St.Galler Kantonsrat gefährdet digitalen Veranstaltungskalender Minasa

Me­di­en­mit­tei­lung – St.Gal­len, 4. De­zem­ber 2026

Seit über vier Jah­ren ent­wi­ckeln und be­trei­ben Sai­ten und Thur­gau­kul­tur ge­mein­sam mit ver­schie­de­nen öf­fent­li­chen und pri­va­ten Part­nern die gröss­te Ost­schwei­zer Ver­an­stal­tungs­ka­len­der­platt­form Mi­na­sa, ein An­ge­bot, das der Be­völ­ke­rung und den Ver­an­stal­ter:in­nen gra­tis zur Ver­fü­gung steht und letz­te­ren un­kom­pli­ziert ei­ne gros­se Reich­wei­te er­mög­licht. Nun hat der Kan­tons­rat in ei­ner Hau­ruck­übung Mit­tel aus dem Lot­te­rie­fonds ge­kippt, die für das Pro­jekt ent­schei­dend sind.

In ei­nem kurz­fris­tig ein­ge­reich­ten An­trag hat die SVP-Frak­ti­on im St.Gal­ler Kan­tons­rat die Strei­chung des Pro­jekt­bei­trags an die Mi­na­sa-Ka­len­der­platt­form (mehr da­zu in der In­fo­box am Schluss des Do­ku­ments) ge­for­dert. Der An­trag ist auf­grund sei­ner Kurz­fris­tig­keit de­mo­kra­tie­po­li­tisch äus­serst frag­wür­dig, es konn­te sich nie­mand auf ei­ne fun­dier­te De­bat­te vor­be­rei­ten. Trotz­dem ist der Kan­tons­rat dem schwach be­grün­de­ten und mit Falsch­aus­sa­gen ge­spick­ten An­sin­nen mit 59 zu 55 Stim­men ge­folgt. Da­mit hat er 195'000 Fran­ken, die den Be­trieb und die Wei­ter­ent­wick­lung des kan­tons­über­grei­fen­den Di­gi­ta­li­sie­rungs­pro­jekts für die kom­men­den drei Jah­re ge­si­chert hät­ten, aus der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft ge­kippt – vor­der­hand mit un­ab­seh­ba­ren Kon­se­quen­zen.

Si­cher ist, dass hier ein in­no­va­ti­ves, na­tio­nal aus­strah­len­des und für Be­völ­ke­rung und Ver­an­stal­ter:in­nen kos­ten­lo­ses An­ge­bot oh­ne Not tor­pe­diert wird. Oh­ne Not auch des­halb, weil es sich bei den Lot­te­rie­fonds­gel­dern nicht um «öf­fent­li­che Mit­tel» – al­so Steu­er­gel­der – han­delt, son­dern eben um Gel­der aus dem Lot­te­rie­fonds.

Der Kan­tons­rat hat sei­nen Strei­chungs­ent­scheid auf ei­ner mehr als wack­li­gen Ar­gu­men­ta­ti­ons­ba­sis ge­fällt. Hier die fünf unfun­dier­ten Kern­aus­sa­gen aus dem Vo­tum zum Strei­chungs­an­trag von Ivan Lou­is im Na­men der SVP-Frak­ti­on im Fak­ten­check:
 

  1. «Es er­scheint mir per­sön­lich un­glaub­wür­dig, dass ein Pro­jekt die­ser Grös­sen­ord­nung und die­ser Kom­ple­xi­tät so vie­le Mit­tel be­nö­tigt.»
    Rich­tig ist: Wel­che Mit­tel ein Pro­jekt be­nö­tigt, ist kei­ne per­sön­li­che Glau­bens­fra­ge. Mit Mi­na­sa kön­nen Event­da­ten ge­sam­melt, ver­edelt und wei­ter­ver­brei­tet wer­den. Ver­an­stal­ter:in­nen pro­fi­tie­ren von ei­ner gros­sen Reich­wei­te und Auf­find­bar­keit auf ver­schie­dens­ten Platt­for­men. Das Kon­zept von Mi­na­sa ist ein wich­ti­ger Be­stand­teil der Ver­mitt­lung des kul­tu­rel­len Schaf­fens in der gan­zen Ost­schweiz. In Mi­na­sa steckt lang­jäh­ri­ge, sehr spe­zia­li­sier­te Ex­per­ti­se. Die Kom­ple­xi­tät ei­nes di­gi­ta­len Ver­an­stal­tungs­ka­len­ders wird oft un­ter­schätzt. In der Pro­jekt­ein­ga­be wur­de die­se des­halb aus­führ­lich ver­mit­telt und die Kos­ten wur­den rea­lis­tisch und trans­pa­rent dar­ge­legt. Mi­na­sa wur­de in ver­schie­de­nen Me­di­en­be­rich­ten und an Ver­an­stal­tun­gen be­reits aus­führ­lich vor­ge­stellt, bei Fra­gen zum Pro­jekt und den Kos­ten steht Sai­ten als Be­trei­ber von Mi­na­sa je­der­zeit zur Ver­fü­gung. 
     
