Betty Bossi kennen in der Schweiz fast alle. Mit ihr hat man guezlet, Blätterteigspezialitäten gezaubert oder Riz Casimir mit Bananen und Halbrahm gekocht. Nun gibt es, passend zum 70-jährigen Jubiläum der Marke, einen Betty-Bossi-Film. Und dass ein Film über eine Kunstfigur richtig toll sein kann, weiss man spätestens, seit Greta Gerwigs Barbie die Welt 2023 pink färbte.
Im von Peter Reichenbach und Roland Stebler produzierten Hallo Betty gehts nun, anders als in Barbie, nicht um die Kunstfigur selbst, sondern um deren Erfinderin Emmi Creola. Das Drehbuch für den Film stammt von André Küttel (Platzspitzbaby), Pierre Monnard (Platzspitzbaby) hat Regie geführt und Sarah Spale (ebenfalls Platzspitzbaby) ist in der Hauptrolle zu sehen. Auch der historische Kontext, in dem die Geschichte spielt, gibt einiges her: Emmi Creola erfindet Betty Bossi in einer Zeit, in der verheiratete Frauen die Erlaubnis des Ehemannes brauchten, um arbeiten zu dürfen, Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar und das Frauenstimmrecht Zukunftsmusik war.
Der Film sollte damit mindestens so «gelingsicher» sein, wie die Rezepte von Betty Bossi. So zumindest die Erwartung. Nun ist es aber mit Erwartungen ja immer so eine Sache. Man hoffte auf einen Film mit Biss, Witz und einer Prise Rebellion. Bekommen hat man, um es küchenmetaphorisch auszudrücken, kein Panang-Curry, sondern eben Riz Casimir. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, nur halt anders. Angepasst und leicht bekömmlich.
Figuren mit viel Klischee
Der Plot des Films ist rasch erklärt: Emmi Creola ist verheiratet, Mutter von drei Kindern und arbeitet in den 50er-Jahren bei einer Werbeagentur als Texterin. Um die Produkte einer Speiseölfirma zu vermarkten, entwickelt Creola die Werbefigur Betty Bossi. Eine fiktive Hausfrau, die «auf Augenhöhe» Rezepte und Haushaltstipps vermittelt. Doch mit dem Erfolg von Betty Bossi gerät Creolas eigenes Leben aus den Fugen. Sie ringt mit missgünstigen Arbeitskolleg:innen und der Doppelbelastung von Beruf und Familie.
Dabei hat die Hauptfigur des Films, Creola, Zeit sich zu entwickeln und mutiert nicht über Nacht zur emanzipierten Überfliegerin. Sie hadert, scheitert und wächst über sich hinaus. Spale spielt die Figur mit so viel Wärme, dass man nicht anders kann, als Creola einfach gut zu finden.
Bei den Nebenfiguren scheint sich Hallo Betty dann an Filmtypen aus den 50er-Jahren zu orientieren. Sie wirken affektiert und leicht überzeichnet, was dem Film durchaus eine charmante Retro-Note verleiht. Teilweise ist es aber doch zu klischiert: Der schmierige Schnösel, die aufgestylte Zicke, der väterliche Firmenpatron, die burschikose Rebellin.
Inhaltlich bleibt Hallo Betty eher unaufgeregt und liefert eine solide, wenn auch etwas überladene Erfolgsgeschichte. So wirken die Hindernisse, die Creola überwindet, manchmal gestelzt, ohne dass sie direkt zur Geschichte beitragen. Etwa wenn Creola einen kleinen Aufstand anzettelt, um ihre italienischen Freund:innen vor der Fremdenpolizei zu retten.
Willkommen in den 50ern
«Mit den Geschichten ists wie mit dem Essen, ein bisschen Garnitur macht alles besser», resümiert Creola einmal. Und tatsächlich ist es die Garnitur, oder eben die Kulisse, die Hallo Betty besonders stark macht. Detailverliebt transferiert Regisseur Pierre Monnard Kleidung, Frisuren, Büromobiliar und sogar die Produkte in den Lebensmittelgeschäften in die 50er-Jahre. Alles wirkt sehr authentisch und, untermalt von jazziger Musik, zieht einen der Film rasch in seinen nostalgischen Bann.
Vielleicht wäre man ob all der Nostalgie sogar gewillt, über die stereotypen Charaktere und die butterweiche Erfolgsgeschichte hinwegzusehen. Wenn da nur nicht die prominenten Produkteinszenierungen wären: Das Kambly-Guezli, das Creola genüsslich isst, die Victorinox-Werbung auf der ersten Betty-Bossi-Zeitschrift oder der Coop-Schriftzug auf einer späteren Ausgabe.
Dass der Film mit Unterstützung verschiedener Geschäftspartner:innen entstand, darunter auch Coop, zu dem die Marke Betty Bossi gehört, ist kein Geheimnis. Ausserdem lanciert Betty Bossi parallel zum Filmstart ein entsprechendes Kochbuch und auf der Betty-Bossi-Website heissts: «Unser Spätzli-Blitz hat es sogar auf die Kinoleinwand geschafft.»
Natürlich, Produkteplatzierung in Film und TV ist nichts Neues und hier auch absolut transparent. Trotzdem (oder gerade deswegen?) wirkt Hallo Betty teilweise etwas zu sehr wie ein Imagefilm. Und vielleicht ist Hallo Betty einfach eine Neuauflage von dem, was Creola schon 1956 gemacht hat, nämlich geschicktes Marketing. Nur vermisst man vielleicht, wie beim Riz Casimir, ein bisschen Pfiff.
Hallo Betty: 18. November, 19.30 Uhr, Kellertheater Winterthur; 19. November, 19. Uhr, Liberty Cinema, Weinfelden; 19. November, 19.30 Uhr, Kino Roxy, Romanshorn; 22. November, 19 Uhr, Kinok, St.Gallen.