, 7. September 2020
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«Mehr auftun – Räume und Köpfe: Das wäre mein Wunsch»

Die St.Galler Lokremise ist zehn Jahre alt. Zum Jubiläum gab es Corona, aus dem geplanten grossen Fest wird jetzt im September ein kleineres. Geschäftsführerin Mirjam Hadorn über die Qualitäten und Tücken des Hauses, Negativschlagzeilen, die Zugänglichkeit für die freie Szene und die Kinok-Erfolgsgeschichte.

Mirjam Hadorn. (Bild: Hannes Thalmann)

Saiten: Zehn Jahre Lokremise… Als Jubiläumsgeschenk bekommen Besucherinnen und Besucher unter anderem einen Fächer – symbolträchtig, weil das Gebäude weder Klimaanlage noch Kühlung hat. Ist daran vor zehn Jahren beim Umbau nicht gedacht worden?

Mirjam Hadorn: Ich kenne die Überlegungen von damals zu wenig – aber vor zwei Jahren hat das Hochbauamt eine Studie zur Klimatisierung erstellt, wobei herauskam, dass nur durch massive Eingriffe in das Raumgefühl eine Lösung möglich ist. Die Forderung, auch seitens Stiftungsrat, ist aber klar: Es darf keine Lösung geben, die die Optik des Raums beeinträchtigen würde. Er soll sein Cachet behalten. Man diskutiert jetzt über Beschattungsmöglichkeiten – mehr Bäume oder auch eine Bepflanzung des Dachs könnten helfen, aber das Dach ist seinerseits eine heikle Angelegenheit. Rund um dieses Haus gibt es viele Themen, die kreative Lösungen erfordern. Es ist kein Standardbau, deshalb gibt es auch keine Standardlösungen.

Abgesehen von der fehlenden Klimatisierung: Gibt es weitere Mängel?

Ganz wenige. Die Planung damals war solid, sie bewährt sich in den allermeisten Fällen auch nach zehn Jahren. Verbesserungsfähig ist etwa der Eingang in der Sichel – er hat sich zu einem zweiten Haupteingang entwickelt, das hatte man damals nicht bedacht, er war nur als Notausgang geplant. Wir haben zudem den Bereich des Restaurants nochmal durchleuchtet, da wird es leichte räumliche Veränderungen geben. Das Restaurant soll noch stärker zu einer Begegnungszone werden und mit unterschiedlichen Zonen etwas vom Hallencharakter verlieren. Es soll eine Art Dorfplatz sein; das wird auf die räumliche Gestaltung und das Gastronomieangebot einen Einfluss haben.

Im Sommer machte die Gastronomie und nicht das Jubiläum Schlagzeilen – allerdings negative.

Ja, leider.

Und dabei ist die Kritik am Pächter nicht neu. Es gibt sie schon, seit es die Lokremise gibt.

Bis vor Corona hatte ich keine Bedenken, das Zehnjährige miteinander sehr gut über die Bühne zu bringen, auch wenn die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Gastropartner danach beendet sein wird. Corona hat jedoch so viel durcheinandergebracht, für alle Partner in der Lokremise; jeder brauchte seine Zeit, um sich zu orientieren. Die Gastronomie ist ein zentraler Teil des Ganzen, aber finanziell zugleich der schwierigste. Gastro funktioniert rein wirtschaftlich. Das dürfte auch zum Entscheid des Pächters geführt haben, den Betrieb am Wochenende einzustellen, bis ab August das Theater wieder vor Ort ist.

Von Anfang an war der Stil der psg-Gastro und ihre allmächtige Position umstritten. Selbst dem Kinok wurde anfangs keine eigene Bewirtung zugestanden, und Drittveranstalter hängen auf Gedeih und Verderb von ihr ab.

