, 29. Juni 2012
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Openair St.Gallen # 1: Are you tired?

Passend zum gestrigen Auftakt der 36. Ausgabe des Openair St.Gallen: Hier der Auftakt unserer Berichterstattung in entsprechender Sache. Die erste Nacht ist gleich vorbei, es ist  kurz vor fünf Uhr. Als Feind des Massen-Zeltens habe ich es über nasse Strassen eines noch schlafenden St.Gallens  in die trockene Wohnung geschafft. Über und um den Bodensee herum […]

Passend zum gestrigen Auftakt der 36. Ausgabe des Openair St.Gallen: Hier der Auftakt unserer Berichterstattung in entsprechender Sache.

Die erste Nacht ist gleich vorbei, es ist  kurz vor fünf Uhr. Als Feind des Massen-Zeltens habe ich es über nasse Strassen eines noch schlafenden St.Gallens  in die trockene Wohnung geschafft. Über und um den Bodensee herum reissen Blitze herab, der Donner rollt. Ich frage mich, was das mit der vergangenen Nacht zu tun hat und merke: Leider nicht sehr viel.

Mit grossen Erwartungen stand man da, so um Mitternacht bei der Sternenbühne. Buraka Som Sistema standen auf dem Programm. Der Bereich vor der Bühne füllte sich recht gut, es war das letzte Konzert an diesem ersten Tag. Und wenns schon etwas gibt, will man das auch sehen. Die Gruppe aus Lissabon sollte «den Leuten etwas bieten» – das wussten sie – das merkte man.

2008 kam ihr erstes Album «Black Diamond» heraus und wurde von der Presse zurecht mit lauten Tönen gelobt. Der Truppe gelang es damals, eine Platte zu schreiben, die den Hörern westlicher Musik den aus Angola stammenden und in den Ghettos von Lissabon oft gespielten und getanzten «Kuduro» näher brachte, gleichzeitig aber auch das Übel der angolischen Gesellschaft – die Armut auf der einen Seite, die blutrünstige Diamant-Dealerei auf der anderen – thematisierte.

Auf «Black Diamond» gab es reichlich Politik, man konnte aber auch reichlich dazu tanzen. Die Video-Clips von Buraka Som Sistema zeigen wie das geht. «Kuduro» heisst übersetzt «harter Arsch»: Schnelle Dancehall-Takte jagen die immerzu repetierenden und messerscharfen Sprechgesang-Zeilen voran.

Das alles funktionierte auf der Sternenbühne aber irgendwie nicht so ganz, wie man es gerne gehabt hätte. Die sechsköpfige Truppe aus Portugal und ursprünglich Angola spielte neben dem Hit «Kalemba (Wegue Wegue)» eher weniger vom entsprechenden Album und dafür mehr vom aktuellen mit dem Titel «Komba». Die Tracks kamen, obschon die Band ja dafür bekannt ist, traditionelle Elemente für den Westen «tauglich» zu polieren, relativ flach und etwas abgeschliffen daher.

Zu stark wohl die Ambition, die Musik aus den dreckigen Slums für den Westen mitsamt seinen Label-Teppichetagen aufzupolieren. Wo war der Bass? Wo waren die Hooklines? Was soll diese gepitchte Stimme? Ist der Tontechniker schuld – oder vielleicht doch eher das iPad, welches auf der Bühne sichtlich stolz und immer wieder dem Publikum als kabelloser Sampler präsentiert wird? Das ist leider nicht die Blechhüttendisco-Stimmung, die man sich von Buraka wünscht.

In den Reihen wurde recht kritisiert, doch die schärfste Kritik kam unbewusst wohl direkt von der Band, die immer wieder fragen musste: «Are you tired? Are you tired?». Da half auch der Wodka nicht weiter, der schliesslich von Rui Pité alias DJ Riot den Leuten in der ersten Reihe in die Mäuler geleert wurde. Gut, klar: Die Masse bewegte sich natürlich schon, wenn auch bloss auf Standgas. Nur knistern wollte es nicht, und die Blitze blieben bis auf einige Einsätze des Stroboskops komplett aus.

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