Umtriebig, aber erfolglos – Schweizer Frontisten in der Ostschweiz

Neben den reichsdeutschen Gruppen waren auch Schweizer Bürger in der Ostschweiz aktiv. Sie setzten sich für eine helvetische Variante des Faschismus ein und forderten den Anschluss an das Dritte Reich.

Die be­reits 1911 ein­set­zen­de Kri­se der St.Gal­ler Sti­cke­rei in­ten­si­vier­te sich in den 1920er-Jah­ren. Zwi­schen 1929 und 1935 brach die Aus­fuhr von St.Gal­ler Sti­cke­rei­en um zwei Drit­tel ein. Die Ar­beits­lo­sen­zah­len ver­dop­pel­ten sich zwi­schen 1930 und 1932. Der Mit­tel­stand hat­te mit der schwie­ri­gen wirt­schaft­li­chen La­ge zu kämp­fen, Kon­kur­se häuf­ten sich. Vie­len schien die Po­li­tik zu we­nig da­ge­gen zu un­ter­neh­men. Ei­ni­ge sa­hen den ein­zi­gen Weg aus der Kri­se in ei­ner au­to­ri­tä­ren Neu­ord­nung nach na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schem Vor­bild.

Die Wirt­schafts­kri­se und die An­zie­hungs­kräf­te des nörd­li­chen Nach­barn nach der Macht­er­grei­fung der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten gip­fel­ten An­fang 1933 im so­ge­nann­ten «Fron­ten­früh­ling». Vie­le au­to­ri­tä­re und fa­schis­ti­sche Grup­pie­run­gen or­ga­ni­sier­ten sich und führ­ten oft den «Front»-Be­griff im Na­men.

«Fron­ten­früh­ling» in der Ost­schweiz

An­fang der 1930er-Jah­re wur­den in Zü­rich ver­schie­de­ne Grup­pen wie et­wa die Na­tio­na­le Front oder die Neue Front ge­grün­det. Die Neue Front, von Ro­bert To­bler mit­ge­grün­det, stamm­te ei­gent­lich aus dem jung­li­be­ral-frei­sin­ni­gen Mi­lieu. Sie stand für ei­ne be­rufs­stän­di­sche Ord­nung (sie­he In­fo­box) und An­ti­mar­xis­mus ein. Fas­zi­niert von der Macht­er­grei­fung der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten 1933 im Drit­ten Reich nä­her­te sich die Neue Front der Na­tio­na­len Front an und ging schliess­lich in ihr auf.

1932 wur­den die Fron­ten­be­we­gun­gen in St.Gal­len um­trie­bi­ger. Ih­re Mit­glie­der wa­ren zum Teil in meh­re­ren die­ser Or­ga­ni­sa­tio­nen ak­tiv, so dass die Zahl der Fron­tis­ten in St.Gal­len schwie­rig ein­zu­schät­zen ist. Wich­ti­ge Or­ga­ni­sa­tio­nen im Kan­ton wa­ren et­wa die Na­tio­na­le Be­we­gung Schweiz, die Eid­ge­nös­si­sche Samm­lung oder die Na­tio­na­le Op­po­si­ti­on. Zum Teil stamm­ten die Mit­glie­der auch aus an­de­ren Kan­to­nen, so ka­men et­wa 30 Mit­glie­der der Na­tio­na­len Op­po­si­ti­on aus dem Thur­gau.

Berufsständische Ordnung

Die be­rufs­stän­di­sche Ord­nung be­zeich­net ein po­li­ti­sches Ord­nungs­mo­dell, das ei­ne hier­ar­chisch ge­glie­der­te Ge­sell­schaft nach Be­rufs­grup­pen (Stän­den) an­streb­te – als Al­ter­na­ti­ve zur li­be­ra­len De­mo­kra­tie und zum Klas­sen­kampf, teils an­ge­lehnt an die ge­sell­schaft­li­chen Struk­tu­ren im An­ci­en Ré­gime. In sei­ner «mo­der­nen» Va­ri­an­te, in­spi­riert vom ita­lie­ni­schen Fa­schis­mus, soll­te je­de Be­rufs­grup­pe (z. B. Bau­ern, Hand­wer­ker, Aka­de­mi­ker) ih­re In­ter­es­sen in ei­nem au­to­ri­tär ge­führ­ten Staats­we­sen ver­tre­ten, je­doch nicht im Sin­ne in­di­vi­du­el­ler Frei­heit, son­dern im Dienst der «Volks­ge­mein­schaft». (red.)

1932 grün­de­te sich die Neue Front in St.Gal­len. Orts­grup­pen­füh­rer war Ma­rio Kar­rer (sie­he Se­rie-Bei­trag über Hans Kläui und Ma­rio Kar­rer im Ju­ni­heft). Im Ju­li 1933 be­such­ten 2000 Per­so­nen ei­nen An­lass der Grup­pie­rung, dar­un­ter auch Geg­ner der Fron­tis­ten. Es kam zu ei­ner Schlä­ge­rei mit So­zi­al­de­mo­kra­ten, die sich den Kampf ge­gen die hel­ve­ti­sche Va­ri­an­te des Fa­schis­mus auf die Fah­nen ge­schrie­ben hat­ten.

