, 25. Mai 2021
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«Möge die Liebe uns retten»

Am 15. Mai ist der deutsch-iranische Schriftsteller SAID 74jährig in München gestorben. Florian Vetsch erinnert an das Werk des Dichters und unermüdlichen Vermittlers zwischen den Kulturen – und an seine St.Galler Lesungen.

SAID (1948-2021) bei einer Lesung 2014. (Bild: wikimedia)

SAID wurde am 27. Mai 1947 mit dem bürgerlichen Namen Said Mirhadi in Teheran geboren. Die Scheidung seiner Eltern war bei seiner Geburt beschlossene Sache, auch dass der Junge ausschliesslich bei seinem Vater, einem Offizier, bzw. seinen Grosseltern aufwachsen würde.

Saids Einschulung begann mit einem schockierenden Erlebnis: Der scheue Bub erhielt bei seiner ersten Wortmeldung eine Ohrfeige von der Lehrerin, weil er das Wort «ich» anstatt des gebotenen «wir» (pluralis modestiae) verwendete.

Seine Mutter sah Said erst im Alter von 13 Jahren wieder, für einen Nachmittag. Und erst mit 43 sollte er ihr nochmals begegnen, in Toronto, Kanada, wo er drei Wochen mit ihr verbrachte. Über die zerrissene Beziehung zu seiner Mutter veröffentlichte er rund zehn Jahre nach der letzten Begegnung sein vielleicht persönlichstes Buch landschaften einer fernen Mutter (2000).

Früh aber erfuhr der Junge das Versammelnde, Inkludierende, Verbindende der Poesie: «mein vater war einige jahre mitglied eines lesekreises. hier wurde hafis gelesen – einmal in der woche. lehrer, angestellte, bäcker, professoren, offiziere, landfahrer waren mitglieder dieses kreises. sie trafen sich um hafis und nannten sich: hafis-ergebene.»

Zerschlagene Hoffnungen

Mit 17 Jahren kam Said nach Deutschland. Seit 1965 lebte er in München, wo er Politikwissenschaft studierte und sich in Menschenrechtsgruppen zu engagieren begann, Flugblätter verteilte, auf die Missstände in seinem Herkunftsland aufmerksam machte, welche die Regenbogenpresse mit ihrer Soraya-Fixiertheit ausblendete.

Sein politisches Engagement machte eine Rückkehr nach Persien unter dem Schah Reza Pahlavi unmöglich; das wäre zu gefährlich, wäre leichtsinnig gewesen. Und so kehrte Said erst 1979 in den Iran zurück, angetrieben von der Hoffnung auf eine Revolution, die nach dem absolutistischen Regime des Schahs zu mehr Gerechtigkeit führen würde – von einer Hoffnung, die viele Intellektuelle mit der Ankunft von Ayatollah Khomeini am 1. Februar 1979 verbanden, die sich aber bald unter der rigorosen Herrschaft der Mullahs zerschlagen sollte. Bereits nach sieben Wochen kehrte Said, desillusioniert, ent-täuscht, nach Deutschland zurück.

Die Politik in Westeuropa verfolgte er genauso wach und kritisch wie die Umwälzungen in seinem Herkunftsland. Sein politisches Engagement bezeugen nicht nur die Essaybände Der lange Arm der Mullahs (1995), Ich und der Islam (2005) und Das Niemandsland ist unseres (2010), sondern auch sein Präsidium beim deutschen PEN-Zentrum in den Jahren 2000 bis 2002 sowie zahlreiche Auszeichnungen, die er für seinen politischen Effort und seinen persönlichen Einsatz für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller erhielt.

«wo aber trägt mich meine gastsprache hin? zu einer staatenunabhängigen, von ihr und mir skizzierten freiheit», heisst es in seinem Essay ein blinder, zwei flüsse (in Das Niemandsland ist unseres).

Dichter der Liebe

1989, 42-jährig, trat SAID in einer Sprache, die nicht seine Muttersprache war, als Dichter auf den Plan, mit einem schlicht Liebesgedichte betitelten Band. SAID pflegte in seinen poetischen Texten die konsequente Kleinschreibung; sein Pseudonym aber setzte er in selbstbewussten Grossbuchstaben – er, dem einst verboten worden war, «ich» zu sagen…

Liebe war vielleicht der generelle Orient dieses Dichters, seine Sehnsucht, sein höchstes Ziel, das es, wo immer es sich zeigte, festzuhalten galt. Liebe war SAIDs innere Kompassnadel:

Für mich
riechen deine Hände nach Muskat
und Kindertagen.