Das darf man nicht dem Pächter zur Last legen. Es war vielmehr im Betriebskonzept der Lok von Anfang an so geregelt, dass der Gastronom die Hoheit hat über das ganze Gastroangebot. Die Realität ist nun einmal so: Nur durch grosse Anlässe kann man den finanziellen Ausgleich zu schwachen Tagen finden. Wenn jetzt im Zusammenhang mit der Kontroverse um die Gastronomie Leute die Lok meiden, dann schmerzt mich das. Denn wer jetzt nicht kommt, schadet primär der Lokremise  und nicht der psg. Die Mitarbeitenden im Service und in der Küche sind mit Herzblut dabei. Klar hätte vieles besser gemacht werden können – aber eine generelle Abwehrhaltung ist falsch, für das ganze Haus und seine Lebendigkeit. Im Übrigen haben wir mit psg in der Zwischenzeit eine einvernehmliche Lösung gefunden. Das Lokal hat seit August wieder sieben Tage die Woche geöffnet.

Ab 2021 übernehmen Mehmet Daku, Samuel Vörös und Marcel Walker das Restaurant. Kommt das gut?

Die Vorzeichen stehen sehr gut. Vom ersten Moment des Ausschreibungsprozesses an über die Umsetzung, die jetzt geplant wird, stosse ich bei den neuen Pächtern auf sehr viel Offenheit und sehr viel Verständnis dafür, wie die Lokremise funktioniert. In diesem Haus braucht es das Zusammenspiel aller, und zugleich sollen die Partner ihre Eigenständigkeit und Eigenheit behalten. Das ist anspruchsvoll mit vier Partnern unter einem Dach.

Wenn man die Stiftung als Betreiberin der Lokremise hinzurechnet, sind es sogar fünf Partner.

Wir sind quasi der Schirm über dem Ganzen. Und ja, es ist manchmal ein Spagat, eine Gratwanderung. Unsere Arbeit hat viel mit Kommunikation und Diplomatie zu tun. Ich stehe stark in einer Vermittlerinnenrolle. Das Konzept mit der Stiftung als Betreiberin der Lok und Vertreterin des Besitzers – des Kantons St.Gallen – ist aber klar geregelt, mit den Kulturpartnern gibt es Leistungsvereinbarungen und mit der Gastro den Pachtvertrag. Mit den Einnahmen aus Miete und Pacht und den Einkünften aus externen Vermietungen finanziert sich die Stiftung. Sie organisiert die Vermietungen und Gastspiele. Anders als in vielen anderen Städten ist das Programm der Gastspiele nicht kuratiert – die Ausnahme: Es gibt Anlässe, die wir ablehnen.

Was sind das für Fälle?

Ich will zum Beispiel keine House-Partys haben in den Sälen. Wir haben viele Party-Anfragen. «Tanzfrei» ist ein Anlass, der zur Lok passt, aber Partys wollen wir nicht in der Lokremise.

Warum nicht?

Wir haben es versucht und festgestellt, dass das Haus nicht geeignet ist dafür. Das betrifft die Lärmisolation, und es betrifft auch die Ordnung danach. Die Lokremise ist ein historisches Gebäude, das muss man berücksichtigen. Was durchaus funktioniert, sind Day-Dance-Partys, also tagsüber. Aber Nacht, Alkoholkonsum und Lärm: Darauf sind das Haus und die Umgebung und die Organisation nicht ausgerichtet. Dafür gibt es geeignetere Räume in der Stadt. Hinzu kommt: Auftrag der Lokremisen-Partner ist es laut Betriebsreglement, «ein qualitativ hochstehendes und innovatives» Kulturprogramm zu gestalten.

Was heisst das? Schon vor der Volksabstimmung 2008 war argumentiert worden, die Lok werde zu einem «elitären» Ort…

Das hat sich nicht bewahrheitet – die Lokremise ist ein offenes Haus. Was aber immer mal wieder eine Gratwanderung ist, sind politische Veranstaltungen. Rein parteipolitische Plattformen wollen wir nicht bieten, aber es gibt Auftritte mit Informationscharakter, wo wir Ausnahmen machen. Frau Amherd war hier, Frau Sommaruga, Herr Berset…

Ist das eine Frage der Prominenz? Oder der inhaltlichen Ausrichtung?