Die Na­tio­na­le Front war die gröss­te und wich­tigs­te Fron­ten­or­ga­ni­sa­ti­on in der deutsch­spra­chi­gen Schweiz. Ver­schie­de­ne Grup­pen wie die be­reits er­wähn­te Neue Front oder auch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Eid­ge­nös­si­sche Ar­bei­ter­par­tei (NSEAP) schlos­sen sich ihr an. Sie zähl­te zu ih­ren bes­ten Zei­ten wohl nicht viel mehr als 9000 Mit­glie­der. Hoch­bur­gen der Par­tei wa­ren Schaff­hau­sen und Zü­rich.

Ihr Pu­bli­ka­ti­ons­or­gan «Der Ei­ser­ne Be­sen» stand da­für, die al­te Ord­nung hin­weg­zu­fe­gen. Die Frönt­ler zo­gen von Haus zu Haus, um die Zei­tung un­ters Volk zu brin­gen. Ihr na­he stan­den zu­dem auch die «Front» oder die «Na­tio­na­len Hef­te», die in den 1930er- und 1940er-Jah­ren her­aus­ge­ge­ben und vom Bun­des­rat mehr­fach zen­su­riert oder so­gar ver­bo­ten wur­den.

Die Na­tio­na­le Front grün­de­te im De­zem­ber 1933 ei­ne Orts­grup­pe im Rhein­tal und ei­ne in Watt­wil. 1934 folg­ten die drei Orts­grup­pen Alt­tog­gen­burg, Nie­der­hel­fen­schwil und Ne­cker­tal. Im sel­ben Jahr hat­te die Na­tio­na­le Front im Kan­ton St.Gal­len ei­ne «Gau­lei­tung» ein­ge­führt, die Hans Kläui über­nahm (sie­he hier­zu eben­falls den Bei­trag im Ju­ni­heft).

Mit den Kan­to­nen Zü­rich, Schaff­hau­sen und Aar­gau zähl­te der Kan­ton St.Gal­len da­mit zu den «von der Fron­ten­be­we­gung am in­ten­sivs­ten durch­or­ga­ni­sier­ten Ge­gen­den», so der His­to­ri­ker und ehe­ma­li­ge Staats­ar­chi­var Sil­vio Bucher.

Mit­glie­der wa­ren vor al­lem Män­ner zwi­schen 20 und 40 Jah­ren, wie Ur­su­la Stadl­mül­ler in ih­rer Mas­ter­ar­beit zu den Fron­ten im Kan­ton St.Gal­len schreibt. Die gröss­te Al­ters­grup­pe bil­de­ten mit 35 Pro­zent die 20- bis 29-Jäh­ri­gen. Mit 72 Pro­zent kam die gros­se Mehr­heit der Mit­glie­der aus dem Mit­tel­stand: Bau­ern, Hand­wer­ker, Klein­händ­ler, un­te­re und mitt­le­re An­ge­stell­te. Re­la­tiv zur Be­völ­ke­rungs­zahl leb­ten die meis­ten Fron­tis­ten im Kan­ton im Un­ter­rhein­tal, in St.Gal­len, im Neu­tog­gen­burg und in Ror­schach. Al­ler­dings be­we­gen wir uns im Pro­mil­le­be­reich, in St.Gal­len wa­ren es ge­ra­de mal 0,37 Pro­zent der Be­völ­ke­rung.

Am 3. Juli 1938 marschiert die Nationale Front beim Hauptbahnhof St.Gallen auf. (Bild: Staatsarchiv St.Gallen)

Füh­ren­de Prot­ago­nis­ten der schwei­ze­ri­schen Fron­ten­be­we­gung reis­ten nach St.Gal­len, um Re­den zu hal­ten, et­wa Al­fred Zan­der, Rolf Hen­ne, Ro­bert To­bler. Zan­ders Vor­trag in Watt­wil be­such­ten 100 Per­so­nen. Den Re­den von Karl Mey­er und Wolf Wirz lausch­ten im «Schüt­zen­gar­ten» in St.Gal­len gar 1000 An­hän­ger, aber auch Neu­gie­ri­ge und Geg­ner. Ei­nes der Haupt­er­eig­nis­se war der «Gau­tag» am 3. Ju­li 1938, als 500 Fron­tis­ten aus der gan­zen Schweiz durch St.Gal­len zo­gen. Gaufüh­rer aus Lu­zern, Ba­sel, So­lo­thurn, Aar­gau und Ver­tre­ter der Aus­lands­schwei­zer Fron­tis­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen wa­ren vor Ort. Am Abend hiel­ten mit Ro­bert To­bler und Karl Mey­er zwei schweiz­weit füh­ren­de Fron­tis­ten Re­fe­ra­te im «Schüt­zen­gar­ten».

