Die Kleine Kunstschule hat vor drei Jahren geschlossen. Weshalb?
Anuschca Conrad: 2022 hat die Kleine Kunstschule – die damals ihre Räumlichkeiten im Riethüsli in St.Gallen hatte – den Betrieb vorübergehend eingestellt, weil sich der Verein gezwungen sah, sich organisatorisch und finanziell neu zu organisieren und zu professionalisieren.
Vorgesehen war für die Schliessung ein Jahr, weshalb sind mehr daraus geworden?
Silja D’Agostino: Qualitativ tiefergreifende Prozesse brauchen Zeit. Wir haben in der Zwischenzeit ausserdem unser Materiallager reduziert und nach günstigen Räumen gesucht. Die aufbauenden Semesterkurse konnten wir in dieser Zeit aber mit einer konstanten Kinderzahl, ausschliesslich mit Mund-zu-Mund-Propaganda und ohne feste Location fortführen.
Die Suche nach günstigen Räumlichkeiten war erfolgreich. Wo hat die kleine Kunstschule ihren neuen Standort?
Claudia Sturzenegger: Unsere neue Bleibe befindet sich an der Vadianstrasse 11 in St.Gallen. Ganz oben im Dach über der «Mode Weber Butikk». Die Familie Weber vermietet uns die Räume zu einem günstigen Preis und freut sich, dass die Kleine Kunstschule hier ihr neues Zuhause gefunden hat. Und in den neuen Räumen ist auch schon früher kreativ gearbeitet worden: Dekorationsgestaltende waren darin vormals am Werk.
Die finanzielle Situation der Kleinen Kunstschule war in der Vergangenheit unsicher, wie wollen Sie diese längerfristig sichern?
SD: Wir streben an, selbsttragend zu sein. Jede Unterstützung in Form von Spendengeldern oder tiefen Mietkosten ermöglicht uns, auch die Kurskosten zu reduzieren. Das bedeutendste Element der Neuausrichtung der Kleinen Kunstschule ist die klare strukturelle Trennung in zwei gemeinnützige Vereine: Der Verein Kleine Kunstschule agiert operativ und ist für das künstlerisch-pädagogische Programm und die Durchführung der Kurse vor Ort verantwortlich. Der neu gegründete, breit abgestützte Förderverein Kleine Kunstschule fokussiert sich derweil auf strategische Unterstützung, ideelle und finanzielle Förderung sowie auf Netzwerkbildung. Beide Vereine verfolgen gemeinsam das Ziel, Kunst und Kreativität für alle Menschen zugänglich zu machen. Ausserdem erhalten ausschliesslich die sechs Kursleiterinnen und -leiter einen Lohn. Einer davon ist übrigens ein Illustrator, der als Kind selbst die Kleine Kunstschule besuchte hat. Unser Angebot speist sich so quasi zurück.
Gibt es weitere Veränderungen, die mit der Wiedereröffnung einhergehen?
CS: Aktuell erhält die Neuauflage der kleinen Kunstschule finanzielle Unterstützung von verschiedenen Stiftungen. Eine unterstützt uns beispielsweise so, dass wir die Kurse für die Unterstufenkinder, die sogenannten A-Kurse, im nächsten halben Jahr kostenlos anbieten können. Ausserdem bieten wir neuerdings fliegende Kurse an. Dafür sind wir mit mehreren Institutionen wie etwa dem Materialmarkt Offcut in St.Gallen, dem Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St.Gallen oder den Regional Didaktischen Zentren der Pädagogischen Hochschule im Gespräch. Verschiedene neue Angebote wie etwa «Tanzen mit Farben», «Zauberkunst», «Holzhocker ganz einfach» oder «Figuren aus Holz» sind auf unserer Website ausgeschrieben.
An wen richtet sich Ihr Angebot?
AC: An Kinder und Jugendliche von 4 bis 16 Jahren, die einen kreativen Zugang zu Kunst und Gestaltung suchen – inspirierend und professionell begleitet. Auch Kinder ausserhalb der Stadt St.Gallen sind willkommen: Viele Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer stammen aus der weiteren Umgebung, wo ein ähnliches Angebot rar ist.

Claudia Sturzenegger, Präsidentin Förderverein Kleine Kunstschule und Leiterin des Instituts Kulturelle und Ästhetische Bildung der PHSG (Bilder: pd)

Silja D'Agostino und Anuschca Conrad, Co-Präsidentinnen des operativen Vereins Kleine Kunstschule
Sie bezeichnen die Kleine Kunstschuhe als die älteste Bildschule der Schweiz. Was ist der Zweck von Bildschulen?
CS: Seit 2002 ermöglicht unser Angebot Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Handlungsfeldern aus dem eigenen Lebensraum. Unser Kursprogramm gliedert sich in aufeinander aufbauende Semesterkurse für Unter-, Mittel- und Oberstufenschulkinder, themen- und materialorientierte Fachkurse, kreative Ferienkurse mit flexibler Dauer, sowie einer offenen Werkstatt am Samstag, die Raum für individuelles Arbeiten in einem freien, altersunabhängigen Rahmen bietet. Das übergreifende Ziel der Konferenz der Bildschulen ist es auch, sich schweizweit zu organisieren, sich zu etablieren und eine Lobby zu gründen. Wir hätten gerne den gleichen Platz in der Gesellschaft wie Musikschulen, deren Lobby viel etablierter ist. Dies bietet Kindern die Möglichkeit in ihrer Freizeit, ähnlich wie in Sportvereinen oder Musikkursen, ihrem intrinsischen Interesse nach Kunst und Gestaltung nachzugehen.
Was planen Sie zur Wiedereröffnung?
AC: Die offizielle Eröffnung der Kleinen Kunstschule findet am Samstag, 23. August, an der Vadianstrasse 11, von 9 bis 15 Uhr mit einer Standaktion statt. Die Kinder und ihre Familien werden vor der Weber Butikk mit Material und Gestaltungsvangeboten empfangen und dann in unsere Räume hochgeführt, wo sie in unserer Druckwerkstatt ihre eigenen Produkte bedrucken können. Es wird etwas zu knabbern und zu entdecken vorhanden sein. Um 11 und 14 Uhr haben wir ausserdem einen Überraschungsevent organisiert.