Beim Auftritt von Bundesrätin Amherd für Kampfflugzeuge war ich gespalten, ob wir das akzeptieren. Umgekehrt kann es natürlich nicht sein, dass ich als Geschäftsführerin meine persönliche Sicht auf die Welt und meine Vorlieben einfliessen lasse. Und das Publikum ist mündig genug, sich selber eine Meinung zu bilden. Unser Grundsatz ist, zuerst die Verfügbarkeit der Räume zu klären und dann allenfalls die Inhalte zu diskutieren. Was wir eindeutig ablehnen, sind reine Autoshows. Es gab zwar Informationsanlässe im Zusam- menhang etwa mit E-Mobilität, aber PR für einzelne Automarken lehnen wir ab.

Mit welchem Argument?

Mit dem primären Auftrag, Kultur hier in die Lok zu bringen. Die Hierarchie ist klar: Zuerst kommen Kulturanlässe zum Zug, dann die Bildung, dann die Vereine und erst in letzter Priorität Firmenanlässe. Wenn es hart auf hart kommt und Termine kollidieren, dann entscheiden wir uns für die Kultur. Firmenanlässe sind dennoch wichtig für die Finanzierung. Und die Erfahrung ist, dass die Wirtschaft mit ihren Terminanfragen in der Regel sehr früh dran ist und oft auch flexibel, was die Daten betrifft. Bei Kulturveranstaltern vermisse ich manchmal die langfristige Sicht, sie sind oft einen Tick später als die Wirtschaft.

Am 12. September 2010 stand auf der Hollywood-Tafel: «Eröffnung für alle». Ist die Lok wirklich für alle zugänglich? Die Hürden, finanziell und terminlich, sind hoch für die freie Szene. Viele können es sich nicht leisten, die Lokremise zu mieten.

Zugang haben grundsätzlich alle Kulturveranstalter. Kosten für Miete und Technik und Werbung liegen in ihrer Verantwortung, wobei der Kulturtarif der Lok massiv tiefer ist als der normale Ansatz. Diese Tarife wurden damals in enger Abstimmung mit anderen Institutionen bestimmt unter der Frage: Was ist ein fairer Preis für das, was man mit der Lokremise bekommt? Weil es nicht der Auftrag der Stiftung ist, zu kuratieren, ist sie auch nicht für die Finanzierung zuständig. Wir haben die Unterstützung der Gastspiele in Sachen Werbung jedoch stark verbessert gegenüber früher. In der Zeitung «Lokzeit» werden auch Gastveranstaltungen ausführlich vorgestellt.

Dennoch ist die Klage verbreitet, die Lokremise habe kaum freie Termine.

Die Lokremise ist eine Erfolgsgeschichte, sie findet ungeheuer viel Zuspruch auf allen Ebenen – dadurch resultiert auch der Druck auf die Agenda. Unsere Planung hat etwa anderthalb Jahre Vorlauf. Freie Kapazitäten gibt es während der Sommerpause, in den Ferien oder unter der Woche. Die attraktiven Wochenend-Daten sind hingegen oft schon besetzt.

Das wird noch enger die nächsten zwei Jahre, wenn das Theater im Stadtpark umgebaut wird. Ist die Lok jetzt ausgerechnet im Jubiläumsjahr ganz zu für Dritte?

Zu ist sie nicht, daran arbeiten wir intensiv. Ich konnte schon verschiedene Drittanlässe für nächstes Jahr buchen. Aber es wird schwieriger, und zwar für alle Partner und auch für Firmen und Vereine. Das Theater belegt wegen der Renovation sehr viel mehr Termine im Haus.