Für mich
ist dein Mund ein sanftes Ufer,
nahgespült und unbewacht.

Für mich
hat sich das Blau deiner Augen
zurückgezogen zu meinen Schiffen.
Wir schlafen auf dem Flussbett.
Fische von damals kommen
und küssen uns die Zehen.

lautet ein Liebesgedicht aus Sei Nacht zu mir (1998). Ein weiteres so:

Du willst fortgehen?

Ich rufe den Mond.
Er verwandelt mich
in einen Honigbären.
Der leckt dir die Fusssohlen wund.

Und noch ein anderes so:

Sie sagte nichts
und gab sich dazu her.
Ich erklärte sie
zu einer Magnolie
und bog sie zurecht –
für meine Hände.
Sie nahm die Huldigung an.

Kampf gegen Nationalismen

Doch Deutschland lieben zu lernen war für den Eingewanderten nicht leicht. Sympathisch ist, dass SAID in seinem versuch über das typisch deutsche stets vom «deutschen (den es nicht gibt)» spricht und die Gefahr, einer einseitigen, ungerechten Typologie deutscher Art zu verfallen, umgeht bzw. zur Hinterfragung der gemachten Statements am konkreten Einzelfall auffordert: «ich glaube, der deutsche (den es nicht gibt) braucht nicht unbedingt einen nationalen stolz, wenn er sich wohl fühlt. umso mehr aber braucht er eine hand, die alles für ihn regelt bzw. reglementiert. das übernimmt der staat. und die staatliche ordnung ersetzt zuweilen das eigenständige denken. oft habe ich das gefühl, man ist sogar dankbar dafür. nicht so mein briefträger, der die dickeren sendungen, die nicht in den briefkasten passen, vor die tür legt, anstatt einen zettel zu hinterlassen, der mich in das nächste postamt schickt. einmal, nur einmal hat er mir erklärt, es sei zwar verboten, die sendungen vor die tür zu legen, aber er mache das. mein briefträger kann eigenständig denken.» (aus in deutschland leben, 2004).

Bezüglich der problematischen Liebe zu einem Land erinnerte SAID gerne an Albert Camus’ Maxime: «ich liebe mein land zu sehr, um nationalist zu sein.»

Über Ibn Sina (980-1037), den bedeutenden Arzt und Gelehrten, der im Westen unter dem lateinischen Namen Avicenna bekannt ist, notierte er: «was wäre heute aus avicenna geworden? im teheran der islamischen republik wäre er wegen häresie längst hingerichtet worden. (…) in deutschland wäre avicennas medizinstudium nicht anerkannt, dann müsste er, wie eine grosse anzahl seiner kollegen, die hier zuflucht gefunden haben, als taxifahrer arbeiten.»

SAIDs Texte halten keine politisch korrekten Phrasen der Beschwichtigung feil; oft provozieren seine Äusserungen. Sie tragen bei aller Geschliffenheit den Stachel des Unbequemen, weisen konsequent auf die Gefahr kulturmonopolistischer Denkmuster hin, ermutigen zur Aufrechterhaltung des Dialogs, aus Erfahrung; für diesen jedoch gilt: «voraussetzung für einen dialog ist, dass man schwäche zeigt. die eigene. und dass bei einem dialog zwischen zwei sprachen, zwischen zwei kulturen, das entscheidende oft der gestus ist.» SAID war am Dialog im Grossen wie im Kleinen so sehr interessiert, dass er in manchen Büchern seine Anschrift «SAID / Postfach 431018 / D-80740 München» oder seine E-Mail-Adresse «1said@gmx.net» abdrucken liess.

SAIDs Texte richten sich nicht primär an ein akademisches Publikum, obwohl sie ein solches reichlich zu unterhalten vermögen, wie die Nachrufe der grossen deutschsprachigen Feuilletons in diesen Tagen zeigen. Es finden sich auch fünf Kinderbücher aus seiner Feder. SAIDs Texte wollen breiter wirken und können dies, weil sie die Fantasie und das Gemüt der Leserschaft direkt ansprechen, es zum Staunen, zum Schwingen bringen – es bezaubern oder revoltieren.

