Italiener-Paar kann bleiben

Das St.Galler Paar, das nach mehr als 50 Jahren in der Schweiz nach Italien hätte ausgeschafft werden sollen, kann hier bleiben. Das ist die eine Nachricht. Die andre: Die SP-Regierungsräte haben in diesem Fall nicht gemauschelt, wie ihnen unterstellt wurde.
Von  Peter Surber

Die Rechtspflegekommission des St.Galler Kantonsrat stellt fest, dass das Verfahren korrekt abgewickelt worden sei. Dies hatte eine bürgerliche Mehrheit im Rat in Frage gestellt, weil in den Fall das Justizdepartement von Fredy Fässler und, als dessen Stellvertretung, die Gesundheitsdirektorin Heidi Hanselmann einbezogen waren – die beiden Sozialdemokraten in der Regierung. Damit ist das wohl letzte Wort im seit Jahren schwelenden Justizverfahren gesprochen.

Die Vorgeschichte: 2013 hatte das Bundesgericht entschieden, das Paar könne rechtsgültig ausgeschafft werden. Die beiden seit jeher in der Schweiz lebenden Personen sollten wegen Drogenabhängigkeit und «schwerer Gefährdung» des Gemeinwesens ihre Niederlassung verlieren. Ein Rekurs gegen diesen Entscheid beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte blieb wirkungslos, weil er für unzulässig erklärt wurde.

Als letzte Chance reichte das Paar ein Gesuch um Wiedererwägung an das St.Galler Justizdepartement ein. Weil dessen Chef Fredy Fässler der frühere Anwalt des Paars gewesen war, musste es stellvertretend vom Gesundheitsdepartement behandelt werden – und dort hiess es dessen Direktorin Heidi Hanselmann gut. Ausschlaggebend für sie war, dass Expertisen dem Paar eine positive Entwicklung attestierten; beide hätten sich in Bezug auf persönliches Verhalten und gesundheitliche Situation stabilisiert. Angesichts der HIV-Erkrankung beider Personen könnte eine Wegweisung zudem «eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit» bedeuten; in Italien existierten keine vergleichbaren Betreuungsangebote wie in der Schweiz. Das Gesundheitsdepartement hielt fest, es handle sich «um einen absolut singulären Fall ohne präjudizierende Wirkung».

Der Entscheid vom letzten November stiess der SVP sauer auf. Das verantwortliche Departement habe sich über den Entscheid des Bundesgerichts zur Ausschaffung des «schwerkriminellen italienischen Paares» foutiert. Mit 73 gegen 15 Stimmen beauftragte der Kantonsrat seine Rechtspflegekommission, den Fall unter die Lupe zu nehmen. Die Gegenseite mobilisierte auf der Strasse – 2300 Personen unterschrieben in kurzer Zeit eine Petition für den Verbleib des Paares in der Schweiz.

Jetzt hat die Kommission gesprochen: Die Gutheissung des Gesuchs sei ein Ermessensentscheid gewesen, der aufgrund der Entwicklung im persönlichen Verhalten des Paares, aber auch aufgrund der gesundheitlichen Situation der beiden gefällt worden sei, heisst es jetzt im Bericht der Kommission. Die Aufhebung der Ausweisung ist inzwischen rechtskräftig geworden.