, 19. Juni 2017
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Parkhauspläne begraben – wird das «Union» die neue Bibliothek?

Die CityParking zieht ihren Rekurs zurück und beerdigt das Projekt Parkgarage Schibenertor. Nun soll das «Union»-Gebäude am Oberen Graben zum neuen Bibliotheksstandort umgebaut werden.

Das «Union» vom Blumenberg gesehen. (Bilder: Corinne Riedener)

Paukenschlag am Montagvormittag. Zuerst die Mitteilung, das «Union»-Gebäude am Rande des St.Galler Marktplatzes könnte zum definitiven Standort der fusionierten Kantons- und Stadtbibliothek werden. Diese ist seit zwei Jahren provisorisch in der Hauptpost untergebracht. Von diesem Umzug war schon mehrmals die Rede, ganz so überraschend war die «News» noch nicht.

Doch zehn Minuten später liess die Medienstelle der Helvetia Versicherungen die «Bombe» platzen: Das Parkhausprojekt Schibenertor unter dem «Union»-Gebäude werde beerdigt. Zwar hatte man auch dazu schon länger munkeln gehört, die Versicherung habe als Liegenschaftsbesitzerin kein Interesse mehr an den umstrittenen Parkgarage. Doch der Verwaltungsratspräsident der City Parking AG, Elmar Jud, wolle dieses Parkhaus unbedingt. Nun liess ihn die Hausbesitzerin im Regen stehen. Und es waren die Helvetia Versicherungen und nicht die City Parking, die den «Tod» des Projekts bekannt gaben.

Die Helvetia – so stehts im Communique – hätte zwar «erwartet», dass der Kanton den Entscheid der städtischen Baubewilligungsbehörde korrigiert hätte. Diese hatte die Baubewilligung verweigert. Allerdings hätte auch eine solche Korrektur «zu einer weiteren massiven Verzögerung des Baubewilligungsverfahrens» geführt. Die Investoren seien deshalb zum Schluss gekommen, dass die wirtschaftliche Tragbarkeit des Parkhausprojektes und die notwendige breite Akzeptanz der Öffentlichkeit nicht mehr gegeben seien.

Das «Union» vom Marktplatz her.

Die Opponenten gegen die Garage – federführend war der Heimatschutz zusammen mit dem VCS und dem WWF – sind froh, dass die Pläne nun vom Tisch sind. Es sei immer klar gewesen, dass hier an der Bevölkerung vorbeigeplant wurde und die Garage auf keine Akzeptanz stosse. Das Projekt zu stoppen, sei nicht mehr als vernünftig, so der Heimatschutz.

Das «Union» bleibt stehen

Auch ohne Parkgarage wird das «Union»-Gebäude in den nächsten Jahren voraussichtlich zur Baustelle werden. Das Gebäude – ein in St.Gallen seltener Zeuge der 1950er-Jahre und geplant vom bekannten Architekten Ernest Brantschen – muss laut Helvetia Versicherungen saniert werden. Im Zuge dieser Arbeiten liesse es sich zum definitiven Standort der Bibliothek umbauen, die heute in der Hauptpost provisorisch untergebracht ist. Die Post will der Kanton später für andere Zwecke nutzen, unter anderem als Schulräume. Kanton und Stadt sind aber gesetzlich dazu verpflichtet, ihren Parlamenten bis 2019 eine Vorlage für eine definitive gemeinsame Bibliothek zu unterbreiten.

«Helvetia Versicherungen, Kanton und Stadt klären in den nächsten Monaten die «Union»-Nutzung ab», so Kantonsbaumeister Werner Binotto. Klar sei, dass der Bau statisch verstärkt werden müsse. Aber es gebe in der Stadt kein bestehendes Gebäude, das das Gewicht der vielen Bücher ohne Verstärkung tragen könne. Beim «Union»-Gebäude sei das sicher machbar, wie und zu welchem Preis werden die bevorstehenden Abklärungen zeigen. Vom Grundriss, der Gebäudetiefe und von den Raumhöhen her sei das «Union» grundsätzlich als Bibliothek geeignet.

Klar wird mit diesen Abklärungen auch: Das «Union»-Gebäude soll stehen bleiben. Die Abbruch- und Neubaupläne, die im Frühling kurz durch die Presse geisterten, seien keine Option, so Kantonsbaumeister Werner Binotto: «Denkmalpflege und Heimatschutz würden Sturm laufen.» Und wer schon einmal die freistehende geschwungene Treppe gesehen oder benutzt hat, weiss wieso. Dieses Treppenhaus ist auch ein Kunstort. Roman Signer hat darin zuoberst ein Kanu an die Decke gehängt. Daraus tropft Wasser durch alle Stockwerke hinunter in die Wasserfläche im Eingangsbereich – hingehen! anschauen!

Kunstort «Union»: Im vierten Stock hängt Signers Kanu.

Die Gefahr einer Verschandelung oder Zerstörung des Zeitzeugen «Union» ist auch nicht zu befürchten, weil die Helvetia Versicherungen das Gebäude auch als Bibliotheksstandort in ihrem Liegenschaftenportefeuille behalten wollen. Die Versicherungsgesellschaft hat sich seit einigen Jahren guter Architektur verschrieben. Auf dem Rosenberg baut sie gerade wieder mit dem bekannten Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron in einer weiteren Etappe den Hauptsitz aus. Dass sie ihren ehemaligen, prunkvollen Sitz an der Vadianstrasse – dort wo heute die Kantonalbank steht – in den späten 1970er-Jahren opferte, ist schon fast vergessen.

Den neuen Uni-Standort berücksichtigen

Das «Union»-Gebäude ist Favorit, aber nicht der einzige Standort, der für die Bibliothek geprüft wird. Auch das Areal Bahnhof-Nord wäre eine Möglichkeit, so Kantonsbaumeister Werner Binotto. Doch mit Blick auf den Neubau der Universität am Platztor und der Tatsache, dass viele Studierende in der Bibliothek arbeiten, liege das «Union» besser. Wenn die neue Uni in Betrieb geht, ergeben sich nämlich neue Fussgängerströme rund um Marktplatz und Bohl. Und generell stelle sich die Frage, wie man ein grosses Volumen ohne Parkgarage sinnvoll nutzen könne – auch diese Überlegungen würden für den Bibliotheksstandort «Union» sprechen.

3 Kommentare zu Parkhauspläne begraben – wird das «Union» die neue Bibliothek?

  • Philip sagt:

    Aha. Dann geht die Schule für Gestaltung in die Hauptpost? Wär ja noch besser als das Zeughaus.

  • Marcel Baur sagt:

    Ein wenig Brisanz steckt im letzten Abschnitt. Es ist nicht das erste Mal, dass Herr Binotto den Bahnhof Nord ins Spiel bringt. Während der Testplanung hat der Kanton beharrlich geschwiegen um jetzt im Nachhinein das Gebiet als universelles Heilmittel für städteplanerisches Versagen zu präsentieren

  • René Hornung sagt:

    Da liegt Marcel Baur falsch: Während der Diskussionen um das Areal Bahnhof Nord hat Kantonsbaumeister Werner Binotto nicht geschwiegen. Die Wünsche des Kantons ans Gebiet waren dem Beurteilungsgremium bekannt.
    Und wenn die Stadtplanung in Marcel Baurs Augen versagt hat, dann ist das ein Vorwurf an die Stadt. Der Kanton ist im Bahnhof Nord zwar Besitzer von Grundstücken, aber die Planung ist eine Aufgabe der Stadt.

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