Kri­se der Fron­ten­be­we­gung und be­hörd­li­che Ge­gen­mass­nah­men

In den 26 Punk­ten des Pro­gramms der Na­tio­na­len Front trat ein of­fe­ner An­ti­se­mi­tis­mus und An­ti­li­be­ra­lis­mus zu­ta­ge. Für die wirt­schaft­li­che Kri­se wur­den die Ju­den ver­ant­wort­lich ge­macht, eben­so wur­de ih­nen in ver­schwö­rungs­theo­re­ti­scher Ma­nier ein Ein­fluss auf die Be­hör­den un­ter­stellt. Die Lö­sung sah die Fron­ten­or­ga­ni­sa­ti­on in ei­ner füh­rer­ori­en­tier­ten Volks­ge­mein­schaft von «Ari­ern».

Ih­rem An­ti­li­be­ra­lis­mus folg­ten der­weil ei­ni­ge aus dem ka­tho­lisch-kon­ser­va­ti­ven Mi­lieu (mehr da­zu im Se­rie-Bei­trag im April­heft). Gra­du­el­le An­nä­he­run­gen an die Fron­ten gab es auch sei­tens der Bau­ern­hei­mat­be­we­gung. Was die St.Gal­ler Pres­se be­trifft, blie­ben die Sym­pa­thien et­wa in der ka­tho­lisch-kon­ser­va­ti­ven Zei­tung «Die Ost­schweiz» un­ter Chef­re­dak­teur Carl Do­ka (1896–1980) nicht un­be­merkt. Im «Wi­ler Bo­ten» warb der Re­dak­teur Wal­ter Klin­ger im Mai 1933 of­fen für fron­tis­ti­sche Ideen: «Wir kön­nen nicht glau­ben, dass die gros­sen geis­ti­gen Be­we­gun­gen in Ita­li­en, Un­garn, Por­tu­gal, Ös­ter­reich und Deutsch­land spur­los an der po­li­ti­schen Ent­wick­lung un­se­rer Hei­mat vor­über­ge­hen sol­len.» Sie sei­en ei­ne «ge­sun­de Re­ak­ti­on» auf den «un­heil­vol­len Wirt­schafts­li­be­ra­lis­mus» und den «volks­zer­set­zen­den Mar­xis­mus».

Die ra­di­ka­le Stoss­rich­tung der Fron­ten und ih­re deutsch­freund­li­che Hal­tung sties­sen bei vie­len Ost­schwei­zer:in­nen al­ler­dings auf we­nig Ge­gen­lie­be. Der Fron­ten­früh­ling flau­te schweiz­weit wie auch in der Ost­schweiz be­reits Mit­te der 1930er-Jah­re wie­der ab. Das hat­te auch mit stei­gen­dem Druck der Be­hör­den und po­li­zei­li­chen Mass­nah­men zu tun.

Ein St.Galler Fröntler macht Karriere in Deutschland

Der St.Gal­ler Ben­no Hein­rich Schaep­pi (1911–1988) wuchs in Er­zie­hungs­hei­men auf und ab­sol­vier­te sei­ne Aus­bil­dung in Ba­sel und Zü­rich. Er freu­te sich auf sei­nen Mi­li­tär­dienst, wur­de je­doch auf­grund der gu­ten zah­len­mäs­si­gen Be­set­zung sei­nes Jahr­gangs we­gen sei­ner Seh­schwä­che aus­sor­tiert und zum Hilfs­dienst ein­ge­teilt. Er schloss sich in den 1930er-Jah­ren der Na­tio­na­len Front an, bei der er es weit brach­te. Zwi­schen 1936 und 1938 wur­de er Lan­des­pro­pa­gan­da­lei­ter der Na­tio­na­len Front und Re­dak­tor der Schaff­hau­ser Fron­ten­zei­tung «Grenz­bo­te». 1938 schloss er sich dem Bund treu­er Eid­ge­nos­sen an.

Für die SS spio­nier­te er Zie­le in der Schweiz aus und wur­de mehr­fach ver­haf­tet. 1941 sie­del­te er ins Drit­te Reich über und trat in die Waf­fen-SS ein. End­lich er­füll­te sich sein Wunsch nach ei­nem Sol­da­ten­le­ben. In der Schweiz we­gen sei­ner Bril­le aus­sor­tiert, war er im Drit­ten Reich Teil ei­ner Eli­te­trup­pe, wie er 1980 in ei­ner Fern­seh­do­ku­men­ta­ti­on sicht­lich stolz ver­kün­de­te. Er war zu­nächst Kriegs­be­richt­erstat­ter an der Ost­front.

Von 1941 bis 1944 nahm er ei­ne füh­ren­de Po­si­ti­on im Bund der Schwei­zer in Gross­deutsch­land (BSG) ein, ei­ner Or­ga­ni­sa­ti­on, die im Fal­le ei­ner Über­nah­me der Schweiz die Mi­nis­ter in der an­ge­glie­der­ten Schweiz stel­len soll­te. Von 1942 bis 1944 fun­gier­te er zu­dem als Lei­ter des so ge­nann­ten «Pan­ora­ma­heims» in Stutt­gart, ei­ner Auf­fang- und An­wer­be­stel­le für Schwei­zer und Liech­ten­stei­ner Kriegs­frei­wil­li­ge, die sich der Waf­fen-SS an­schlies­sen woll­ten. Das Zen­trum war dem Lu­zer­ner Arzt und SS-Ober­sturm­bann­füh­rer Franz Ried­weg un­ter­stellt. Schaep­pi mach­te die Of­fi­ziers­aus­bil­dung und wur­de 1944 Un­ter­sturm­füh­rer, dien­te in der Pro­pa­gan­da-Kom­pa­nie des III. Ger­ma­ni­schen SS-Pan­zer­korps. Von 1945 bis 1947 be­fand er sich in ame­ri­ka­ni­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft.

