«Mit dem Zügeln an den neuen Standort hat sich viel verändert»

(Bild: pd)

Was einst als private Leidenschaft begann, «artete» vor zehn Jahren aus und mündete in der Gründung des Seifenmuseums St.Gallen. Gründer Vasco Hebel: «Es würde mich wundern, wenn wir aus einem Land keine Hotelseife hätten.»

Sai­ten: Wenn jetzt je­mand noch nie et­was vom Sei­fen­mu­se­um und sei­ner Ge­schich­te ge­hört hat, wie stellst du die­se sol­chen Neu­lin­gen vor?

Vas­co He­bel: Ich be­trei­be das Sei­fen­mu­se­um jetzt seit gut zehn Jah­ren. Es ist aus mei­ner pri­va­ten Samm­lung her­aus ent­stan­den, ei­gent­lich re­la­tiv zu­fäl­lig. Und dann sa­ge ich im­mer, es ist ir­gend­wie ein biss­chen aus­ge­ar­tet. Man hat sich dann über­legt: «Was ma­chen wir da­mit?» Dar­auf­hin ent­stand 2015 das ers­te Mu­se­um. Und jetzt sind wir seit fast vier Jah­ren am neu­en Stand­ort hier in der Gross­acker­stras­se. Ich ha­be Off­set Druck ge­lernt und ar­bei­te Teil­zeit noch auf dem Be­ruf, stun­den­mäs­sig ist das Sei­fen­mu­se­um de­fi­ni­tiv mein Haupt­job. Or­ga­ni­siert sind wir als Ver­ein mit et­wa 100 Mit­glie­dern, die uns vor al­lem auch fi­nan­zi­ell un­ter­stüt­zen. Wir ha­ben ei­nen fünf­köp­fi­gen Vor­stand, aber der täg­li­che Be­trieb, die Wo­chen­en­den und die Ge­stal­tung der Aus­stel­lun­gen ist schon mein Job. Ich wür­de sa­gen, wenn man uns be­sucht und her­ein­spa­ziert, dann bin ich zu 98% auch hier. 

Was hat sich seit dem Um­zug ver­än­dert?

Am al­ten Stand­ort hat­ten wir nur sonn­tags of­fen, jetzt aber auch sams­tags und län­ger. Seit­her kom­men deut­lich mehr Be­su­cher:in­nen. Und es ist na­tür­lich auch al­les ein biss­chen grös­ser ge­wor­den. Es hat et­was ge­dau­ert, bis wir uns ein­ge­lebt und un­se­ren neu­en Ab­lauf ge­fun­den ha­ben. Heu­te gibt es mehr Work­shops, in de­nen man Sei­fe her­stel­len kann. Wir ent­wi­ckeln uns ste­tig wei­ter. Das ge­sam­te An­ge­bot ist um­fang­rei­cher und auf­wän­di­ger ge­wor­den.

Zum Bei­spiel?

Vor al­lem auch mit dem Ju­bi­lä­ums­pro­gramm ver­su­chen wir, das streng ein­ge­grenz­te The­ma «Sei­fe» et­was auf­zu­ma­chen. Da­für ar­bei­ten wir mit ver­schie­de­nen Men­schen zu­sam­men, um neue Blick­win­kel zu be­kom­men. En­de Mo­nat gibt es zum Bei­spiel ei­nen An­lass mit Ri­chi Küt­tel, wo es zwar auch um Sei­fen geht, aber in Form des Poet­ry Slams. Auch Bar­a­ben­de sind vor­ge­se­hen. Da­mit wol­len wir ein noch brei­te­res Pu­bli­kum an­spre­chen. 

Hast du ei­ne Lieb­lings­sei­fe? Die Fra­ge kommt im­mer, oder?

(Lacht.) Ja, aber da muss ich auch im­mer ent­täu­schen. Es gibt na­tür­lich Ob­jek­te, die ich be­son­ders in­ter­es­sant fin­de oder die be­son­ders schön sind, ge­wis­se Pla­ka­te oder ge­wis­se Ver­pa­ckun­gen. Aber ich könn­te jetzt nicht ein Ob­jekt raus­su­chen. Das ist auch je nach Aus­stel­lung an­ders. Dann prä­sen­tiert man an­de­re Sa­chen und dann sind es wie­der an­de­re Ob­jek­te, die auch in die­sem Kon­text be­son­ders in­ter­es­sant sind. Ein ein­zi­ges Ob­jekt raus­su­chen, das kann ich nicht.

Wenn du jetzt auf die zehn Jah­re zu­rück­schaust, was ist dir da am meis­ten ge­blie­ben?