Der Humorist

Auf SAID ging ich Ende der 1990er Jahre zu, ich schätzte seine Gedichte schon lange, und so bat ich ihn um einen Beitrag für die Sammlung zeitgenössischer Poesie Warenmuster, blühend, die ich mit Alexandra Stäheli zusammen im Waldgut Verlag herausbrachte (Frauenfeld 2000). SAID schickte einen verblüffenden Beitrag, das erste Gedicht aus einer Sammlung, in welcher er sich das Alphabet von A bis Z vorgeknöpft hatte:

Analgestörte Anarchisten akzeptieren animalische Animierdamen als Atomgegner.
Aktive Analphabeten analysieren amorphe Annalen akkurat.
Amoklaufende Ayatollahs, asymmetrische Asylanten, akkordarbeitende Attentäter affirmieren affinitive Annäherungen.
Annektierte Anrainerstaaten antworten assoziativ auf akkordeonspielende Aussenminister.
Anthroposophische Alligatoren argumentieren als apathische Attrapen.
Aufklärerische Aasfresser, antisemitische Ameisen; arische Aussenposten –
Abel aber akzeptiert Anfasspersonen als Anlaufstellen.
Austreibungssüchtige Assimilierte annullieren annähernde Aussenhaut.
Ahasver aus anorganischen Anlässen arrestiert –
Abrupt ausgewiesen.

Mit einem solchen Text hätte wohl niemand gerechnet. Doch ja: SAID hatte auch eine spielerische Ader und – viel Humor. Letzteren tobte er in einem «Bestiarium» aus, einem rund 80 Seiten starken Band mit dem auf eine Rilke-Zeile zurückgehenden Titel Dieses Tier, das es nicht gibt (1999). SAID hatte ihn elf Jahre lang in Arbeit. Über «die zehlaus»  etwa berichtet er darin Folgendes:

  die zehlaus nistet sich in den trauerrändern der zehen ein und legt dort eier, die sich in lichtgeschwindigkeit vermehren.

            wenn sie nicht rechtzeitig bekämpft wird, saugt sie dem menschen durch die zehen das hirn aus. das opfer leidet fortan an gedächtnisschwund und juckreiz und wird des öfteren kommunalpolitiker.

            es gibt nur eine art, die zehlaus effektiv zu bekämpfen: man muss sie konsequent kitzeln, ungeachtet ihrer hilferufe, bis das tier an einem epileptischen anfall verendet.

            die zehlaus verdingt sich gelegentlich als claqueur im staatstheater.

2004 ging ich SAID um einen Beitrag für das Little mag Rude Look Oriental an, das ich mit Axel Monte zusammen herausgab. SAID schickte ein Gedicht, das dem iranischen Schriftsteller Bozorg Alavi (1904–1997) gewidmet ist. Alavi lebte seit 1953 im deutschen Exil, vertrieben vom Regime des Schahs, wie SAID, allerdings in der DDR – einer anderen Diktatur:

Für Bozorg Alavi

24.XI.1988

In deinem 85. Lebensjahr,
im Jahr 42 der Verbannung,
weigert sich eine Regierung
deinen Pass zu verlängern.
Wozu brauchst du
Regierungen?
Sie verlängern nur die Wartezeit.
Und dort, am Einlass,
fragt der Tod
auch nach einem Pass?

Begegnung mit Psalmen

Ich freute mich enorm darauf, SAID persönlich kennenzulernen, als er am 19. Februar 2013 nach St.Gallen kam und bei Noisma im Kult-Bau las. Es war die interaktivste Lesung, die ich je erlebt habe, denn SAID las ein einziges Gedicht und begann sofort den Dialog mit dem Publikum. Die Lesung dauerte über anderthalb Stunden und war äusserst kurzweilig, weil der Schriftsteller jeden gelesenen Text mit dem Publikum diskutierte und das Gespräch stets offen für Fragen hielt.

