Nach Wärme, nach Leichtigkeit und nach einer Prise Melancholie. Genau so klingt das Debütalbum Echoes of the Roadvon Tobias Engeler. Ein bisschen wie Eddie Vedders Soundtrack zu Sean Penns Into the Wild. Es ist Musik, die einen über staubige Landstrassen an eine abgelegene Küste führt. Wo man sich in die Dünen legen und den Himmel beobachten kann. Wo das Meer rauscht und Möwen rufen, es nach Salz und Sonne riecht.
Der Thurgauer hat am Winterthurer Institut für aktuelle Musik studiert und war jahrelang in verschiedenen Bands als Berufsmusiker unterwegs. Jetzt geht er seinen eigenen Weg: Gitarre pur, ganz ohne Schnickschnack. Was zunächst spartanisch klingt, entfaltet rasch seinen Reiz – jedenfalls für diejenigen, die keine harten Beats oder rockige Gitarrenriffs wollen. Als Fingerstyle-Gitarrist spielt Engeler ganz ohne Plektrum und lässt Bass, Melodie und Rhythmus gleichzeitig auf der Gitarre erklingen.
Gesang fehlt auf Engelers Debütalbum komplett. Wobei «fehlen» hier vielleicht das falsche Wort ist, vermissen tut man die Stimme nämlich gar nicht. Die sehnsüchtigen Gitarrenklänge tragen einen auch so direkt in einen Camper am Meer. Feine Nuancen unterscheiden die folkigen Stücke, mal etwas mehr Blues, mal etwas Flamenco. Das von Phil Merk (u.a. Baschi) produzierte Album ist fliessend, wie aus einem Guss. Man merkt kaum, wenn ein Song endet und der nächste beginnt. Aber das ist gut, niemand wird gerne aus den Tagträumereien gerissen.
Der Song Hope beginnt mit sanften Riffs und etwas Perkussion, schwingt sich melancholisch und warm auf, steigert sich kurz, wird heller und entwickelt einen angenehmen Flow. So, dass man sich auch in der vollen S-Bahn irgendwie frei fühlt und fast schon meint, die salzige Meeresbrise zu spüren – aber es ist nur die stickige ÖV-Luft.
Dass sich das Album von Tobias Engeler nach Weite und Unterwegssein anfühlt, ist kein Zufall: Es entstand auf dem sechsmonatigen Europa-Roadtrip des Künstlers und soll die Landschaften, Begegnungen und Emotionen widerspiegeln, die seine Reise geprägt haben.
Und wie Eddie Vedder mit kraftvoller, sehnsüchtiger Musik den Freiheitsdrang des Aussteigers Chris McCandless und dessen Aufbruch nach Alaska untermalt hat, führt auch Echoes of the Road raus aus dem Alltagstrott. Nur halt nicht nach Alaska, sondern durch Europa und ganz ohne tragisches Ende.
Tobias Engeler: Echoes of the Road ist am 16. Mai erschienen. Live: 24. Mai, 20 Uhr, Theater 111, St.Gallen (Plattentaufe).
saiten.ch/kalender
Weitere Konzerte: 22. Juni, 17 Uhr, Museum am Hafen, Romanshorn; 4. Juli, 19 Uhr, Sergio Pop-up, Winterthur.
tobiasengeler.com