, 29. September 2019
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Ideas are easy. Execution is hard.

Was Jacques der Henker mit Konfuzius dem Zoowärter gemeinsam hat. Jan Rutishauser geht in seiner Septemberkolumne dem Ursprung guter Ideen auf den Grund.

Warum schreiben Schriftsteller eigentlich so oft darüber, dass sie keine Ideen haben? Über die Angst vor dem leeren Blatt? Viel spannender wäre es doch zu fragen: Wo kommen Ideen eigentlich her? Und was sind sie?

Nun, bei mir ist es so, dass ich weiss, wann ich Ideen habe. Tatsächlich immer zum gleichen Zeitpunkt. Nämlich… zu spät. Daher klaue ich alle meine Ideen. Und zwar von meinem Hirn. Aber fragt nicht, woher mein Hirn sie hat!

Mark Twain soll gesagt haben: «Wie komme ich auf meine Pointen? Ganz einfach: Zuerst lache ich laut auf. Und dann denke ich rückwärts.» Für mich ist das Schlüsselwort in seiner Aussage «Denken».

Jan Rutishauser, 1987, ist Kabarettist, Kolumnist und Koach für Rechtschreibung und Comedy Writing. (Illustration: Lukas Schneeberger)

Andererseits geht es anscheinend auch ohne, denn Wilhelm Busch meinte: «Gedanken sind nicht stets parat, man schreibt auch, wenn man keine hat.» Es gibt sogar Autoren, die ausschliesslich dann schreiben. #Twilight

Beim Ideenfinden ist es natürlich von Vorteil, dass man eine Idee als solche auch zu erkennen vermag. Der Italiener Vilfredo Pareto definierte eine Idee als: «Nichts mehr oder weniger als die Kombination von alten Elementen.»

Und das stimmt heute noch. Als Beispiel ein Zitat: «Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir – für immer.» – Konfuzius, 36, Zoowärter, frisch arbeitslos.

Eine Idee erkennt man auch daran, dass sie im Nachhinein vollkommen offensichtlich erscheint. Dass der Moment, als es Klick gemacht hat, nicht mehr umkehrbar ist. Mir ging es gestern so, als ich meine Post geholt habe. Es hat Klick gemacht und plötzlich erkannte ich, dass ich einen Türstopper brauche.

Zu Beginn des Ideenfindens ist es elementar, nicht allzu kritisch zu sein. Das Schlimmste, was man jemanden sagen kann, ist: Komm mir nicht auf dumme Ideen. Denn der einzige Weg zu einer grandiosen Idee ist, viele Ideen zu haben. Oder anders gesagt: Der Weg zu guten Ideen ist mit schlechten Ideen gepflastert.

Deswegen lese ich jeden Morgen den «Blick». Nicht dass ich danach gute Ideen hätte. Nein, aber «Blick» lesen hilft, dass man sich für die eigenen schlechten Ideen nicht mehr schämt. Und ohne Scham machen schlechte Ideen sogar extrem viel Spass.

Beispiel: «Suppenrezepte nennt man in Japan auch Ramenbedingungen.»

Schlechte Ideen sind besser als ihr Ruf. Wenn zum Beispiel eine Idee von allen Seiten betrachtet schlecht ist, kann man sie immer noch zu Geld machen. Als Kreiselkunst.

Warum schreiben Schriftsteller eigentlich so oft darüber, dass sie keine Ideen haben? Keine Ahnung. Denn das wahre Problem sind nicht die Ideen. Sondern die Umsetzung. Nicht umsonst heisst es: «Ideas are easy. Execution is hard.» – Jean-Jacques, 45, Henker.

Dieser Beitrag erschien im Septemberheft von Saiten.

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