Den Schwei­zer Be­hör­den wa­ren Schaep­pis Kar­rie­re­sprün­ge nicht ver­bor­gen ge­blie­ben. Sie hat­ten ihn be­reits 1943 aus­ge­bür­gert. Ob­wohl man ihn dar­an hin­dern woll­te, ge­lang­te Schaep­pi 1947 il­le­gal über die Gren­ze, um vor dem Bun­des­straf­ge­richt in Lu­zern beim Pro­zess ge­gen Franz Ried­weg, ihn und 17 wei­te­re Mit­an­ge­klag­te aus­zu­sa­gen. Er wur­de un­ter an­de­rem we­gen frem­den Kriegs­diensts und Ver­let­zung mi­li­tä­ri­scher Ge­heim­nis­se zu 16 Jah­ren Zucht­haus ver­ur­teilt, aber 1956 vor­zei­tig ent­las­sen und in die BRD ab­ge­scho­ben. In Deutsch­land und Frank­reich ar­bei­te­te er als Kor­re­spon­dent, Pu­bli­zist und Ver­le­ger. Er starb 1988 in Eckern­för­de, Schles­wig-Hol­stein.

Der Kri­se der Fron­ten­be­we­gung folg­ten Strei­tig­kei­ten um die Füh­rer­schaft. Rolf Hen­ne trat als Lan­des­füh­rer der Na­tio­na­len Front zu­rück. Er schloss sich mit an­de­ren dem «Bund treu­er Eid­ge­nos­sen na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Welt­an­schau­ung» (BTE) an. Mit­be­grün­der wa­ren un­ter an­de­rem Al­fred Zan­der und Hans Oeh­ler, die vor­her auch bei der Na­tio­na­len Front ge­we­sen wa­ren.

Hen­nes Nach­fol­ger bei der Na­tio­na­len Front wur­de Ro­bert To­bler. Nicht sel­ten zank­ten sich füh­ren­de Fi­gu­ren der Fron­ten um die Lei­tung der Or­ga­ni­sa­ti­on. Zu be­ob­ach­ten war da­bei, dass die jün­ge­re Ge­ne­ra­ti­on von den Füh­rungs­strei­tig­kei­ten der Alt­fron­tis­ten nichts wis­sen woll­te. Statt­des­sen grün­de­ten sie bis­wei­len auch ei­ge­ne Grup­pen. In bei­den Ap­pen­zell und in St.Gal­len wa­ren das et­wa die Eid­ge­nös­si­sche Samm­lung und im Thur­gau der Jung-Thur­gau.

1938 be­schloss der Bun­des­rat Mass­nah­men «ge­gen staats­ge­fähr­li­che Um­trie­be und zum Schut­ze der De­mo­kra­tie». Er re­agier­te da­mit auf ei­ne Ein­ga­be von Par­la­men­ta­ri­ern, dar­un­ter Jo­han­nes Hu­ber, Mit­be­grün­der und ers­ter Prä­si­dent der SP St.Gal­len, die vom Bund mehr En­ga­ge­ment in die­se Rich­tung for­der­ten. Un­ter an­de­rem war nun die Be­schrän­kung der Ver­samm­lungs­frei­heit so­wie der Ein­griff in die Ver­eins­frei­heit ver­ein­facht. Zu­dem wur­de ei­ne Re­gis­tra­tur von rechts­extre­men (und links­extre­men wie auch aus­län­di­schen) Per­so­nen und Grup­pen ge­führt, die man als Vor­läu­fer der spä­te­ren stan­dar­di­sier­ten Fi­chen be­zeich­nen könn­te. In der Schweiz wur­den 5000 ex­tre­mis­tisch ein­ge­stell­te Per­so­nen re­gis­triert, in St.Gal­len 385. Die­se hät­ten im Kriegs­fall ver­haf­tet wer­den müs­sen, da man staats­feind­li­che Ak­ti­vi­tä­ten be­fürch­te­te. 54 Pro­zent der Über­wach­ten wur­den als rechts­extrem und 41 Pro­zent als links­extrem ein­ge­stuft.

In Ror­schach wur­de ei­gens ein kan­to­na­les Po­li­zei­kom­mis­sa­ri­at ge­führt, als Kom­mis­sar fun­gier­te Theo­dor Ei­sen­ring, Ror­scha­cher Stadt­rat und An­walt. Zwi­schen 1930 und 1945 wur­den al­lein in der Stadt St.Gal­len 
225 Ver­an­stal­tun­gen po­li­zei­lich über­wacht. 1941 lös­te die Po­li­zei et­wa ei­ne Ver­samm­lung der Eid­ge­nös­si­schen Samm­lung in St.Gal­len auf, da sie nicht be­wil­ligt war. Un­ter den An­we­sen­den wa­ren un­ter an­de­rem Ro­bert To­bler, Hans Kläui und Li­nus Brun­ner. Ab 1942 ver­bot die St.Gal­ler Po­li­zei al­le Ver­an­stal­tun­gen der Eid­ge­nös­si­schen Samm­lung. Ein Ver­such, kan­tons­über­grei­fend ge­gen die Fron­tis­ten vor­zu­ge­hen, ver­san­de­te am Des­in­ter­es­se ein­zel­ner kan­to­na­ler Ver­tre­ter.