SAID las aus seinem Gedichtband Psalmen (2007), der das radikalste Zeugnis seiner völlig adogmatischen, ja mystischen Gottessuche darstellt. SAID war ja Muslim, soziologisch gesehen, aber er praktizierte nicht; wie Stefan Zweig, der sagte, er sei Jude aus Zufall, hätte SAID sagen können, er sei Muslim aus Zufall. Doch das bedeutete keinesfalls, dass er ein Gottloser, ein Atheist gewesen wäre:

herr

bete
dass wir dich erkennen
wenn du erscheinst
schaffe die zwischengötter ab
mit ihren allüren und ihren tageswünschen
versiegele deine häuser
und fürchte nicht unsere nacktheit
lass die zypressen deine gesandten sein
denn sie können aufrecht stehen und flüstern
und versuchen nicht den wind zu bekehren

Zu diskutieren gab an dem Abend die Anrede, die SAID in seinen Psalmen der Gottheit gibt. Ein Theologe warf ein, dass die Anrede «herr» das patriarchalische Gottesbild zementiere. SAID erwiderte, diese Anrede sei ihm nur natürlich, er spreche so die Gottheit an, auch sei das Gedicht nicht der Ort politischer Korrektheit. Am nächsten Morgen las SAID an der Kanti am Burggraben vor rund 100 Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so gespannt lauschten sie dem Vortrag und dem auch hier ständig aufrecht erhaltenen Gespräch. Zurück in Deutschland mailte mir SAID am 21. Februar 2013:

nur ein wort des dankes. ich habe die beiden lesungen genossen. zuweilen leide ich ja unter solchen veranstaltungen. bei euch war es nicht der fall. die schullesung sprach für sich. die kinder waren grossartig. aber die grösste freude war, dass wir uns kennengelernt haben und unsere gespräche. wir sind nicht viele auf der erde mit solchen sensoren. bitte grüsse daniel (d.i. Daniel Fuchs, Noisma-Gründungsmitglied) herzlich von mir; ich habe das gespräch mit ihm sehr geschätzt. sei herzlich umarmt – SAID.

Die Herzlichkeit im Austausch mit SAID blieb bis zuletzt bestehen. Für die jüngste Dezember/Januar-Ausgabe der «Fabrikzeitung» Zürich bat ich ihn im Herbst 2020 um einen Beitrag. Die von Michelle Steinbeck und mir betreute Ausgabe war dem Andenken von Hadayatullah Hübsch (1946–2011) gewidmet. SAIDs Text, der souverän vor dem Redaktionsschluss eintraf, elektrisierte mich:

hadayatullah

irgendwann in den 80er jahren bekam ich einen brief an mein postfach. postfach, dieses allheilmittel gegen die paranoia der flüchtlinge. natürlich schaue ich erst auf den absender: hadayatullah hübsch.

ein konvertit also. hatte nicht schon heinrich heine vor konvertiten gewarnt?

im brief stellt sich ein mann vor, der zum islam übergetreten ist, gedichte schreibt und wünscht, dass wir miteinander korrespondieren.

das hätte er gern, der neumuslim; meine paranoia meldet sich.

es ist nicht mal einige wochen her, dass b. aus strassbourg nach münchen kam. er erzählte von einem wichtigen treffen in wien. auf meine frage, ob er den mann kenne, winkte er ab. «wir sassen in der islamischen republik für eine weile in derselben zelle.» sein gastgeber und ich warnten ihn. ich bot mich an, in wien einen rechtsanwalt zu kontaktieren. doch b. lachte uns aus und fuhr zu dem treffen. er kam nicht mehr zurück. später fand die polizei seine leiche in der küche einer kleinen wohnung in wien, mit einem genickschuss.

und jetzt sucht der konvertit den kontakt zu mir. ich schreibe einige zeilen, unverfänglich, ohne anrede, ohne datum, und schicke sie zurück. die antwort war wütend. «lieber SAID, glaubst du wirklich, dass ich ein agent der islamischen republik bin?»

die wut schien authentisch. ich horchte herum. alle waren überzeugt, dass hadayatullah hübsch alles andere ist als ein agent. ich war verlegen und überlegte mir eine formvollendete entschuldigung.

aber schon kam der zufall zur hilfe. wir sollten beide auf einem podium sitzen und über den politischen islam sprechen. die moderatorin sprach offen von ihrer sympathie für herrn hübsch.

je mehr er sprach, desto mehr wuchs meine scham. als alles vorbei war, ging ich auf ihn zu. hadayatullah öffnete die arme, wir umarmten uns.

