Die Arbeiten von Lilly Langenegger sind der Inbegriff von ländlichem Idyll: Entspannt sitzt eine Bauernfamilie in Tracht vor dem Hof. Ein Zicklein springt fröhlich in die Höhe, ganz ohne Angst, bald auf dem Teller zu landen. Kühe weiden gelassen auf der Wiese, während sich im Hintergrund eine hügelige Landschaft in der Abenddämmerung ausbreitet.
Die 80-jährige Lilly Langenegger ist bekannt für ihre detailreiche Bauernmalerei. Und wie es der Tradition dieser Kunstform entspricht, liegt der Fokus auf der romantisierten Darstellung des bäuerlichen Lebens und der Natur. Langenegger verbindet diese Tradition mit einer persönlichen Überzeugung: Das Schöne, so schreibt sie auf ihrer Website, verdiene mehr Aufmerksamkeit als das Traurige. Ganz bewusst male sie deshalb eine heile Welt, ohne Autos und Beton, dafür mit Natur, Tieren und Harmonie.
Geboren und aufgewachsen ist Lilly Langenegger (*1944) in Zürich, ihre Arbeit als Erzieherin in einem Kinderheim führte sie ins appenzellische Gais. Später leitete sie dort einen Kindergarten. In Gais lernte sie dann auch ihren Mann kennen und heiratete 1969. Und weil ihr Mann Bauer war, wurde nun auch Langenegger Bäuerin. In den 70er entdeckte sie auf einer Ausstellung die Bauernmalerei und war sofort fasziniert. Bald darauf begann sie selbst zu malen und fokussierte auf das, was sie täglich umgab: die ländlichen Szenen des Appenzellerlands.
Ab 1989 wandte sie sich auch der Radierung zu, thematisch blieb sie sich aber treu: Natur, Bauernhöfe, Tiere. Ab 1995 veröffentlichte sie zudem mehrere Kinderbücher, deren Geschichten ebenfalls in dieser idyllischen Landwirtschaftswelt spielen. Titel wie «Flöckli, das Geisslein» oder «Tigerli kommt heim» sind für viele Ostschweizer:innen mit Kindheitserinnerungen verbunden. Aktuell widmet sich Langenegger «Fantasiebäumen», die, so das Museum, «im Regenbogenlicht mit Blick auf den Säntis» entstehen.
Seit März zeigt das Museum Gais die Jubiläumsausstellung «Lillys Vielfalt». Zahlreiche Originalwerke der Künstlerin sind dort zu sehen, darunter Illustrationen aus ihren Kinderbüchern, klassische Bauernmalereien, filigrane Radierungen sowie die neueren Fantasiebilder. Ab dem 1. Juni wird die Ausstellung mit neuen Exponaten ergänzt.
«Lillys Vielfalt» bis 17. August, jeweils sonntags 14 bis 17 Uhr, Museum Gais.