Auch im neuen Kulturkonzept der Stadt St.Gallen ist wieder das Haus für die Freien ein Thema. St.Gallen ist seit vielen Jahren auf der Suche nach Räumen – und die Lokremise löst dieses Problem nicht.

Die Lokremise kann, so wie ihr Auftrag formuliert ist, das Problem nicht lösen. Insofern fehlt das Haus für die Freien tatsächlich. Andrerseits: Es gab in den letzten fünf Jahren jedes Jahr mehr Gastspiele. Es ist nicht so, dass die freie Kultur in der Lokremise keinen Platz hat. Auch die Zahl der Bildungsanlässe ist gestiegen, und unter dem Titel «Vereinsanlässe» finden diverse publikumsträchtige Kulturanlässe statt.

Dass die Lokremise nicht offen zugänglich sei, ist also eine Art «Feindbild»?

Man stellt uns zumindest zu Unrecht als die hin, die die «Freien» nicht hereinlassen. Das stimmt schlicht nicht. Es gibt Gäste, die immer mal wieder hier spielen; das Theater 58, Olli Hauenstein, Micha Stuhlmann oder Christof Eschers Stummfilmkonzerte beispielsweise. Es sind vielleicht leisere Anlässe, aber sie finden statt. Wer Kritik übt, sollte sich ein ehrliches Bild machen.

Ist diese Kritik schwierig auszuhalten für Sie?

Nein. Ich setze mich sehr stark für die freie Szene ein, auch gegenüber dem Theater. Die Verfügbarkeit der Räume ist nunmal extrem von den Plänen des Theaters abhängig, und es gelingt nicht immer, Lösungen zu finden. Es ist eine rollende Planung, beim Theater wie bei uns. Die Hauptpartner, die den Grossteil der Miete bezahlen, haben Vorrang. Und: Viele wollen im September spielen, wenn die Saison angeht. Was auch ganz schwierig ist, und da verstehe ich die Kritik der freien Szene gut: Mehrere Tage am Stück zu proben oder aufzuführen, ist fast unmöglich. Für Einzelveranstaltungen oder Gastspiele an zwei Abenden stehen die Chancen besser. Darin liegt wohl auch die grösste Differenz zur Erwartungshaltung, die man damals vor der Eröffnung geschürt hat: Die Lokremise ist kein Ort, den man für zwei oder drei Wochen haben kann für Proben und mehrere Aufführungen. Tanzplan Ost ist allerdings ein Gegenbeispiel: Das Ensemble probte jetzt im Sommer zwei Wochen hier und spielt dann im November vier Tage lang.

Relativ wenig genutzt ist der riesige Raum der Kunstzone.

Die Ausstellungen in der Kunstzone sind täglich zugänglich von Februar bis November. Das entspricht genau der Nutzung, die im Betriebskonzept vorgesehen ist. Die Vernissagen, Kuratorinnen-Führungen und die Museumsnacht sind gut besucht. Wie viele Besucher die Ausstellungen darüber hinaus anziehen, ist allerdings eine andere Frage.

Das Kunstmuseum wird im Stadtpark ausgebaut, das Kinok bräuchte in der Lokremise einen zweiten Saal – das wäre doch der ideale Moment, um den Ausstellungsraum neu zu denken oder neu aufzuteilen, zum Beispiel mit einem Kinosaal und einem Experimentierraum für die freie Kunst- und Performance-Szene.

Eine andere Idee wäre, das Theaterprovisorium vor der Tonhalle nach dem Umbau nicht abzu- brechen, sondern an einem neuen Ort aufzustellen… Mit Fantasien ist es in der Lokremise allerdings nicht ganz einfach. Sie ist stark verankert in der kantonalen Politik; für Veränderungen, auch realistische, sind diverse Hürden zu überwinden. Aber ein zweiter Kinosaal oder ein Raum für die freie Szene: Solche Überlegungen verfolge ich gern mit und weiter. Nur durch Wandel kann man sicherstellen, dass eine Institution über Jahrzehnte funktioniert. Man muss sich zwischendurch neu erfinden, um Bestand zu haben, das gilt auch für das Restaurant, es gilt für alle Partner.

