, 28. April 2015
keine Kommentare

Oberrieter Punk-Export für Kuba

Die Rheintaler Punkband Nofnog geht auf Tour durch Kuba. Das sozialistische Land tut sich aber auch schwer mit Punkrock: Allzu kritische Musiker sind staatlicher Repression ausgesetzt.

Die Rheintaler Band NOFNOG auf der Bühne: Fun-Punk mit Anspruch. (Bild: zvg)

«Eigentlich sind in Kuba alle Menschen irgendwie Punks. Im Alltag sind sie ständig am improvisieren und schustern sich Dinge zusammen», sagt Marc, Gitarrist der Zürcher Punkband Überyou. Die Band tourte im Herbst 2013 durch Kuba. Und reiste mit leichtem Gepäck wieder heim: «Wir haben Sachen wie Schlagzeug-Cymbals, Drumsticks und Gitarrensaiten dort gelassen. Ganz einfach, weil dieses Material für die Musiker in Kuba kaum zu beschaffen oder zu bezahlen ist. Die Bands spielen oft mit Equipment, das bei uns längst auf dem Schrott liegen würde.»

Von den so geknüpften Beziehungen zur kubanischen Musikszene können nun auch die mit Überyou befreundten Oberrieter Punkrocker Nofnog (No Fight No Glory) profitieren: Sie reisen diesen Donnerstag nach Kuba, wo sie acht Konzerte spielen. «Wir sind extrem gespannt, was uns erwartet», sagt Nofnog-Schlagzeuger und Sänger Jérôme Lüchinger. Zwar sind Nofnog schon durch die USA und Kanada getourt, «doch vergleichbar wird unsere Kuba-Reise wohl kaum», sagt Lüchinger.

Von den Überyou-Kollegen wisse er, dass Punkrock in Kuba kaum bekannt sei – und das Interesse dementsprechend gross, wenn doch mal eine Punkband auftritt. Zu Beginn der Tour spielen Nofnog während fünf Tagen täglich ein Konzert am Kulturfestival «Romerias de Mayo» in Holguin, einer Grossstadt im Osten von Kuba. Darauf folgen Konzerte in der Hauptstadt Havanna sowie in Santa Clara.

Kritiker verhaftet

Dass Bands aus dem Ausland aufspielen, hat in der kubanischen Punkrockszene mittlerweile Tradition: Das Plattenlabel Brutal Beatdown Records organisiert seit 2011 jährlich eine Tour mit Bands aus Ländern wie Frankreich, England, Italien, den USA oder eben der Schweiz. Auch kubanische Acts treten dort auf.

Allerdings ist die heimische Punkrockszene klein und beschränkt sich auf wenige Städte, zwischen denen es wenig Austausch gibt: Mobilität ist in Kuba für Einheimische teuer und aufwändig, Internetzugang nur spärlich vorhanden. Bezeichnend ist auch, dass das erwähnte Platten- und Konzertlabel von einem Exilfranzosen in Havanna geführt wird.

Auch musikalischer Input von aussen ist schwer zu bekommen: «Dinge wie aktuelle Platten oder T-Shirts haben sich die Punks, die wir kennenlernten, irgendwie über Kontakte im Ausland beschafft», sagt Marc. Dass die Szene derart klein sei, sei aber wohl auch ein Vorteil: «Sie geht so kaum Gefahr, dass Missfallen der Regierung zu erregen.»

Was allerdings passiert, wenn regierungskritische Punkrocker zu populär werden, musste Gorki Águila erfahren: Mit seiner Band «Porno para Ricardo» schreibt er schrammlige Punkrocksongs mit Titeln wie Como Joder a un Comunista (deutsch etwa: Wie man einen Kommunisten fickt). Águila rückte nach grösseren musikalischen Erfolgen ins Visier der kubanischen Justiz: Er wurde mehrfach wegen regierungskritischen Äusserungen verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.

 

Punkrocker im SVP-Land
Die Oberrieter Punkrocker Nofnog beschränken sich auf Kritik an hiesigen Verhältnissen: «Wir kommen aus Oberriet, einer Gegend, in der die SVP stark und sichtbar ist. Das macht uns zu Aussenseitern, doch wir lassen uns das Maul nicht verbieten», sagt Lüchinger. Die englischen Texte der Band seien etwa von Themen wie Antirassismus und Widerstand gegen ebendiese SVP-Tendenzen geprägt.
Auf ihrer Kuba-Reise werden Nofnog die Solidarität von Überyou weiterleben lassen: Im Gepäck haben sie wieder jenstes Material für befreundete Musiker in Santa Clara – gefragt seien vor allem Cymbals und Crashes fürs Schlagzeug. Ausserdem ein paar Dutzend Band-Shirts und CDs, die sie gratis verteilen wollen. Und wenn Nofnog am 15. Mai wieder in der Schweiz landen, werden sie gar nicht erst ins Rheintal zurückfahren: Am gleichen Abend steht ein Willkommenskonzert in Zürich an, unter anderem mit den St.Gallern i.explode.i.

Titelbild: Nofnog auf der Bühne. (Bild: zvg)

Welcome-Back-Konzert am Freitag, 15. Mai, im Kinski Zürich mit i.explode.i, Your All Time Favorites, Jerry & The Final Thoughts.

www.nofnog.ch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Impressum

Herausgeber:

 

Verein Saiten
Gutenbergstrasse 2
Postfach 2246
9001 St. Gallen

 

Telefon: +41 71 222 30 66

 

Hindernisfreier Zugang via St.Leonhardstrasse 40

 

Der Verein Saiten ist Mitglied des Verbands Medien mit Zukunft.

Redaktion

Corinne Riedener, David Gadze, Roman Hertler

redaktion@saiten.ch

 

Verlag/Anzeigen

Marc Jenny, Philip Stuber

verlag@saiten.ch

 

Anzeigentarife

siehe Mediadaten

 

Sekretariat

Isabella Zotti

sekretariat@saiten.ch

 

Kalender

Michael Felix Grieder

kalender@saiten.ch

 

Gestaltung

Data-Orbit (Nayla Baumgartner, Fabio Menet, Louis Vaucher),
Michel Egger
grafik@saiten.ch

 

Saiten unterstützen

 

Saiten steht seit über 25 Jahren für kritischen und unabhängigen Journalismus – unterstütze uns dabei.

 

Spenden auf das Postkonto IBAN:

CH87 0900 0000 9016 8856 1

 

Herzlichen Dank!