, 30. September 2021
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Per aspera ad ASTRA

Saitenkolumnist Jan Rutishauser fragt sich, ob das Bundesamt für Strassen seine Zielgruppe wirklich kennt. Und ist froh, dass der Kanton St.Gallen kein Pixie-Heft zur Coronastrategie herausgegeben hat. Sein Beitrag aus dem Septemberheft.

Diesen Sommer haben wir St.Galler:innen Post gekriegt. Absender leider… bekannt. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) ist verantwortlich dafür, dass mehr als 54’000 örtliche Briefkästen mit nützlichen Informationen zur Sanierung unserer Stadtautobahn befüllt worden sind.

Und mit einem Pixie-Heft. Einem Comicbüchlein, in dem ein Buntspecht namens Fredi Vogl uns auf 24 Seiten aufzeigt, dass die anstehende Generalüberholung notwendig ist.

Nur frage ich mich: Warum?! Das Erklären der Erneuerung einer Strasse ist doch völlig überflüssig. Gerade die Benutzer:innen einer Autobahn kennen sich doch sowieso schon mit Überholen aus. Warum also muss das mit Kosten von ca. 56’000 Franken durch ein Format für Kinder erklärt werden? Wie viele Kinder fahren Auto? Keine!

Und selbst wenn man das Heftchen bloss als kleines Geschenk betrachtet und den Kindern abends vorliest, hat es das Ziel verfehlt. Denn es wird darin beschrieben, wie die Autobahngalerie «bröckelt». Was bei mir persönlich kein Vertrauen erweckt. Und bei einem Kind wahrscheinlich noch weniger:

«Sohn, weisch was bald zämäbreche chönt? D’Autobahndecki ufem Arbetsweg vom Papi. Und jetzt schlof guet!»

Zielgruppengerechte Kommunikation sieht anders aus. Oder vielleicht doch nicht?

Ist das ASTRA so zynisch und sieht darin die Möglichkeit, sich dem Niveau eines Durchschnittsautofahrers anzupassen?

Aber falls dem so ist, warum hat das Pixiebuch dann Text?

(Saiten lesende Autofahrer:innen natürlich ausgeschlossen. Und die anderen Autofahrer:innen darf ich auf den Arm nehmen, ich bin selbst einer. Steht auf meinen Führerschein. Sagt jedenfalls meine Mutter. Sie hat ihn mir vorgelesen.)

Jan Rutishauser, 1987, ist Kabarettist, Kolumnist und Koach für Rechtschreibung und Comedy Writing. (Illustration: Lukas Schneeberger)

Im Ernst: Ein Pixiebuch mit Fredi Vogl ist als Informationsvermittler zu einem Thema wie Autobahnsanierung genauso geeignet, wie Werbung fürs Augenlasern mit dem kleinen Prinzen und seinem Spruch: «Man sieht nur mit dem Herzen gut.» Es passt einfach nicht.

Doch ich will mich nicht nur beschweren. Gerne gebe ich auch konstruktive Kritik und zwar: Einfach nicht nochmals machen.

Immerhin gab es kein Pixie-Heftchen zur Erklärung der St.Galler Coronastrategie. Ich will mir kein 24 Seiten starkes Bilderbuch anschauen müssen, in dem auf jeder Seite Susi Strauss den Kopf in den Sand steckt.

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