Bei dem Publikumserfolg, den das Kinok hat, wäre ein zweiter Saal jedenfalls dringend.

Das Kinok hat, unter anderem vielleicht auch «dank» der Tatsache, dass es nur einen Saal hat, eine hohe Kreativität und fantastische Entwicklung hingelegt. Die zehn Jahre Lokremise sind auch eine riesige Kinok-Erfolgsgeschichte. Dass es ein Kino schafft, in der heutigen Zeit eine solche Relevanz hinzubekommen, ist dem engagierten Team und der ausgezeichneten Programmierung zu verdanken.

Was zeichnet in Ihren Augen die Lokremise grundsätzlich aus?

Es ist ein lebendiger, inspirierender Ort, der Unterhaltung auf sehr gutem Niveau bietet. Mit Unterhaltung meine ich Anlässe und Ausstellungen, die zum Nachdenken anregen und neue Impulse geben. Die Vielfalt der Sparten trägt dazu bei, die Mischung. Eine kontemplative Ausstellung, das lebendige Restaurant, ein gutbesuchtes Kino und Theater mit zeitgenössischen Themen: Mit dieser Bandbreite spricht die Lokremise die verschiedensten Leute an, die sich auf Kultur einlassen wollen.

Inwiefern hat sich die Stadt St.Gallen durch die Lokremise verändert?

Die Lokremise ist ein wichtiger und starker Ort, ein sehr urbanes Konstrukt, wie man es in Metropolen findet. Allerdings ist mir St.Gallen an Wochenenden und an Abenden immer noch zu ruhig. Corona verfälscht momentan das Bild, aber auch davor war es so: wenig Leute auf der Strasse… «Verschlafen» wäre das falsche Wort, aber ruhig ist St.Gallen sehr. Nur schon in Winterthur ist viel mehr Betrieb auf den Gassen, die Bevölkerung bewegt sich, das macht eine Stadt urban. Dabei ist das kulturelle Angebot St.Gallens ja sehr gut.

Steht die Lokremise in Konkurrenz zu anderen Lokalen, zu Grabenhalle, Kugl, Palace?

Ich sehe das nicht als Konkurrenz. Das sind alles sich ergänzende Angebote, und jeder Ort hat sein Publikum. Wir merken zwar zum Beispiel: Wenn Olma ist, kommen weniger Leute in die Lok. Vielleicht kann es irgendwann eine Übersättigung geben, aber so weit sind wir nicht.

Statt Jubiläum gab es 2020 erstmal den Lockdown. Wie hat die Lokremise ihn überstanden?

Die Pandemiekrise war und ist weiterhin eine grosse Herausforderung. Lösungen für Veranstaltungen sind das eine – jetzt geht es darum, die Menschen davon zu überzeugen, wieder hierher zu kommen, zu kommunizieren, dass Kultur stattfindet und dass man sie gefahrenfrei konsumieren kann. Das Kinok sammelt Erfahrungen, das Theater hat vor der Sommerpause openair gespielt und gezeigt: Es gibt gute Lösungen. Ich glaube aber, dass sich der ganze Kulturbetrieb neue Fragen stellen muss. Die alten Rezepte hervorzunehmen, funktioniert nicht mehr. Wir überlegen fortlaufend, wie wir es schaffen, dass die Lok wieder ein lebendiger Ort wird. Und das ist nicht bloss eine Frage des Programmangebots, sondern der individuellen Entscheidung: Wie und wann gehe ich wieder in die Öffentlichkeit? Wer allein Kultur erleben will, hat übrigens in der Lokremise auch die Möglichkeit: Das Theater hat eine Hörbox entwickelt, in der man Hörspiele für sich allein anhören kann, so lange, wie man will. Das ist eine der Initiativen, die aus der Coronakrise entstanden sind.

