, 2. September 2019
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Mit einem Klick zur Kultur

Seit fünf Jahren vermittelt die Plattform kklick Schulbesuche im Museum, im Konzert, Theater oder Atelier. Kulturelle «Teilhabe für alle»: Wie gut funktioniert das?

Das kklick-Team: Kati Michalk, Danièle Florence Perrin, Richi Küttel und Stefanie Kasper. (Bild: Ueli Steingruber)

Eine digitale Schnitzeljagd per App durch die Ausstellung «Transportweg Bodensee» in Kreuzlingen? Eine Diskussionsrunde zu Ethik im Historischen und Völkerkundemuseum St.Gallen, unter dem Titel «Darf man eine Mumie ausstellen?» Ins St.Galler Figurentheater zum Mäusedichter Frederick? Oder zur Brückenkunde ins Zeughaus Teufen? Die Angebote sind da, für Schulklassen unterschiedlichen Alters, und man findet sie auf einen Klick: Sie sind gesammelt auf der Vermittlungsplattform kklick.ch.

Seit fünf Jahren gibt es kklick. Zwar ist noch immer umstritten, wie man das Wort aussprechen soll – k-klick oder bloss klick? Im übrigen aber herrscht Einigkeit: Die Plattform ist ein Erfolg. Quasi «auf der grünen Wiese» habe man angefangen, sagt Stefanie Kasper, die den Thurgau betreut: Man musste erst einmal die Anbieter finden, die Angebote überprüfen, die Schulen erreichen.

Heute sind auf kklick.ch mehr als 300 Angebote fürs Kindergartenalter bis zur Sekundarstufe aufgeführt und einheitlich präsentiert, mit andern Worten: auch vergleichbar. «Ich wäre froh gewesen, wenn es das schon früher gegeben hätte», sagt Danièle Florence Perrin, langjährige Sekundarlehrerin und seit diesem Sommer für kklick im Kanton Glarus zuständig. Die drei Gründerkantone St.Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden haben damit Verstärkung bekommen; Kunsthaus Glarus, Freulerpalast, Zirkus Mugg und andere Anbieter sind jetzt ebenfalls digital verklickt.

Das Ziel heisst Chancengleichheit

Die von den Kantonen getragene Plattform verdient an den Angeboten selber nichts. «kklick ist kein Geschäftsmodell wie etwa booking.com», betont Richi Küttel, Mann der ersten Stunde bei kklick. Den Nutzen sollen vielmehr die Lehrerinnen und Lehrer und die Kinder direkt haben. Die Angebote sind überprüft, werden regelmässig visitiert, sie müssen auf die Lernziele im Lehrplan 21 abgestimmt und gut vermittelt sein. «Nur» ein Konzert für Kinder zu spielen, reiche nicht, um in die Plattform aufgenommen zu werden. Die Hauptkriterien heissen: Professionalität, pädagogisch-didaktische Aufbereitung, Stufengerechtigkeit und möglichst aktive Beteiligung der Kinder.

Das Ziel ist ehrgeizig. Bildung und Kultur sollen näher als bisher zusammenrücken, sagt Stefanie Kasper. Und man will alle Kinder erreichen – nicht nur jene aus bildungsinteressierten Milieus. Darum gibt es zwar auch vereinzelt Aktivitäten in der Freizeit; der Schwerpunkt sind aber Angebote für Klassen. «So wird die Chancengleichheit gewährleistet.»

Ob sie auch nachhaltig ist, sei schwieriger zu beantworten. Von den Autorenlesungen, die er schon in der Zeit vor kklick organisiert hatte, weiss Richi Küttel: Bücher von Autorinnen und Autoren, die zu Lesungen in die Klasse kommen, sind danach in der Schulbibliothek über Monate ausgebucht. Und auch ohne solche direkte Reaktion ist er überzeugt: «Etwas bleibt. Kulturerlebnisse geben Impulse, selber aktiv zu werden, Theater zu spielen, zu zeichnen und so weiter.»

Stefanie Kasper pflichtet bei. Es gehe darum, Kindern neue Erfahrungen zu vermitteln und zu zeigen: Diese Welt gibt es auch, du kannst sie entdecken. «Und wenn es dann Klick macht bei den Kindern, kommen sie wieder, mit Eltern, Geschwistern oder Grosseltern.»

Was ist mit der «Schere» zwischen Kulturinteressierten und Kulturabwesenden? Mit der oft beklagten Zweidrittel-Gesellschaft, in der alle Förderanstrengungen und Beschwörungen der «Teilhabe für alle» bisher wenig gefruchtet haben? «Es gibt irgendwann, beim Erwachsenwerden, einen Bruch», vermutet Richi Küttel. Darauf habe die Schule dann kaum noch Einfluss – «aber zumindest soll niemand sagen müssen, er habe von all den kulturellen Angeboten als Kind nichts mitbekommen».

«Platz im Lehrplan gibt es immer»

Die Breitenwirkung ist da – im Kanton St.Gallen etwa haben rund 40 Prozent der Schulen bis heute eine kulturverantwortliche Lehrperson bestimmt. Zudem arbeitet kklick mit den Pädagogischen Hochschulen intensiv zusammen, unter anderem beim jährlichen Kulturtag der PH St.Gallen für die neuen Studentinnen und Studenten: Am nächsten Mittwoch, 4. September finden Workshops in 22 Ateliers in Kulturinstitutionen statt, kklick und das kantonale Amt für Kultur organisieren mit.

Und Platz im Lehrplan bleibe immer, ist Kati Michalk, Co-Geschäftsführerin der St.Galler Stelle, überzeugt. «Unser Anliegen ist es, Kulturangebote nicht als Zusatzaufwand zu verstehen, sondern als selbstverständlichen Teil des Unterrichts.» Englisch zu üben zum Beispiel gehe im Museum je nach Thema wunderbar – und Mathematik könne man auch beim Brückenberechnen in der Grubenmannsammlung in Teufen betreiben.

Warum kein Gratis-öV für den Trip zur Kultur?

Was bleibt an Wünschen nach den ersten fünf Jahren? Mit der Frage landet man schnell beim Geld. Wenn Schulen auf Kultur-Exkursionen verzichteten, dann oft aus finanziellen Gründen – genauer: wegen der Kosten für Bahn und Bus. Warum also kein Gratis-öV für den Trip zur Kultur, zumindest ein- oder zweimal im Jahr? Ein solches System kenne man im Vorarlberg, die Ostschweiz könnte sich daran ein Vorbild nehmen, sagt Küttel. Überhaupt wäre sein Wunsch, dass jedes Kind auf jeder Stufe einmal (oder auch zweimal) jährlich ein Kulturvermittlungsangebot erlebe. «An diesem Punkt sind wir noch lange nicht.»

Auch Saiten ist auf kklick.ch präsent. Die Medienwerkstatt zum Thema Nachrichtenkompetenz bietet Einblick in die journalistische Arbeit und schärft einen kritischen Blick auf redaktionelle Inhalte. Sie ist für Schulen ab dem 8. bis zum 12. Schuljahr, aber auch für Fachhochschulen, Berufsschulen, Unternehmen und Organisationen geeignet.

Dieser Beitrag erschien im Septemberheft von Saiten.

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