Fokus25 plant der Stadtrat weitere Massnahmen. Geht es nach Rietmann, sollte jedoch «ein vernünftiger Winterdienst aufrechterhalten werden, der die Einschränkungen für alle Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich hält». Hoffen wir also auf milde Winter für die Velsostadt.

3 Kommentare zu Kein Durchkommen

  • herbert weber sagt:

    Ich hege Verständnis für das Amt und die Mitarbeiter, wirklich, ich versuche es. Bei Kommentaren wie, sind ein Hindernis, frage ich mich dann schon eher, wieso wir Fahrrad fahrenden Ökoidioten friedlich auf unseren Rädern sitzen bleiben sollen.

  • Barbey, Gabriele sagt:

    Wir sind eine extrem verwöhnte Mobilgesellschaft. Schneeräumung total auf allen Spuren und auf einen Chlapf kann man nicht haben. Der Schnee muss einfach mal irgendwohin. Sonst wären einfach die TrottoirbenutzerInnen die Benachteiligten … aber weniger Schnelle, anders Tickende haben die Veloracer-Community noch nie interessiert. Vielleicht einmal auf den ÖV ausweichen? Ist halt nicht so tough, aber sehr sozial…

  • Sparmassnahmen…seltsame Beobachtung kürzlich, an der Lindenstrasse: bis um 9.45 keinerlei Schneeräumung. Dann kommt Müller AG mit einem Kleingerät, bald auch die Stadt. zu dieser Zeit sind schon hunderte von St.Fiden bis zur Schule für Gesundheitsberufe gestolpert, viele Velofahrer in den tiefen Rillen gestürzt. Die Prognose war klar und eindeutig: Neuschnee bis in tiefe Lagen. Noch nass und gut zu räumen. An Corona kanns nicht liegen, die TBA-Leute sind anderntags ja alle wieder im Einsatz. Bei den jeweils privat beigezogenen Firmen geht es übrigens darum, den Blaue-Zone-Parkiergebührenfonds rechtzeitig zu Gunsten des Gewerbes zu leeren, sicher nicht um eine Sparmassnahme.

    Was die Stadt bezüglich Sparen und Velofördern (ja doch, viele haben spikes und fahren auch im Winter) machen könnte: die privaten Grundstückbesitzer daran erinnern, dass sie den Schnee ihre (ehmealigen Vorgärten)-Parkflächen nicht auf die Strasse (den Radweg) räumen dürfen. Das beste Beispiel ist hier an der Kreuzung Helvetia/ Lindenstrasse zu sehen: vor 2 Jahren der schöne Baum im Garten weg, dann daselbst ein Parkplatz (wohl unbewilligt), der Schnee liegt auf dem ganzen Radweg. Daneben die Gegenspur (Einbahn): die PW-Fahrer finden, der Velofahrer auf „ihrer“ Spur sei nun komplett am falschen Ort und verhalten sich aggressiv. Diese Verhältnisse können und müssen als „strukturelle Gewalt“ gegen Radfahrer bezeichnet werden.
    Die „Fachleute“ der Stadt der Stadt versagen sichtlich auf ganzer Linie.

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