  2. «Mi­na­sa be­fin­det sich in ei­nem di­rek­ten Wett­be­werb mit pri­va­ten Markt­teil­neh­mern. Ei­ne wei­te­re Markt­ver­zer­rung durch öf­fent­li­che Mit­tel (…) ist nicht an­ge­zeigt.»
    Rich­tig ist: Es gibt kei­nen funk­tio­nie­ren­den Markt für Ver­an­stal­tungs­da­ten. Ei­ne zeit­ge­mäs­se Ka­len­der­da­ten­bank, wel­che die Be­dürf­nis­se von Nut­zer:in­nen und Ver­an­stal­ten­den ins Zen­trum stellt (u.a. Ab­de­ckung von Gross- bis Ni­schen­events, brei­te Streu­ung der Da­ten), lässt sich nicht kom­mer­zi­ell be­trei­ben. Das hat sich et­wa am Bei­spiel des «Zü­ri­tipp» ge­zeigt, der En­de 2024 ein­ge­stellt wur­de. Be­stehen­de An­ge­bo­te er­fül­len die An­for­de­run­gen der vom Kan­tons­rat ab­ge­seg­ne­ten Kul­tur­för­der­stra­te­gie bei Wei­tem nicht und es hat sich längst ein kon­struk­ti­ves Mit­ein­an­der der ver­schie­de­nen Markt­teil­neh­mer:in­nen ein­ge­pen­delt, was sich bei­spiels­wei­se durch den ak­tu­ell prak­ti­zier­ten ge­gen­sei­ti­gen Da­ten­aus­tausch zeigt.
     
  3. «Ich ver­mu­te auf­grund der ho­hen Pro­jekt­mit­tel, dass es zu ei­ner ge­wis­sen Quer­fi­nan­zie­rung des Me­di­ums Sai­ten kommt.»
    Rich­tig ist: Ver­mu­tun­gen sind kei­ne Ent­schei­dungs­grund­la­ge. Das Ma­ga­zin Sai­ten ist seit über 30 Jah­ren ein un­ab­hän­gi­ges, selbst­tra­gen­des KMU und als Me­di­um aus­schliess­lich durch Abo­bei­trä­ge und In­se­ra­te­ein­nah­men fi­nan­ziert. Mi­na­sa fi­nan­ziert sich über ein vom Ma­ga­zin ge­son­der­tes Bud­get, da fliesst kei­ne ver­steck­te Me­di­en­för­de­rung durch ir­gend­wel­che Hin­ter­tür­chen in den Be­trieb des Kul­tur­ma­ga­zins. Sai­ten hat in den letz­ten 30 Jah­ren den gröss­ten und wich­tigs­ten Ver­an­stal­tungs­ka­len­der der Ost­schweiz auf­ge­baut und fi­nan­ziert. Um der zu­neh­men­den Kom­ple­xi­tät in der Di­gi­ta­li­sie­rung des Ka­len­ders Rech­nung zu tra­gen, hat Sai­ten ge­mein­sam mit Thur­gau­kul­tur die­sen di­gi­ta­len Ser­vice pu­blic ent­wi­ckelt und in Be­trieb ge­nom­men. Den Ka­len­der in der Print­aus­ga­be des Ma­ga­zins fi­nan­ziert Sai­ten nach wie vor sel­ber. Die Un­ab­hän­gig­keit der bei­den Bud­gets von Sai­ten und Mi­na­sa ist im Ge­suchs­dos­sier nach­voll­zieh­bar und trans­pa­rent dar­ge­stellt.
     