Nach dem An­schluss Ös­ter­reichs an das Deut­sche Reich 1938 ging der St.Gal­ler Stadt­rat of­fen­si­ver ge­gen die Fron­ten vor. Kund­ge­bun­gen wur­den nun un­ter­sagt. Sie sei­en «Stim­mungs­ma­che ge­gen die de­mo­kra­ti­schen In­sti­tu­tio­nen» und «Ju­den­het­ze». Ei­ne Flug­blatt­ak­ti­on im Tog­gen­burg wur­de von der Po­li­zei ab­ge­bro­chen, die Rä­dels­füh­rer fest­ge­nom­men mit der Be­grün­dung, dass die Fly­er of­fen­kun­dig staats­feind­lich sei­en. Die Na­tio­na­le Front war ei­nem schweiz­wei­ten Ver­bot mit ei­ner Selbst­auf­lö­sung 1940 zu­vor­ge­kom­men.

Ver­schie­de­ne Po­li­ti­ker for­der­ten ei­ne här­te­re Gang­art, so zum Bei­spiel auch FDP-Kan­tons­rat Al­fred Baum­gart­ner, der ein Ver­bot von Grup­pen für not­wen­dig hielt, die vom Aus­land fi­nan­ziert oder un­ter­stützt wur­den und die das de­mo­kra­ti­sche Staats­we­sen ab­schaf­fen woll­ten. Auch die Be­völ­ke­rung füh­le sich durch das Auf­tre­ten der Na­tio­na­len Front in ih­rem «va­ter­län­di­schen Emp­fin­den» ver­letzt und die Ge­fahr von Zu­sam­men­stös­sen mit po­li­ti­schen Geg­nern sei ge­ge­ben, was die öf­fent­li­che Ru­he stö­re.

Aufmarsch der Nationalen Front am 16. Juni 1935 in Grabs. Vorne links im dunklen Hemd: Mario Karrer. (Bild: ETH-Archiv für Zeitgeschichte)

Of­fen­sicht­lich wur­den die Fron­ten mit ih­rer ideo­lo­gi­schen Ori­en­tie­rung nach Deutsch­land von vie­len als nicht-schwei­ze­risch und un­pa­trio­tisch wahr­ge­nom­men. Je­den­falls sei die Be­völ­ke­rung, so der Be­richt des Stadt­rats, ge­gen «al­le un­schwei­ze­ri­schen Um­trie­be». Hin­wei­se in die­se Rich­tung gab es un­ter an­de­rem in Sar­gans. Dort wur­den et­wa Ge­schäf­te von Fron­tis­ten von der lo­ka­len Be­völ­ke­rung boy­kot­tiert. In Gos­sau ver­wei­ger­te ein Gast­wirt der fron­tis­ti­schen Orts­grup­pe den Zu­tritt, sie muss­ten sich ein an­de­res Ver­eins­lo­kal su­chen.

Hoff­nung auf den «An­schluss» – zwei­te fron­tis­ti­sche Wel­le

Der Nie­der­gang der Fron­ten Mit­te der 1930er-Jah­re schien nach Kriegs­aus­bruch kurz­zei­tig auf­ge­hal­ten. Durch die Kriegs­nie­der­la­ge Frank­reichs 1940 er­fuh­ren sie ei­nen er­neu­ten Schub. Es kam zu Neu­grün­dun­gen. Im Kan­ton St.Gal­len wa­ren vor al­lem die Eid­ge­nös­sisch-So­zia­le Ar­bei­ter-Par­tei (ESAP), die Na­tio­na­le Be­we­gung Schweiz (NBS), die Sport­grup­pe Ror­schach, Jung-Rhein, die Na­tio­na­le Op­po­si­ti­on und die Eid­ge­nös­si­sche Samm­lung ak­tiv. Sie al­le wur­den stän­dig po­li­zei­lich über­wacht.

Die ESAP war 1936 in Zü­rich ge­grün­det wor­den und bald dar­auf auch in St.Gal­len ak­tiv. Mit­be­grün­der und ers­ter Orts­grup­pen­lei­ter war Er­win Seg­mül­ler, Fo­to­graf und Schrift­stel­ler. Sein Nach­fol­ger wur­de Wal­ter Niggli. Der Stütz­punkt be­fand sich im Haus an der Schmied­gas­se 6 in St.Gal­len. Sie be­trie­ben äus­serst ag­gres­si­ve po­li­ti­sche Wer­bung. 1938 er­hiel­ten sie ei­nen of­fe­nen Brief von den «Frau­en vom West­quar­tier St.Gal­len». Dar­in ver­wahr­te man sich aus christ­li­cher Ge­sin­nung her­aus ge­gen Ras­sis­mus. «Al­ler­orts ist man un­mu­tig, dass man es wagt, so ver­wor­fe­ne Ideen noch ‹Schwei­zer­volk› zu tau­fen (…) wir wer­den uns da­ge­gen weh­ren, dass Sie wei­ter dies ‹Schand­blatt› ver­brei­ten.»