Das Problem ist ja vor allem der Abstand.

Ja, das ist eine Herausforderung, aber die Lokremise ist in einer privilegierten Ausgangslage, weil sie so gross ist. Selbst im Restaurant kann man die Abstände locker einhalten. Es gibt kaum ein Ort, der mit so wenigen Eingriffen weiterarbeiten kann wie wir. Und das Raumgefühl bleibt erhalten. Auch die Rondelle ist fantastisch.

10 Jahre Lokremise – der Jubiläumstag: 12. September, ab 10 Uhr. Mit Konzerten, Lesungen, Filmen, Aufführungen und Performances in allen Räumen und Kinderprogramm. Mitwirkende: Kunstmuseum St.Gallen, Kinok, Konzert und Theater St.Gallen, LokoFoniker, Romeo Meyer und Mirjam Woggon, Fiera Brandella, Panorama Dance Theater, Christoph Pfändler, Tanzplan Ost, Lika Nüssli, Theatertanzschule, ConfusionArt Collective, Sven Bösiger, Maria Ursprung und tanzfrei

Infos und Programm: lokremise.ch

Wie sieht das Jubiläum aus? Es war ja ein grosses Fest geplant…

Wir haben vom grossen Fest Abstand genommen, aber wir feiern am 12. September mit verschiedenen kleineren Angeboten, von zehn Uhr morgens bis Mitternacht. Es gibt diverse Kulturinseln, Musik, Lesungen, Führungen, Tanzeinlagen. Wir haben Interne und Externe eingeladen, einen Programmpunkt zu übernehmen. Das Kinok bietet ein Spezialprogramm, das Kunstmuseum zeigt Performances, und das Theater spielt seine zwei Stücke, die zum Saisonauftakt im Programm sind, gratis, das Kinderstück Monster und die Uraufführung Die Gastfremden. Das im August gespielte Stück des ebenfalls zehn Jahre alten Cirque de Loin, Seelig stand nicht im direkten Zusammenhang mit dem Jubiläum, passte aber ideal, auch deshalb, weil das Servicepersonal des Restaurants eingebunden war ins Stück. Das ist in der Lokremise noch nie dagewesen. Im Moment wachsen viele über sich selber hinaus.

Spartenübergreifende Produktionen gab es nur sporadisch. Warum?

Ein solches Projekt, eine Zusammenarbeit von Kunstmuseum und Theater, war zum Jubiläum geplant, ist jedoch von Corona gebodigt worden, auch weil internationale Künstler involviert gewesen wären. Die Idee kommt aber nächstes Jahr in adaptierter Form wieder. Man könnte in der Tat mehr kooperieren, wenn man alle Sparten in einem Haus hat, das würde mich freuen.

Was ist Ihr Wunsch für die nächsten zehn Jahre?

Dass man es noch viel stärker schafft, über den eigenen Gartenhag hinauszudenken und eine Dynamik hinkriegt, mehr miteinander zu machen und dem Publikum neuartige Lok-spezifische Erlebnisse bieten. Die Lokremise macht extrem viele gute Dinge, aber fast durchwegs innerhalb der Sparten. Das ist schade, denn der Ort würde so viele Möglichkeiten bieten, Grenzen aufzubrechen. Das setzt allerdings flexible Planungen voraus – eine komplexe Aufgabe, weil jedes Haus in eigenen Planungen drinsteckt, von denen die Lokremise und ihr Programm abhängt. Es sind teils schwerfällige Apparate mit vielen Strukturen und Zwängen, bestimmt vom Auftrag, den die Häuser zu erfüllen haben. Mehr auftun – Räume und Köpfe: Das wäre mein Wunsch.

Dieser Beitrag erschien im Septemberheft von Saiten.

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