Ich glau­be, wenn man ei­nen Punkt her­aus­su­chen möch­te, dann ist es wahr­schein­lich das Zü­geln an den neu­en Stand­ort, weil sich da­mit so viel ver­än­dert hat. An­sons­ten ist es schwie­rig. Die Mu­se­ums­näch­te sind je­des Jahr wie­der et­was sehr Auf­wän­di­ges. Aber man hat da auch die Mög­lich­keit, vie­le Leu­te auf ei­nen Schlag an­zu­spre­chen. Da ma­chen wir im­mer lus­ti­ge Sa­chen. Frü­her ha­ben wir meist an die­sem Da­tum mit der Neu­aus­stel­lung be­gon­nen. Heu­te ma­chen wir et­was Neu­es. Letz­tes Jahr zum Bei­spiel ha­ben wir ei­nen Film aus dem Jahr 1980 von ei­ner deut­schen Sei­fen­fa­brik, auf ei­ner gros­sen Lein­wand ge­zeigt. Dann ha­ben wir die Sei­fen­kü­che kom­plett nach dem Mot­to «Im Reich der Sin­ne» um­ge­baut mit ei­ner In­stal­la­ti­on. Al­les war bis un­ter die De­cke mit Blu­men ge­füllt, und vol­ler Ge­rü­che und ein­ge­färb­tem Was­ser. Am nächs­ten Tag konn­te man sich dann dar­aus Blu­men­sträus­se ab­ho­len kom­men. Und am Abend gab es na­tür­lich Mu­sik, den Bar­be­trieb und Wett­be­wer­be. Noch nie zu­vor hat­ten wir so vie­le Be­su­cher, knapp 600 wa­ren an die­sem Tag bei uns. 

Was pas­siert sonst noch im Ju­bi­lä­ums­jahr?

Am al­ler­meis­ten freue ich mich auf das Ju­bi­lä­ums­fest. Das ist der gros­se Ab­schluss En­de Ok­to­ber. Und gleich­zei­tig ist hier noch am meis­ten un­klar. Wir sind noch am Pla­nen, aber es wird si­cher die ei­ne oder an­de­re Über­ra­schung ge­ben. Und im Au­gust kommt die neue Aus­stel­lung «Dai­ly Soap». Die wird si­cher sehr cool und et­was ganz an­de­res als die jet­zi­ge zum The­ma Wasch­mit­tel.

Was kann man sich un­ter «Dai­ly Soap» vor­stel­len?

Das wird ei­ne Kunst­aus­stel­lung mit Pas­ca­le Os­ter­wal­der. Sie macht sehr hu­mor­vol­le und auch ge­sell­schafts­kri­ti­sche Zeich­nun­gen und Il­lus­tra­tio­nen aus dem Le­ben ei­nes Sei­fen­spen­ders. Der Un­ter­ti­tel ist «aus­ge­laug­te Sei­fen­spen­der und de­pri­mier­te Tu­ben». Sie hat auch schon ei­ne un­se­rer Ju­bi­lä­ums­ta­schen ge­stal­tet. Es wird ver­schie­de­ne Skulp­tu­ren ge­ge­ben, nicht nur Zeich­nun­gen und Il­lus­tra­tio­nen. Es wird si­cher lus­tig, die neue Aus­stel­lung zu er­kun­den.

Wie wür­dest du je­man­den, der sich noch nie mit dem The­ma Sei­fe be­schäf­tigt hat, da­zu brin­gen, hier­her zu kom­men?

Was ich per­sön­lich selbst sehr fas­zi­nie­rend fin­de, ist die Viel­fäl­tig­keit. Zum ei­nen kann man über die Pro­duk­te re­den, die Ei­gen­schaf­ten, aber dann na­tür­lich auch über al­les, was da­hin­ter steckt: die gan­ze Che­mie, die Her­stel­lung, aber auch Wer­bung und Ver­pa­ckung. Ge­ra­de letz­te­re sind bei Sei­fen ex­trem in­ter­es­sant im ge­schicht­li­chen Kon­text, sie sind auch ein Ab­bild des ge­sell­schaft­li­chen Frau­en­bil­des. Wir ha­ben kei­ne ein­zi­ge Wer­bung, wel­che ei­nen Mann beim Wä­sche wa­schen zeigt. Es hat zwar zum Teil Män­ner dar­auf, aber die schau­en zu und rau­chen Pfei­fe. Das fin­de ich na­tür­lich wahn­sin­nig in­ter­es­sant. 

Fra­ge zum Ab­schluss: Wie vie­le Aus­stel­lungs­stü­cke habt ihr ei­gent­lich, und sind sie al­le aus der Schweiz?

Wenn man al­le Ho­tel­sei­fen und so wei­ter mit­zählt, dann sind wir bei über 50’000 Ob­jek­ten. Da­von ist na­tür­lich im­mer nur ein Bruch­teil aus­ge­stellt. Vie­le die­ser Ob­jek­te sind Schen­kun­gen von Pri­vat­per­so­nen oder aus Haus­halts­auf­lö­sun­gen. Ei­nen Teil su­chen wir sel­ber, ge­ra­de wenn es auf Aus­stel­lun­gen zu­geht. Be­son­ders in­ter­es­sie­ren uns Samm­lun­gen, Ar­chi­ve und Rest­be­stän­de von Fir­men. Grund­sätz­lich kann das von über­all sein. Ein gros­ser Teil sind Schwei­zer Pro­duk­te, ge­ra­de bei der Wer­bung. Aber Ho­tel­sei­fen zum Bei­spiel ha­ben wir von über­all. Es wür­de mich fast über­ra­schen, wenn ir­gend­ein Land nicht da­bei wä­re.


Wort & Ton, mit Ri­chi Küt­tel & En­ri­co Lenzin: Frei­tag, 27. Ju­ni 2025
Der Tex­ter und Spo­ken Word Po­et Ri­chi Küt­tel tritt zu­sam­men mit dem Klang­vir­tuo­sen En­ri­co Lenzin im Sei­fen­mu­se­um auf.
sei­fen­mu­se­um.ch