Die Um­trie­big­keit der ESAP ver­mag aber nicht dar­über hin­weg­zu­täu­schen, dass sie letzt­lich er­folg­los war. Zu ih­ren Ver­an­stal­tun­gen in St.Gal­len ka­men meis­tens kaum zwei Dut­zend Leu­te. Sie fu­sio­nier­te schliess­lich mit der NBS, um ih­re Be­deu­tungs­lo­sig­keit zu über­win­den, was ih­nen je­doch nicht ge­lang. Die NBS zähl­te 1940 in St.Gal­len et­wa 180 Mit­glie­der und ein paar Dut­zend Sym­pa­thi­san­ten, wie das städ­ti­sche Po­li­zei­in­spek­to­rat fest­hielt. Sie folg­te in ih­rer Pro­gram­ma­tik den na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Leit­li­ni­en des Drit­ten Reichs. Füh­ren­de Prot­ago­nis­ten wa­ren Ma­rio Kar­rer, alt Po­li­zei­in­spek­tor Karl Kap­pe­l­er (1880–1947), Ju­rist Fer­di­nand El­ser, In-struk­ti­ons­of­fi­zier Gus­tav Dä­ni­ker (1896–1947), der Ju­rist Au­gust Kru­cker und der In­dus­tri­el­le Ar­nold Mett­ler-Spe­cker.

Mettler-Specker und Sohn

Es wa­ren nicht nur Leu­te aus der Mit­tel­schicht, son­dern auch Ver­tre­ter:in­nen hoch­an­ge­se­he­ner St.Gal­ler Fa­mi­li­en, die sich vom nörd­li­chen Nach­barn an­ge­zo­gen fühl­ten. Als pro­mi­nen­tes Bei­spiel wohn­te in der Vil­la Freya gleich un­ter­halb der Vil­la Ro­sen­hof beim St.Gal­ler Kin­der­fest­platz, in -de­ren Ne­ben­ge­bäu­de sich zeit­wei­lig das deut­sche Kon­su­lat be­fand, der Tex­til­un­ter­neh­mer Ar­nold Mett­ler-Spe­cker (1867–1945), von Kri­ti­ker:in­nen auch «Hit­ler-Spe­cker» ge­nannt.

Ab 1927 sitzt er für die FDP im Kan­tons­rat, tritt aber noch wäh­rend der Amts­zeit 1934 zu­rück. Er sam­melt Kunst und steu­ert be­deu­ten­de Tei­le der Samm­lun­gen des St.Gal­ler Kunst­mu­se­ums und des da­ma­li­gen His­to­ri­schen und Völ­ker­kun­de­mu­se­ums (heu­te: Kul­tur­mu­se­um) bei. 1938 wird er auf­grund «po­li­ti­scher Ver­wir­rung» als Ver­wal­tungs­rats­prä­si­dent der Mett­ler & Co. AG ab­ge­setzt, Ar­nold Mett­ler jun. über­nimmt. Be­reits nach dem Ers­ten Welt­krieg hat sich Ar­nold sen. im­mer wei­ter von sei­nen li­be­ra­len Über­zeu­gun­gen ent­fernt und ent­wi­ckelt sich zum be­ken­nen­den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Eben­so sei­ne Frau El­sa (1881–1971), die nach dem frü­hen Krebs­tod ih­rer Toch­ter ih­rer­seits Halt in der au­to­ri­tä­ren Ideo­lo­gie sucht.

Der jüngs­te Sohn, Han­nes Mar­tin Mett­ler (1914–1941), fällt mit sie­ben Jah­ren auf ei­ne Sche­re und ver­liert sein lin­kes Au­ge. Von der Welt­an­schau­ung sei­ner El­tern ist er der­mas­sen durch­drun­gen, dass er sich frei­wil­lig der Waf­fen-SS an­dient und im Ok­to­ber 1941 als ei­ner der ers­ten Schwei­zer Frei­wil­li­gen an der Ost­front in der 
Ukrai­ne um­kommt. (hrt)

Der Va­ter schreibt ein To­ten­ge­dicht:

Mein Han­nes!
Ein Win­kel­ried, nein, schwe­rer wog dein Los;
Du trugst schon lan­ge in Dei­nes Her­zens Schoss
Den Wil­len, Dich zu op­fern, tät es not, 
er aber fand spon­tan den Op­fer­tod.
Du fühl­test se­hend, dass Eu­ro­pa krank,
Du wuss­test drum dem deut­schen Füh­rer Dank
für Volks­ge­mein­schaft, Eh­re, Bo­den, Blut,
die Über­zeu­gung gab Dir Hel­den­mut!
Du woll­test nicht nur kämp­fen mit dem Geist,
es op­fert sich, wer sich als voll er­weist!
Drum, lie­ber Han­nes, gingst Du in den Tod,
Du gabst dein Le­ben für ein Mor­gen­rot.
Die­weil der Dank der Hei­mat heut’ noch karg,
scheint erst die Son­ne über Sorg und Sarg,
wirst Du als leuch­tend Vor­bild auf­er­steh’n,
wenn die im Dun­kel Wan­deln­den einst seh’n.

