, 28. Oktober 2016
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Saiten im November: Ich bin nicht die Retterin der Menschen.

Ein Heft über Ideale und politische Realität in der Sozialarbeit. Ausserdem: Die Wandlung des Neonazis. Die Natur im Museum. Der Knast im Tobel.

Meryem Oezdirek, fotografiert von Ladina Bischof

Gibt es irgendeinen Bereich der Sozialen Arbeit, der nicht in direktem Zusammenhang zur Politik steht? Asylwesen, Sozialversicherungen, Integration, Kinder- und Erwachsenenschutz – alles Themenfelder, auf deren Entwicklung die Politik massiv Einfluss hat.

Das neue Sozialhilfegesetz des Kantons St.Gallen beispielsweise sieht vor, die Mutterschaftsbetreuungsbeiträge aufzuheben. Weiter verlangt es, dass Arbeitssuchende aus EU- und EFTA-Staaten oder Personen mit Aus- und Wegweisungsentscheiden künftig von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden und nur noch Nothilfe beantragen können. Solche Entscheidungen haben direkte Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit und die Menschen, für die sie Unterstützung bieten müsste. Gemäss ihrer Definition müsste die Soziale Arbeit auf Integration achten, doch solche politischen Entscheide erschweren jegliche Integration.

Als wäre das nicht schon genug, wird von rechter und bürgerlicher Seite auch noch allzu gern auf den Leuten herumgehackt: auf den Betroffenen, weil sie angeblich «scheininvalid», «Sozialschmarotzer» oder «Asyltouristen» sind und auf den Fachleuten, weil sie «Gutmenschen», «Sozis» oder womöglich sogar «Sozialmafiosi» sind. In der politischen Diskussion werden letztere – anders als die Fachleute anderer Branchen – viel zu selten ernstgenommen. Das mag verschiedene Gründe haben. Einer davon könnte sein, dass Soziale Arbeit niemals profitorientiert ist, zumindest nicht im monetären Sinn. Das ist unpopulär in unserer ökonomisch dominierten Welt voller Benchmarks, Returns on Investments und Standortfaktoren.

Beim Fachbereich Soziale Arbeit der Fachhochschule St.Gallen sieht man das ähnlich: «In unserer individualisierten und leistungsorientierten Gesellschaft stehen Soziale Arbeit und Politik in einem engen Wechselverhältnis zueinander – sprechen aber oft nicht die gleiche Sprache», heisst es im Programm der diesjährigen Bodenseetagung, die am 17. November stattfindet, unter dem Motto «Soziale Arbeit macht Politik». Oder macht Politik Soziale Arbeit (erst nötig)? Dieses Spannungsfeld gab den Anstoss für dieses Kooperationsheft zwischen Saiten und dem FHS-Fachbereich Soziale Arbeit.

Claudio Bucher portraitiert vier Studierende der Sozialen Arbeit und fragt sie nach ihren Haltungen, Lukas Feierabend gibt Auskunft über seine Arbeit als Leiter der Sozialen Dienste in Arbon, Roman Rutz beschreibt die Ziele der Kritischen Sozialen Arbeit, Stadtratskandidatin Maria Pappa erklärt, warum der Berufsverband AvenirSocial sich sozialpolitisch positionieren muss,Thomas Knill erläutert das neue St.Galler Sozialhilfegesetz und Walter Grob nimmt Stellung zum Kesb-Hick-Hack in der Grossregion Rapperswil. Die Bilder zum Titelthema hat Ladina Bischof gemacht.

Ausserdem im Heft: Sechs Seiten zum neuen St.Galler Naturmuseum, drei zur wundersamen Verwandlung einen Neonazis. Und Toggenburg auf allen Kanälen.

Corinne Riedener

 

Der Inhalt:

 

Positionen/Reaktionen

Blickwinkel von Jiří Makovec
Stadtpunkt von Dani Fels
Einspruch von Hans Stutz
Redeplatz mit Kati Michalk
Jubilate!
Gastrecht II: Herwig Bauer gratuliert dem Palace

 

Soziale Arbeit und Politik

«Eine Art Feuerwehr»
Lukas Feierabend, Chef der Sozialen Dienste in Arbon, im Interview über Soziale Arbeit, populistische Anfeindungen und «renitente» Klienten.
von Corinne Riedener

Sozialarbeit studieren – vier Porträts
Gespräche mit den FHS-Studierenden Sofian Yousfi, Meryem Oezdirek, Susanne Su und Lars Girardet.
von Claudio Bucher

Nieder mit abstrakten Bedürfnistabellen!
Ein Plädoyer für kritische Soziale Arbeit.
von Roman Rutz

«Hug schafft ein Klima der Angst»
Kesb-Bashing und die Folgen: Ein Gespräch mit Walter Grob, Präsident der Kesb Linth.
von Frédéric Zwicker

Harte «Hängematte»
Weniger Leistungen, mehr Gemeindesolidarität: Das neue St.Galler Sozialhilfegesetz.
von Thomas Knill

Die politische Verpflichtung
In der Sozialen Arbeit geht es um Individuen – aber auch um die Gesellschaft.
von Maria Pappa

Die Porträts zum Titelthema fotografierte Ladina Bischof.

 

Perspektiven

Flaschenpost von Neil Nein aus Hamburg
Vorarlberg
Thurgau
Schaffhausen
Rapperswil-Jona
Stimmrecht von Yonas Gebrehiwet

#Saitenfährtein: Toggenburg

Schwulsein in Ebnat-Kappel, rocken in Kirchberg.
von Corinne Riedener und Frédéric Zwicker

Report

Der Redemption-Song des Ex-Neonazis.
Ein Bericht über Charly.
von Frédéric Zwicker

 

Kultur

Konferenz der Tiere
Vor der Eröffnung des neuen St.Galler Naturmuseums: Gespräche mit dem Gestalter und dem Direktor und ein Blick zurück auf das museale Sammeln.
von Peter Surber, Peter Müller und Daniel Ammann (Bilder)

Lachen, Lust und List: 40 Jahre Punk in St.Gallen
von Pius Frey

Bartleby, Barnebooth, Bartlebooth in der Kellerbühne
von Peter Surber

Gertrud, Elvis, Paul und Paula im Figurentheater
von Seraina Manser

Appenzellerland im Kopf
Die Anthologie Ich wäre überall und nirgends
von Wolfgang Steiger

Mächtig geheim
Die Okkultisten von Stein AR
von Richard Butz

Dada ist 100 in Frauenfeld.
von Florian Vetsch

Der Film zur Sterbehilfe von Thomas Lüchinger.
von Frédéric Zwicker

Rex, Roxy, Royal: Der Schweizer Kinoreiseführer.
von Katharina Flieger

 

Abgesang

Kehl buchstabiert die Ostschweiz
Kellers Geschichten
Charles Pfahlbauer jr.
Boulevard

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