  4. «Das Pro­jekt plant ge­mäss der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft 2023 den Ein­be­zug ei­ner Ti­cke­ting­platt­form. In die­sem Be­reich herrscht in­ten­sivs­ter Wett­be­werb. In die­sem Be­reich hat der Staat nichts ver­lo­ren.»
    Rich­tig ist: Von un­se­rer Sei­te ist und war im Mi­na­sa-Pro­jekt nie der Auf­bau ei­nes Ti­cke­ting­sys­tems vor­ge­se­hen. In der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft 2023 schreibt der Kan­ton, dass er «die För­de­rung ei­nes Ost­schwei­zer Kul­tur­ka­len­ders un­ter Ein­be­zug be­stehen­der An­ge­bo­te und ein­schliess­lich ei­nes kul­tur­freund­li­chen Ti­cke­ting­sys­tems» als ein «kon­kre­tes Hand­lungs­feld» in der Kul­tur­för­der­stra­te­gie 2020 bis 2027 er­ach­tet. Ein sol­ches Ti­cke­ting­sys­tem ist und war un­se­rer­seits aber nie Teil des Bei­trags­ge­suchs 2023 und eben­so we­nig des nun vom Kan­tons­rat ab­ge­lehn­ten Ge­suchs 2025.
     
  5. «Ein sol­ches Pro­jekt soll­te spä­tes­tens nach die­ser Start­pha­se selbst­tra­gend be­trie­ben wer­den kön­nen, wie es auch in der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft 2023 an­ge­kün­digt war.»
    Rich­tig ist: Dass es kei­nen funk­tio­nie­ren­den Markt für Ver­an­stal­tungs­da­ten gibt, ha­ben wir oben dar­ge­legt (Punkt 2). In der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft war denn auch nie an­ge­kün­digt, dass Mi­na­sa einst «selbst­tra­gend» sein wür­de. Wört­lich steht in der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft in der Be­grün­dung des Kan­tons für die Bei­trags­spre­chung von 2023, dass «nach ei­ner ers­ten Start-up-Fi­nan­zie­rung ge­mein­sam mit den Stake­hol­dern», zu de­nen im We­sent­li­chen auch der Kan­ton St.Gal­len ge­hört, «ei­ne nach­hal­ti­ge Fi­nan­zie­rung si­cher­ge­stellt wer­den und da­nach die Ein­glie­de­rung in ei­ne re­gu­lä­re Fi­nan­zie­rung» er­fol­gen soll. Dar­un­ter wä­re zum Bei­spiel auch ei­ne Leis­tungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Kan­ton und Mi­na­sa vor­stell­bar. Dies wür­de dem kul­tur­po­li­ti­schen Ziel ei­ner ge­stärk­ten Kul­tur­ver­mitt­lung in der kan­to­na­len Kul­tur­för­der­stra­te­gie 2020 bis 2027 ent­spre­chen.


Wich­ti­ger Teil ei­ner zeit­ge­mäs­sen Kul­tur­för­der­po­li­tik ist auch die Stär­kung der Kul­tur­ver­mitt­lung. Kul­tur­ver­mitt­lung ist je­doch nicht gra­tis, tra­di­tio­nel­le Me­di­en über­neh­men die­se Auf­ga­be längst nicht mehr kos­ten­los. CH Me­dia hat­te bei­spiels­wei­se sei­ne Ver­an­stal­tungs­agen­da in der Ost­schweiz zu­nächst kom­plett ein­ge­stellt, mitt­ler­wei­le in re­du­zier­ter Form aber wie­der auf­ge­nom­men. No­ta­be­ne zum Teil mit Da­ten, die von Mi­na­sa be­zo­gen wer­den.

Die zwei­fel­los weit­rei­chen­den Kon­se­quen­zen des Kan­tons­rats­ent­scheids zur Strei­chung des Lot­te­rie­fonds­bei­trags an das lau­fen­de und weit fort­ge­schrit­te­ne Mi­na­sa-Pro­jekt sind zu um­fang­reich, um sie be­reits heu­te im De­tail be­nen­nen zu kön­nen. Ob und in wel­chem Um­fang der Ka­len­der ab 2026 über­haupt zur Ver­fü­gung ste­hen kann, wer­den die ak­tu­ell auf Hoch­tou­ren lau­fen­den Ab­klä­run­gen zei­gen. Stand heu­te ist klar, dass für die Jah­re 2026 bis 2028 rund 40 Pro­zent des Bud­gets weg­fal­len. Ein Be­trag, der von der Re­gie­rung ab­ge­seg­net, von Re­gie­rungs­rä­tin Lau­ra Bucher in der Rats­de­bat­te noch­mals be­kräf­tigt und von der par­la­men­ta­ri­schen Fi­nanz­kom­mis­si­on be­reits dis­kus­si­ons­los gut­ge­heis­sen wor­den war.