St.Gal­len, 21. Ok­to­ber 1941.
Dein Va­ter.

Nach dem Ver­bot der NBS am 19. No­vem­ber 1940 for­mier­te sich in St.Gal­len die «Schwei­zer Ju­gend-Front» und Ernst Scheggs (1896–1963) «Jung-Rhein». Schegg war die trei­ben­de Kraft hin­ter di­ver­sen Ak­ti­vi­tä­ten und Grup­pen im Rhein­tal. Er grün­de­te ei­ne Kampf­grup­pe na­mens «Schutz­trupp» nach SS-Vor­bild. We­gen sei­ner ag­gres­si­ven ver­ba­len At­ta­cken auf die Schwei­zer Po­li­tik wur­de er 1943 zu ei­ner Haft­stra­fe ver­ur­teilt. Ehe­ma­li­ge NBS-Mit­glie­der grün­de­ten die «Sport-Schu­le Büe­ler/Maag» in Ror­schach. Sie war ei­ne Tarn­or­ga­ni­sa­ti­on für die SS im Auf­trag von Franz Ried­weg, dem Lu­zer­ner Arzt und SS-Ober­sturm­bann­füh­rer, de­ren Mit­glie­der in Feld­kirch auf Adolf Hit­ler ver­ei­digt wur­den. Zah­len­mäs­sig blieb die Grup­pe aber im Ge­gen­satz zu ana­lo­gen Grup­pen in Bern und Zü­rich mit 25 Mann un­be­deu­tend.

Ma­rio Kar­rer grün­de­te eben­falls als Re­ak­ti­on auf das Ver­bot der NBS die Na­tio­na­le Op­po­si­ti­on (NO). Sie galt man­chen als di­rek­te Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on, vie­le ehe­ma­li­ge NBS-Mit­glie­der wirk­ten in der NO wei­ter. Die Or­ga­ni­sa­ti­on hat­te Ab­le­ger in Ror­schach, im Fürs­ten­land und im Un­ter­rhein­tal.

Ihr wich­tigs­ter Vor­den­ker war Hans Kläui. Er ver­fass­te un­ter an­de­rem das Par­tei­lied, das so­ge­nann­te «Sän­tis­lied». Dar­in wur­de die Über­win­dung der Klas­sen­ge­sell­schaft durch ei­ne ras­si­sche Volks­ge­mein­schaft be­sun­gen: «Wir ken­nen kei­ne Klas­se, nur Volk, das ei­nig schafft! Zum Schutz von Blut und Ras­se steh’n wir in treu­er Kraft». Man gab sich sie­ges­ge­wiss: «Noch geht es hart ge­knech­tet, von Lo­gen­gold und Joch; wie sehr man uns ent­rech­tet: Ha­rus! Wir sie­gen doch!»

Frontistenführer Hans Kläui um 1930. (Bild: Staatsarchiv St.Gallen)

Erwin Segmüller. (Bild: Staatsarchiv St.Gallen)

In Wirk­lich­keit war dem Ver­fas­ser Hans Kläui aber be­wusst, wie un­rea­lis­tisch es war, die gros­se Mas­se der Schwei­zer Bür­ger:in­nen für sich zu ge­win­nen. Um die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Re­vo­lu­ti­on in der Schweiz den­noch zu ver­wirk­li­chen, müs­se sie an das Drit­te Reich «an­ge­schlos­sen», sprich: er­obert wer­den. Die Na­zis bräuch­ten dann le­dig­lich fä­hi­ge Ka­der, die dann das neue Re­gime füh­ren könn­ten. Die Fron­tis­ten dach­ten hier­bei selbst­ver­ständ­lich an sich selbst.

Aus­schluss aus dem Kan­tons­rat, aber kei­ne Un­ter­su­chung

Wäh­rend der Zwei­te Welt­krieg in vol­lem Gan­ge war, hielt der Schaff­hau­ser Fron­tist Rolf Hen­ne am 9. No­vem­ber 1941 im St.Gal­ler Ho­tel Wal­hal­la ei­ne Re­de. Die Angst vor Deutsch­land sei un­be­grün­det. Das neue Eu­ro­pa sei be­reits an­ge­bro­chen. Jetzt sei der Zeit­punkt des sich Ein­fin­dens in die neue Ord­nung. Man dür­fe sich sei­ne An­pas­sungs­mög­lich­kei­ten nicht ver­scher­zen. Jetzt heis­se es tüch­tig ans Werk zu ge­hen. Die Geg­ner die­ser «Um­mo­de­lung» sei­en das Ka­pi­tal, Ju­den­tum, Frei­mau­re­rei, Kir­che und die Pres­se. Über­zeu­gend oder mo­bi­li­sie­rend wirk­ten sol­che Re­den auf Nicht-Na­tio­nal­so­zia­lis­ten wohl kaum. Mit der zu­neh­men­den Re­pres­si­ons­wel­le der Schwei­zer Be­hör­den reis­ten vie­le ins Drit­te Reich und wirk­ten dort po­li­tisch.

