Endspurt für die «Rose»

Ein Stapel des Ostschweizer Wanderbuchs Sonnenlüfte atmen wartet darauf, eingeräumt zu werden. Daneben auf dem Bürotisch Schwesterherz, der «No 1 Bestseller aus Schweden» von Kristina Ohlsson. Was zeigt: Eine Buchhandlung muss unterschiedlichste Lesewünsche erfüllen. Die Buchhandlung zur Rose im St.Galler Klosterviertel tut das seit zwölf Jahren – und bekommt jetzt den Lohn dafür: Sie figuriert in der engsten Auswahl zur Auszeichnung «Buchhandlung des Jahres».
Den Titel vergibt der Branchenverband der Buchhändlerinnen und Verleger, der SBVV, nächsten Montag an seiner Generalversammlung in Zürich. Noch bis Donnerstag kann man seine Stimme für eine der drei von einer Fachjury bestimmten Buchhandlungen abgeben – neben der «Rose» sind es die junge Buchhandlung Klappentext in Weinfelden und Lüthy in Solothurn – einer der Grossen der Branche. «Bei knapp 75 000 Einwohnern gibt es sieben Buchhandlungen: Das macht St. Gallen zu einer der Städte mit der höchsten Buchhandelsdichte in der Schweiz», schreibt die Preisjury lobend. «Und dennoch heben wir eine heraus: Die Buchhandlung zur Rose, 2005 von Leonie Schwendimann als Quartierbuchhandlung gegründet.»
Seit das Voting öffentlich wurde, kämen einerseits neue Kunden in den Laden; solche, die zum ersten Mal von der «Rose» erfahren haben oder die noch immer die Leo-Buchhandlung im Kopf haben, die einst im Nachbarhaus einquartiert war. Viel Goodwill und Zuspruch höre sie andrerseits von Stammkundinnen und Freunden, sagt Gründerin Leonie Schwendimann. Manche sagten, die «Rose» sei für sie schon immer die beste Buchhandlung gewesen, nicht mehr wegzudenken aus der Stadt – obwohl es sie erst seit zwölf Jahren gibt.
Beratung und Beziehung
Wobei die zwölf Jahre wiederum eine lange Zeit und keine Selbstverständlichkeit sind: Viele Buchhandlungen sind in dieser Zeit verschwunden, sinkende Buchpreise und Online-Handel sind eine harte Konkurrenz. Der Erfolg der «Rose» ist eine Gegengeschichte zur Krise des Buch- und des Detailhandels überhaupt. Und das Erfolgsrezept ist so einfach wie arbeitsintensiv. Es lautet: Beratung, Beziehung, Leidenschaft fürs Buch. «Da geht es um mehr, als nur um’s Bücherverkaufen und Umsatz machen – da geht es um Lebensqualität!», schreibt ein Kunde.
Zur Attraktivität des kleinen Ladens trägt zum einen das vielfältige und ausgewählte Sortiment bei: Bücher, über die die Buchhändlerin auch tatsächlich Bescheid wissen und die die «Rose» von einem «Gemischtwarenladen» unterscheiden, zu dem andere Buchhandlungen mutiert sind, wie aus Anlass des 10-Jahr-Jubiläums in Saiten zu lesen war. Zum andern freuten sich viele Kunden am Cachet der Räume im 500jährigen Haus mitten im Klosterviertel, sagt Leonie Schwendimann. Touristinnen und Touristen kommen hier auf ihre Rechnung mit Lesestoff und mit Büchern zu St.Gallen und zur Region.
Regionale Autorinnen und Autoren zu fördern, ist für die «Rose» eine kulturpolitische Selbstverständlichkeit: Im Keller finden Buchpremieren statt, man trifft sich, wird bewirtet, der Keller ist voll, wenn heimische Autoren wie Pic, Bruno Pellandini oder Erica Engeler zu Gast sind. Leonie Schwendimann sieht in solchen Anlässen mehr als Lesungen: «Feiern für das Buch».
Ein unverzichtbares Standbein seien im Buchhandel die Bibliotheken und ihre regelmässigen Bestellungen – aber entscheidend sei für die «Rose» seit jeher die Kundschaft im Laden selber. Reich werden könne man mit Büchern allerdings nicht, sagt die Gründerin, die ihr Handwerk unter anderem beim legendären St.Galler Buchhändler Louis Ribaux gelernt hat und lange im Bücherladen Appenzell tätig war. Für ihr Dreierteam (mit Alexandra Elias und Isabella Husistein) sei die «Rose» aber immerhin eine Existenz, heute stehe das Geschäft auf stabilen Beinen.
Hoffen auf die nächste Generation
Und die Jungen? Lesen und kaufen Sie noch – oder wieder – Bücher? Leonie Schwendimann ist optimistisch. Sie heisst Kinder samt Grosseltern oder Götti im separaten Raum willkommen mit einer liebevollen Auswahl an Bilderbüchern. Sie freut sich, wenn Maturandinnen in ihr Geschäft kommen und sich in Sachen Prüfungslektüre beraten lassen. Und sie hat gerade Nora Brägger für eine Lesung eingeladen. Die Jungautorin aus Speicher hat ihren Erstling, den Jugendroman Das Rascheln des Präriegrases, als Maturaarbeit geschrieben, der Appenzeller Verlag hat ihn in seiner orte-Reihe herausgegeben, am Mittwochabend liest die Autorin im Keller zur Rose.
Gut möglich, dass es dann auch von der künftigen Lesegeneration noch ein paar zusätzliche Klicks für die «beste Buchhandlung der Schweiz» gibt.
Abstimmen kann man hier.
Buchpremiere mit Nora Brägger: Mi 10. Mai 20 Uhr