Der Strei­chungs­ent­scheid des Par­la­ments in der Lot­te­rie­fonds­bot­schaft, der für den Kan­ton St.Gal­len kei­ner­lei Spar­ef­fek­te auf­weist, trifft nicht in ers­ter Li­nie Sai­ten, son­dern so­wohl die Be­völ­ke­rung als auch sämt­li­che Ver­an­stal­ter:in­nen aus al­len Re­gio­nen der Ost­schweiz. Fällt Mi­na­sa weg, müss­ten die bis­lang rund 30 grös­se­ren In­sti­tu­tio­nen mit Mi­na­sa-Di­rekt­an­bin­dung aus dem Kan­ton St.Gal­len (z.B. Kon­zert und Thea­ter St.Gal­len, Schloss Wer­den­berg, Dio­ge­nes Thea­ter, Al­tes Ki­no Mels, Stifts­be­zirk St.Gal­len u.v.m.) ih­re Event­da­ten wie­der ein­zeln auf al­len heu­te an­ge­schlos­se­nen Platt­for­men se­pa­rat er­fas­sen. Be­trof­fen sind auch di­ver­se kom­mu­na­le und kan­to­na­le Stel­len, die bis­lang – auch aus fi­nan­zi­el­len Über­le­gun­gen– auf den Auf­bau ei­nes ei­ge­nen Ka­len­ders ver­zich­te­ten und dies mit dem Ver­weis auf die be­reits be­stehen­de gu­te Lö­sung mit dem Mi­na­sa-Ka­len­der be­grün­de­ten. Die Strei­chung des Lot­te­rie­fonds­bei­trags ist in die­sem Sinn das Ge­gen­teil ei­ner Spar­mass­nah­me.

Mit den Sai­ten-Sta­tu­ten ver­pflich­ten wir uns in ge­mein­nüt­zi­ger Wei­se zur Pfle­ge und För­de­rung des un­ab­hän­gi­gen Jour­na­lis­mus in der Ost­schweiz. Ein wich­ti­ger Schwer­punkt da­bei ist die Kul­tur­ver­mitt­lung. Des­halb steht im Sai­ten-Ma­ni­fest: «Sai­ten be­treibt den um­fas­sends­ten Kul­tur­ka­len­der der Ost­schweiz.» Da­für en­ga­gie­ren wir uns wei­ter­hin!

Me­di­en­kon­takt:
Phil­ip Stu­ber, Ver­lag Sai­ten und Mi­na­sa, stu­ber@sai­ten.ch

Was ist Minasa?

Mi­na­sa ist ein Ko­ope­ra­ti­ons­pro­jekt von Sai­ten und Thur­gau­kul­tur. Es er­mög­licht Ver­an­stal­ter:in­nen, ih­re Events in ei­ne zen­tra­le Da­ten­bank ein­zu­spei­sen. Die­se Da­ten wer­den durch Mi­na­sa über ein wei­tes Netz­werk ge­streut und kön­nen so auf ver­schie­de­nen Platt­for­men ab­ge­ru­fen wer­den. Ge­gen­wär­tig be­zie­hen un­ter an­de­rem Ge­mein­den und die sechs Kul­tur­för­der­re­gio­nen aus dem Kan­ton St.Gal­len, Tou­ris­mus­or­ga­ni­sa­tio­nen, na­tio­na­le An­bie­ter (u.a. Guid­le und Event­frog) so­wie CH Me­dia Ver­an­stal­tungs­da­ten aus dem Mi­na­sa Da­ten­topf. Al­lein in die­sem Jahr be­inhal­te­te der Ka­len­der rund 90'000 Ver­an­stal­tun­gen. Das ist Kul­tur­ver­mitt­lung über di­gi­ta­le Ka­nä­le. Tra­di­tio­nel­le Me­di­en leis­ten die­se Ver­mitt­lung nicht mehr, weil sie sich nicht rech­net. Des­halb wur­de Mi­na­sa als Ser­vice pu­blic kon­zi­piert und ist für al­le frei zu­gäng­lich. Die­se in­no­va­ti­ve Kon­zep­ti­on dient schweiz­weit als Zu­kunfts­mo­del für ei­ne ef­fi­zi­en­te, ver­netz­te di­gi­ta­le Ka­len­der­lö­sung.