Die NO nahm als ein­zi­ge fron­tis­ti­sche Grup­pie­rung an den St.Gal­ler Kan­ton­rats­wah­len 1942 teil, wo­bei die Wahl­kam­pa­gne von Ar­nold Mett­ler-Spe­cker fi­nan­ziert wur­de. Sie trat im Be­zirk St.Gal­len mit ei­ner Drei­er­lis­te von Hans Kläui, Ma­rio Kar­rer und Ot­to Diet­sch­wei­ler an. Die ESAP for­der­te ih­re Mit­glie­der da­zu auf, für die NO zu stim­men. Die NO er­rang schliess­lich mit 417 Lis­ten­stim­men 3,3 Pro­zent und schaff­te den Ein­zug ins Par­la­ment mit ei­nem Sitz. Die­sen be­setz­te Ma­rio Kar­rer, der nur zwei Stim­men mehr als Hans Kläui er­hal­ten hat­te.

Als der Bun­des­rat der NO Spit­zel­tä­tig­keit nach­wei­sen konn­te, be­schloss er de­ren Ver­bot und Auf­lö­sung per En­de 1942. Auch Kar­rer wur­de nach ei­ner Haus­durch­su­chung Spio­na­ge nach­ge­wie­sen. Als Mit­glied ei­ner ver­bo­te­nen Or­ga­ni­sa­ti­on wur­de er aus dem Kan­tons­par­la­ment aus­ge­schlos­sen.

1945 for­der­ten SP-Kan­tons­rat und 27 Mit­un­ter­zeich­nen­de ei­ne Auf­klä­rung und Auf­ar­bei­tung der NS-Ak­ti­vi­tä­ten. FDP-Kan­tons­rat Her­mann Rind­lis­ba­cher woll­te auch fron­tis­ti­sche Um­trie­be über­prü­fen las­sen. Die Re­gie­rung stell­te sich al­ler­dings auf den Stand­punkt, dass «ver­werf­li­che Ge­sin­nun­gen» nach all­ge­mei­nen und schwei­ze­ri­schen Rechts­grund­sät­zen nicht be­straft wer­den könn­ten. Re­gie­rungs­rat Jo­sef Rie­de­ner (1892–1965) mein­te da­zu: «Wenn al­le Schwei­zer in Un­ter­su­chung ge­zo­gen wer­den soll­ten, die ir­gend­wie hin­sicht­lich ih­rer schwei­ze­ri­schen Ge­sin­nung ‹aus der Rei­he ge­tanzt hät­ten›, so wä­ren wohl der Öf­fent­lich­keit noch ei­ni­ge Über­ra­schun­gen zu be­rei­ten und könn­ten mög­li­cher­wei­se auch ein­zel­ne Mit­un­ter­zeich­ne­te der In­ter­pel­la­ti­on ein­be­zo­gen wer­den.»

Ei­ne kan­tons­par­la­men­ta­ri­sche Un­ter­su­chung der NS- und Fron­ten­ak­ti­vi­tä­ten war da­mit ab­ge­wehrt. Die Auf­ga­be wur­de den His­to­ri­ker:in­nen über­las­sen. Ei­ne wis­sen­schaft­li­che Ge­schich­te des Schwei­zer Fa­schis­mus bleibt in­des noch zu schrei­ben.

 

Sil­vio Bucher: Fron­tis­ten im «Gau Ost­schweiz», in: Sankt-Gal­ler Ge­schich­te 2003 (Band 7: Die Zeit des Kan­tons 1914—1945), S.205–224.

Max Lem­men­mei­er: Po­li­tik zwi­schen Klas­sen­kampf und na­tio­na­lem Kon­sens, in: Sankt-Gal­ler Ge­schich­te 2003 (Band 7: Die Zeit des Kan­tons 1914–1945), S.55–92.

Ur­su­la Stadl­mül­ler: Fron­ten im Kan­ton St.Gal­len 1938–1943, un­ver­öf­fent­lich­te Li­zen­zi­ats­ar­beit der Phi­lo­so­phi­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Zü­rich, 2009.

Wal­ter Wolf: Fa­schis­mus in der Schweiz. Die Ge­schich­te der Fron­ten­be­we­gun­gen in der deut­schen Schweiz 1930–1945. Flam­berg, Zü­rich 1969.

Bet­ti­na Zan­gerl: Schwei­zer Fron­tis­ten in der Waf­fen-SS, On­line-Bei­trag von ETHe­ri­ta­ge, 1. März 2024, (ethe­ri­ta­ge.ethz.ch/2024/03/01/schwei­zer-fron­tis­ten-in-der-waf­fen-ss/), zu­letzt ab­ge­ru­fen am 14. Au­gust 2025

Di­ver­se Ar­ti­kel im His­to­ri­schen Le­xi­kon Schweiz (HLS), hls.ch

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