Captain Marvel trifft Dragon Ball

Szene aus dem Teilstück Crash (Bild: pd/Stephan Zbinden)

Die Co-Produktion vom Figurentheater St.Gallen und dem Theater fabula! Hochdruck und Crash verbindet zwei Coming-of-Age-Geschichten. Das Bühnenstück für Jugendliche erzählt mit Emojis und Actionfiguren von Leistungsdruck und Verantwortung.

Emo­jis flim­mern über Schat­ten­wän­de, und Son-Go­ku aus Dra­gon Ball ist ver­liebt in Cap­tain Mar­vel. Was wie ein durch­ge­dreh­tes Dis­ney-Fran­chise klingt, ist tat­säch­lich ei­ne neue Co-Pro­duk­ti­on vom Fi­gu­ren­thea­ter St.Gal­len und dem Thea­ter fa­bu­la!. 

Hoch­druck und Crash heisst das Stück, das sich in ers­ter Li­nie an Ju­gend­li­che rich­tet. Wie Frau­ke Ja­co­bi, die Re­gis­seu­rin und Co-Lei­te­rin des Fi­gu­ren­thea­ters, im Ge­spräch mit Sai­ten er­klärt, ist es aber auch für Er­wach­se­ne ge­eig­net. Die Form des Stücks sei spe­zi­ell. So spe­zi­ell, dass die Re­gis­seu­rin meint: «Ich wüss­te jetzt nicht, dass es die­se Form von Thea­ter in St.Gal­len schon mal ge­ge­ben hät­te». Zu­dem sei­en die Ge­schich­ten auch in­halt­lich durch­aus für Er­wach­se­ne re­le­vant. 

Im Stück geht es um zwei Co­ming-of-Age-Ge­schich­ten, die von uni­ver­sel­len The­men han­deln: da­von, für sich ein­zu­ste­hen und Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. So kämpft in Hoch­druck die Schü­le­rin Ca­ro mit enor­mem Leis­tungs­druck. Als sie zu Rital­in greift, um den Er­war­tun­gen aus ih­rem Um­feld ge­recht zu wer­den, droht ihr, die Kon­trol­le über ihr Le­ben zu ent­glei­ten. Crash da­ge­gen er­zählt von Ble­rim, der ei­nem Freund hilft und sich da­durch selbst in Schwie­rig­kei­ten bringt.

Vom Ro­man zur Büh­ne

Dass es die­ses Stück über­haupt gibt, ist ei­ner Lehr­per­son zu ver­dan­ken. Die­se hat Ja­co­bi auf den Da-Bux-Ver­lag und sei­ne Ju­gend­bü­cher auf­merk­sam ge­macht. Es folg­te ei­ne Kon­takt­auf­nah­me sei­tens des Thea­ters, wor­auf­hin der Ver­lag et­wa zehn Bü­cher emp­fahl. Al­le­samt hat die Re­gis­seu­rin ge­le­sen und letzt­lich die Kurz­ro­ma­ne Hoch­druck von Ma­xi­ma Ham­pel und Crash von Pe­tra Iva­nov für ei­ne Thea­ter­ad­ap­ti­on aus­ge­wählt. 

Um die zwei knapp 60-sei­ti­gen Ro­ma­ne für die Büh­ne um­zu­set­zen, ver­dich­te­te Ja­co­bi die Vor­la­gen und er­gänz­te sie mit ei­nem ver­bin­den­den Ele­ment: dem Wohn­haus, in dem die bei­den Prot­ago­nist:in­nen le­ben. An­sons­ten blei­ben Hoch­druckund Crash auch in der Thea­ter­ad­ap­ti­on ei­gen­stän­dig. 

Ent­stan­den ist ein 85-mi­nü­ti­ges «Live-Hör­spiel», al­so ein Hör­spiel, zu dem live auf der Büh­ne ge­spielt wird – in et­wa so wie bei Lip-Sync. Die Form des Hör­spiels sei für Ju­gend­li­che be­son­ders at­trak­tiv, er­klärt die Re­gis­seu­rin Ja­co­bi, zu­dem lie­be sie selbst Hör­spie­le: «Ich woll­te schon im­mer mal ein Hör­spiel ma­chen». 

