, 10. Dezember 2013
2 Kommentare

Ich und mein Zelt

Das Openair-OK war fleissig. Neben Zug-Vergünstigungen und einem Line-Up-Vorgeschmack liefert es auch eine neue Erziehungsmassnahme: das Zeltdepot. Ob’s reicht?

Was bleibt nach vier Tagen Schlamm und Musik? Das fragten wir auf saiten.ch bereits im vergangenen Juli angesichts des «Zelt-Massakers» im Sittertobel. Fazit damals: die grinsende Fratze der Wegwerfgesellschaft.

Das hat offenbar gesessen, denn die Veranstalter des Openair St.Gallen haben eine neue Erziehungsmassnahme für 2014 ergriffen. Sie läuft – wie kann es anders sein – übers Portemonnaie: Für jedes mitgebrachte Zelt muss am Eingang ein Depot von 20 Franken bezahlt werden. Im Gegenzug gibt’s: eine Plakette.

Es funktioniere gleich wie das bereits etablierte Jeton- und Depotsystem bei den Bechern, sagt Sabine Bianchi vom OK. «Ob 20 Franken zu viel oder zu wenig sind, werden wir aber erst nach dem Openair beurteilen können.» Wichtig sei es, ein Gespür für das Verursacherprinzip zu entwickeln.

Grossartig, finden wir. Wie übrigens auch 80 Prozent der Festbrüder- und schwestern am Openair, laut Bianchi. Doch offenbar sinkt dieses Gespür bei schlechtem Wetter umgekehrt proportional zum Schlammpegel. Denn bereits im letzten Jahr konnte man das intakte Zelt für 10 Franken an ein Hilfswerk «verkaufen». Die Ausbeute war mager. Wie mager, das bewiesen die Zeltleichen im Tobel.

Trotzdem – schön, dass das OK sich von den Medienberichten und Kommentaren im letzten Sommer hat inspirieren lassen. Und falls das Budget nach drei Tagen feiern noch nicht ausgereizt sein sollte: Für die 20 Depot-Franken gäbe es vier Konterbiere in der Beiz oder zwei Schaumbäder. Oder eine Anti-Schlamm-Jacken-und-Stiefel-Reinigung. Alles für unser Naturschutzgebiet im Sittertobel. Gut, oder?

Auch auf der Metaebene: Die Plakette eigens fürs Zelt fördert nämlich die «persönliche Bindung» zum Temporär-Haus. Was einige vielleicht davon abhält, es verwaist zurück zu lassen. Nur eines geht nicht: Sich am Sonntag etwas dazuverdienen beim Zelte sammeln – denn ohne Plakette kein Stutz. Andernfalls wäre das Tobel am Sonntag vermutlich leergefegt. Und die Rechnung der Veranstalter nicht aufgegangen.

Künftig haben wir also: einen Chip am Handgelenk, im Schnitt sieben Jetons in den Taschen und eine Zelt-Plakette um den Hals.

Und wie das OK weiter vermeldet: 50 Prozent Reiserabatt für alle, die den SBB ihr Festivalticket vorweisen.

Fehlt noch das (vorläufige) Line-Up: The Black Keys, Seeed, Imagine Dragons, Casper, Prinz Pi, London Grammar, Sportfreunde Stiller, Thees Uhlmann, The Notwist, Moderat, Egotronic, Milky Chance, Flogging Molly, Yokko, The Animen.

Infos: www.openairsg.ch

Wie das Openair-OK am 14. Dezember vermeldet, waren alle 2- und 3-Tagespässe innert 14 Stunden ausverkauft. Auch Sonntagspässe sind  nur noch beschränkt erhältlich.

2 Kommentare zu Ich und mein Zelt

  • Apostel sagt:

    Liebe kapitalistische Gesellschaft,
    Sei doch ein Mal bissl konsequent: Zuerst bringst du den jungen Menschen als deine Zukünftigen Mitglieder bei, dass Geld alles ist, man sich damit alles – inklusive Glück und IT-Konzerte – kaufen kann, ja es eigentlich erst den Dingen und Menschen Wert verleiht, trimmst sie dazu diesen Fetisch zu verinnerlichen, um dann nachher, liebe Gesellschaft, die Jugend zu kritisieren und zu therapieren, die sich einen Scheiss um Wegwerfzelte und Wegwerfpavillons für 20 Franken kümmert?
    Entscheide dich bitte!

  • Marcel Baur sagt:

    via Facebook: Wie befürchtet, es geht übers Portemonnaie. Ist ein Weg, mir fehlt aber nebst dem „Negativ-Anreiz“ eine „Positiv-Aktion“. Meine Idee ist noch immer, dass der sauberste Zeltplatz fürs nächste Festival Gratistickets bekommt

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