Rücktritt nach Schand-Video

«Aus persönlichen Gründen» ist der St.Galler Stadtparlamentarier Peter Kobel (SVP) per sofort zurückgetreten. Grund war ein rassistisches Video, das er verschickt hatte. Heute tut es ihm leid.
Von  Peter Surber

In einem Blogbeitrag auf dem «Ukraine-Forum» signiert er mit «Svetlyj». Auf deutsch: «hell». Seine Website heisst «Svetlog». «Svet» bedeutet im Russischen «Licht» und zudem auch «Welt». Was Peter Kobel am Sonntag getan hat, gehört aber zur finstersten und weltfremdesten Kategorie: Der SVP-Mann hat an alle Mitglieder von Stadtparlament und Stadtrat einen Video-Link verschickt, der angeblich die Köpfung eines Christen durch Moslems in Syrien zeigt. Der Link der Internetseite Jewsnews sei als «eine kleine Hilfe für die Entscheidungsfindung zum Traktandum 2; Sitzung 11. März 2014» gedacht, schrieb Kobel, und weiter: «Für die Anhänger dieses Glaubens werden wir an der nächsten Sitzung ein Entgegenkommen beschliessen.» Zudem bat er die Parlamentspräsidentin um Auskunft, ob das Video im Rat öffentlich gezeigt werden könnte.

Besagtes «Entgegenkommen» in Traktandum 2: Das war der Beschluss, im Feldli-Friedhof ein Grabfeld für islamische Gläubige einzurichten. Das Projekt wurde am Dienstagabend im Parlament einstimmig und auch mit allen Stimmen der SVP gutgeheissen. Kobel sass da aber schon nicht mehr im Waaghaus – er trat noch am Montag mit sofortiger Wirkung zurück.

Zuvor hatte er sich – offensichtlich nach einem Sturm der Entrüstung – wiederum per Mail entschuldigt, in Worten, die nicht gerade von tieferer Einsicht zeugen: «Ich bitte Sie alle, die ob solcher dargestellter Szenen zutiefst betroffen sind, um Entschuldigung. Ich muss jetzt, selbst erschüttert und konsterniert, einsehen, dass man solche Links nicht versenden darf. Ich dachte, es wäre zumindest bekannt, welche Sachen in unserer Welt vonstatten gehen.»

Auf Mail-Anfrage von Saiten antwortete Kobel am Mittwochabend zerknirscht: «Ich habe da aus einer Spontaneität falsch gehandelt, was ich im nachhinein einsehen muss. Es war mir in keinem Moment bewusst, dass lediglich ein Link zu einem in Internet einsehbaren Vorfall überhaupt strafbar sein könnte. Im Zusammenhang mit dem Traktandum muss ich auch hier einsehen, dass Empörung entstanden ist. Die Gründe für diesen Austritt basieren auf der o.g. Angelegenheit und sind eine Folge, der Partei keine Last aufzuerlegen. Ich hatte kein Votum zu halten, wahrscheinlich hätte ich ein Verbot gekriegt.» Weiter stellt Kobel klar: «Die Partei ist in dieser Angelegenheit nicht involviert.»

Karin Winter-Dubs, Fraktionschefin der SVP, bestätigt auf Anfrage: «Das war eine Einzelaktion». Und Kobel habe auch allein die Konsequenzen gezogen. «Die Fraktion distanziert sich ganz klar von diesem Video. Und unsere Politik der letzten Jahre zeigt, dass wir damit nichts gemeinsam haben. Das hat auch unser einstimmiges Ja zum Gräberfeld für Moslems bewiesen.»

Tatsächlich ist der moderate und konziliante Kurs, den die Stadt-SVP unter Winter-Dubs fährt, meilenweit entfernt von rassistischen Ausfällen wie dem Video-Mail.

Auf den strafrechtlichen Aspekt weist SP-Parlamentarier Etrit Hasler hin, genauer auf Art. 135 des Strafgesetzbuchs: Dieser verbietet die Verbreitung von «Ton- oder Bildaufnahmen, die, ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen.» Der sogenannte «Brutalo-Artikel» gelte natürlich auch für Parlamentarier; das habe er Kobel per Mail auch geschrieben.

kobelMit fremden Kulturen wäre Peter Kobel, Jahrgang 1957 und erst seit Anfang 2013 im Rat, eigentlich durchaus vertraut. Der frühere Schreiner und heutige Freelancer ist mit einer Ukrainerin verheiratet und organisiert unter anderem Töfftouren in die Ukraine. In Motorrad-Blogs preist Kobel die Ukraine als Paradies mit den «schönsten Biker-Festivals» an: «Wer noch nie solche Treffen erlebt hat, kann sich kaum vorstellen, wie im Osten die Biker feiern. Sogar Wladimir Putin war an der Bike Show Sevastopol 2010 dabei!»

Künftig hätte Kobel zumindest genug Zeit, um Putin in der Ukraine anzutreffen. Sein Austritt sei der naheliegendste Schritt gewesen, weil er unüberlegt gehandelt habe, schreibt er abschliessend in seinem Mail: «Ich möchte an dieser Stelle nochmals bei allen um Entschuldigung bitten.»