Der Text packte mich, weil er mich wegen der Vorsichtsmassnahmen, die der wegen seiner politischen Gesinnung auch im Exil gefährdete Autor trifft, an einen der eindrücklichsten Texte von SAID erinnerte, an mina – eine begegnung aus dem Erzählband Der Engel und die Taube (2008). In diesem Bericht verleiht der Schriftsteller den fürchterlichen Erfahrungen einer im Gefängnis gefolterten und vergewaltigten Iranerin Gehör. Dass er ihr Trauma einbettet in die Schilderung eigener Vorsichtsmassnahmen vor dem Treffen mit der Unbekannten, unterminiert das Grauen, das ihre Erinnerungen durchziehen, und überträgt es auf den Leser.

Der sexuellen Demütigung dieser Frau steht in SAIDs Erzählband die sexuelle Selbstbestimmung anderer Frauen gegenüber; Nana, Sophie, Ellen, Gesche etc. heissen sie, die sich von den Männern freimütig nehmen, was sie sich wünschen. Die transzendente Dimension jedoch, die in dem biblischen Titel Der Engel und die Taube aufleuchtet, durchglitzert den ganzen Band, auch dort, wo der Erzählende die reine Wollust feiert.

Den Tod im Auge

SAID wusste, dass sich die Intensität des Daseins angesichts seiner Endlichkeit steigert. Dem Todesbewusstsein, das er durch seine Herzerkrankung geschärft hatte, setzte er die Schönheit als Retterin und Heilerin entgegen: «ich kann mich auf mein auge verlassen. es war immer ein radikales organ. seit dem herzbruch macht es gar keine kompromisse mehr – nicht einmal mit mir. es sucht konsequent das schöne.»

SAID, der Schönheitssucher, der Vermittler zwischen den Kulturen, der kritisch wache Zeitgenosse, SAID, der Liebende wird fehlen. Einer E-Mail vom 5. Dezember 2020 heftete er einen Zeitungsausschnitt aus der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» an – ein Gedicht auf Hölderlin, der neben Walt Whitman und Rilke zu seinen Lieblingsdichtern zählte:

friedrich hölderlin empfängt niemanden mehr

er wandert im turm
zwischen seinen zeiten
liebt öffentlich
und betet heimlich zu seinen göttern
bis er seinen namen vergisst
doch er behält seine fliessenden vaterländer
und seine sprache
sie drängt nach wiederkehr
später
in einem anderen land vielleicht
empfängt scardanelli besucher

Auch SAID «empfängt niemanden mehr», aber sein transzendentes Alter Ego empfängt jetzt Besucher «in einem anderen land vielleicht»… Wir können es nicht wissen. Doch im Januar des laufenden Jahres traf ein handsigniertes Gedichtblatt aus München ein, mit diesem kleinen Notizblatt anbei – typisch SAID, mit Stil und von Herzen; ich hätte nicht gedacht, dass dies das letzte Zeichen von SAID mir gegenüber sein sollte:

Bücher von SAID (alle im C.H.Beck Verlag München):
Der lange Arm der Mullahs – Notizen aus dem Exil. 1993
Sei Nacht zu mir – Liebesgedichte. 1998
Dieses Tier, das es nicht gibt – Ein Bestiarium. 1999
Landschaften einer fernen Mutter. 2001
In Deutschland leben – Ein Gespräch mit Wieland Freund. 2004
Ich und der Islam. 2005
Psalmen (mit einem Nachwort von Hans Maier). 2007
Der Engel und die Taube – Erzählungen. 2008
Das Niemandsland ist unseres – West-östliche Betrachtungen.  2010

Weitere zitierte Literatur:
Axel Monte & Florian Vetsch (Hrsg.): Rude Look Oriental Nr. 1. Heinz Wohlers Verlag. Harrlach 2004
Alexandra Stäheli & Florian Vetsch (Hrsg.): Warenmuster, blühend / Sammlung zeitgenössischer Poesie. Verlag Im Waldgut. Frauenfeld 2000
Michelle Steinbeck & Florian Vetsch (Konzept & Redaktion): Hadayatullah Hübsch – in Memory of. Fabrikzeitung Nr. 364. Zürich, Dezember 2020, Beitrag von SAID hier.

Ende 2020 erreichte Saiten ein Text von SAID per Mail, mit dem Angebot einer Publikation: blick aus dem fenster, eine coronagefärbte poetische Kurzgeschichte. Sie ist abgedruckt im Februarheft.

 

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