, 15. April 2010
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FCSG: Offene Rechnungen und eine Utopie

Was in der Stadt St. Gallen (hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand) schon lange geredet wurde, macht «Die Wochenzeitung» (WoZ) in ihrer aktuellen Ausgabe endlich publik. Der FC St.Gallen schlittert in die nächste Finanzmisère. FCSG-Präsident Michael Hüppi bestätigt im WoZ-Interview, dass die Rechnungen für die Sicherheitskosten im neuen Stadion nicht mehr bezahlt werden (können).  Es […]

Was in der Stadt St. Gallen (hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand) schon lange geredet wurde, macht «Die Wochenzeitung» (WoZ) in ihrer aktuellen Ausgabe endlich publik. Der FC St.Gallen schlittert in die nächste Finanzmisère. FCSG-Präsident Michael Hüppi bestätigt im WoZ-Interview, dass die Rechnungen für die Sicherheitskosten im neuen Stadion nicht mehr bezahlt werden (können).  Es gehe um rund eine halbe Million Franken, die der FCSG der Stadt schulde, «und es wird permanent mehr», sagt Hüppi. «Das Spiel gegen Luzern am letzten Sonntag war als Hochrisikospiel eingestuft. Da können Sie 100’000 Franken dazurechnen.»

Unter dem Titel «Jubel, Trubel, Pleitegeier» nimmt Michael Hüppi im aufschlussreichen Gespräch mit WoZ-Autor Daniel Ryser Stellung zu den immensen Sicherheitskosten – «Die rund eine Million Franken, die uns die Polizei im Jahr verrechnet, ist viel zu hoch. So tötet man den Fussball.» Er erklärt sein Vorpreschen im Zusammenhang mit dem Choreo-Verbot für die Ultras, distanziert sich gleichzeitig von der «Null-Toleranz-Politik» der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren unter der Federführung der St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter und kommt zu einem Schluss, der möglicherweise verheissungsvoller ist als weiter an der Schraube der Repression zu drehen. «Christian Constantin, Präsident des FC Sion, sagte mir kürzlich: ‚Was wäre denn, wenn wir die Gäste mal als wirkliche Gäste empfangen?‘ Ich fragte: ‚Wie meinst du das?‘ Er sagte: ‚Ich spendiere jedem, der ankommt, eine lokale Spezialität, eine Portion Raclette und ein Glas Weisswein. Ihr in St. Gallen könntet jedem Gast eine Bratwurst und ein Bier spendieren.’»

Vielleicht sei das utopisch, ergänzt Hüppi. «Und trotzdem lässt mich der Gedanke nicht los: Was würde passieren, würde man die 500 Gästefans am Bahnhof in Winkeln mit Bratwurst statt mit Absperrgittern und Gummischrotflinten empfangen. Soll ich den Versuch wagen?»

Man möchte Michael Hüppi und dem FCSG den Mut zusprechen, die «Utopie» zu wagen. Mit der gleichen Strategie hätte sich die bis heute andauernde Eskalation nach dem bitteren Barrage-Spiel gegen Bellinzona im letzten Spiel im Espenmoos wohl schon verhindern lassen. Womöglich gäbe es unter den mit Wurst und Bier beschenkten Fussballfans einige, die diese Strategie mutwillig torpedieren könnten. Sicher wäre indes, dass sich der FCSG-Präsident bei den (zunehmend privatisierten) Sicherheitskräften nicht beliebt machen würde. Schliesslich leben diese von Problemen und nicht von der dringend notwendigen Deeskalation. Wie weit sie dabei gehen, zeigten unlängst auch Berichte im «Tages Anzeiger», wo Delta-Mitarbeitern Gewaltaufrufe und die Beteiligung an gewalttätigen Ausschreitungen nachgewiesen werden konnten. Im privatisierten «Sicherheitsmarkt», wo Ängste das Geschäft nachhaltig beleben, lassen sich inzwischen Millionen verdienen.

Das ganze WoZ-Interview mit FCSG-Präsident Hüppi

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