Die Geschichte spielt in Fenstern (Bild: pd/Stephan Zbinden)

Die Spre­cher:in­nen der äl­te­ren Fi­gu­ren sind En­sem­ble­mit­glie­der des Fi­gu­ren­thea­ters, dar­un­ter Elia­ne Blu­mer und Lu­kas Boll­hal­der. Da­mit die ju­gend­li­chen Rol­len mög­lichst au­then­tisch klin­gen, ar­bei­te­te das Thea­ter mit Schau­spiel­stu­die­ren­den der ZHdK zu­sam­men. Sie spre­chen nicht nur Ca­ro und Ble­rim, son­dern auch wei­te­re jun­ge Fi­gu­ren. Die­se Auf­nah­men hat der Mu­sik- und Au­dio­pro­du­zent Ma­nu­el Le­der­ger­ber mit Mu­sik und Ge­räu­schen er­gänzt und zu ei­nem Hör­spiel zu­sam­men­ge­fügt. 

Her­aus­for­de­rung Hör­spiel 

Auf der Büh­ne spie­len dann Blu­mer und Boll­hal­der sämt­li­che Rol­len, und das se­kun­den­ge­nau ab­ge­stimmt auf das Hör­spiel. Ge­nau das sei für die zwei Pup­pen­spie­ler:in­nen ei­ne enor­me Her­aus­for­de­rung ge­we­sen, sagt Ja­co­bi: «Zu­erst dach­ten die bei­den, sie hät­ten end­lich mal Rol­len, für die sie kei­nen Text aus­wen­dig ler­nen müs­sen. Aber das muss­ten sie na­tür­lich trotz­dem, um die Fi­gu­ren über­haupt spie­len zu kön­nen.»

Das Büh­nen­bild er­in­nert an ei­nen über­gros­sen Setz­kas­ten. Da­bei, so er­klärt die Re­gis­seu­rin, leuch­te Sze­ne für Sze­ne ein an­de­res Fens­ter auf: «Es ist wie ein Haus, bei dem je­weils ein Fens­ter er­leuch­tet ist und dar­in pas­siert et­was». Das Stück imi­tiert al­so die Er­zähl­form des Co­mics, bei dem es auch im­mer von ei­nem Fens­ter zum nächs­ten geht.

Pas­send da­zu sei in Hoch­druck al­les zwei­di­men­sio­nal, so Frau­ke Ja­co­bi. Die Fi­gu­ren tre­ten als Emo­jis oder Schat­ten­fi­gu­ren auf. In Crash da­ge­gen wirds dann drei­di­men­sio­nal, aber auch hier gibts kei­ne tra­di­tio­nel­len Hand­pup­pen, son­dern Ac­tion­fi­gu­ren: Son-Go­ku als Ble­rim und Cap­tain Mar­vel als des­sen Love In­te­rest. 

Sol­che Pop­kul­tur-Re­fe­ren­zen sol­len den Ju­gend­li­chen hel­fen, ei­nen Zu­gang zum Stück zu fin­den. Den­noch sei die Test­klas­se aus dem Be­rufs­vor­be­rei­tungs­jahr der GBS von der In­sze­nie­rung an­fäng­lich et­was ir­ri­tiert ge­we­sen, re­flek­tiert Ja­co­bi. Das Feed­back fiel am En­de aber po­si­tiv aus. 

Schwieriges Zielpublikum

Vorerst wertet das Theater die Produktion Hochdruck und Crash als Versuch: «Wir werden jetzt nicht jedes Jahr ein Stück für Jugendliche machen», berichtet Jacobi. Grundsätzlich sei man offen dafür, aber der Zugang zum Zielpublikum sei sehr herausfordernd. 

Jugendliche kämen nicht mal eben abends ins Theater, erklärt die Regisseurin, und Schulen bevorzugten häufig Literaturinszenierungen am Konzert und Theater St.Gallen. Dabei seien gerade klassische Stücke, wie etwa Frischs Biedermann und die Brandstifter oder Der Besuch der alten Dame von Dürrenmatt, sehr beliebt. 

Das findet Jacobi schade, denn das Figurentheater biete Stücke, die die Lebenswelt junger Menschen direkt aufgreifen. Trocken fügt sie an: «Und Der Besuch der alten Dame ist doch kein Jugendthema». 

Hochdruck und Crash: 5. bis 7. November, jeweils um 19 Uhr, Figurentheater St.Gallen.

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In Hochdruck wird mit Emojis gearbeitet  (Bild: pd/Stephan Zbinden)

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