Gemeinsam lässt es sich leichter für etwas einstehen. Auch die professionellen Tanzschaffenden im Kanton Thurgau machen sich diesen Grundsatz zu nutze. Denn hier gebe es wenig Bühnen und immer wieder auch ein zögerliches Publikum, sagt die Tänzerin Gisa Frank. «Gleichzeitig bestehen aber auch diverse Erwartungen und Sichtweisen rund ums Tanzen und dessen diverse Stilrichtungen.» Rund um den Kanton Thurgau sorgte die IG-Tanz und deren Förderprojekt Tanzplan-Ost, bei denen Gisa Frank ebenfalls aktiv war, in den letzten Jahren für eine wachsende Präsenz der freien Szene.
Hier möchte der Verein Tanznetz Thurgau ansetzen. Gemeinsam mit neun anderen Tanzschaffenden bildet Frank dessen als kollektiv organisierten Vorstand. «Die freie Szene soll auch im Kanton Thurgau dichter und in seiner Vielfalt sichtbar werden. Zudem wollen wir uns über die Kantonsgrenzen hinaus vernetzen, Spuren legen und Räume erobern», erzählt Frank.
Tänzerisches experimentieren
Genau dies soll auch am zweiten Event «Tanzspur 2 – Räume teilen» in der Shedhalle im Eisenwerk in Frauenfeld im Fokus stehen. Sieben Tänzer:innen vom Tanznetz Thurgau treffen am Samstag auf acht ältere Profitänzer:innen aus dem neugegründeten Schweizer Tanzkollektiv Dance Me To The End sowie einen Musiker aus dem Thurgau und eine Fotokünstlerin aus dem Kanton St.Gallen.
Gemeinsam teilen sie sich einen Raum und hinterfragen spielerisch Formate und Perspektiven und experimentieren mit Ton, Bild und Bewegung. Dabei steht das Aufeinandertreffen der 17 Kunstschaffenden und damit die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Generationen, Arbeitsweisen und Konzepten im Zentrum. Am Sonntag werden die Resultate dieses bewegten Austauschs dem Publikum präsentiert. Dieses soll aber auch verbal und körperlich partizipieren können.
«Körperliche Kunst berührt direkt und individuell sehr unterschiedlich»
Gemeinsames Bewegen: Eine Idee, bei der das Publikum an Grenzen stossen könnte – schliesslich geht es bei Bewegung um Körper und damit auch um Intimsphären. Gisa Frank dazu: «Körperliche Kunst berührt direkt und individuell sehr unterschiedlich.» Sie arbeite oft mit Kindern und Jugendlichen. «Theater spielen funktioniert für viele, sobald aber der Körper betroffen ist, es ums Bewegen oder Tanzen geht, wird es vielen schnell unangenehm.»
Aber gerade dieses Experimentieren und das behutsame Spiel mit Komfortzonen in dieser Auseinandersetzung scheint Teil des Konzepts der Veranstaltungsreihe zu sein. Und ebenso das Überraschende: Auch das Publikum weiss im Voraus nicht, was ihm an der Sonntags-Matinee geboten wird.
Eine Landkarte für den Tanz
Schon beim ersten Anlass «Tanzspur 1» im November 2024 in Arbon ging es laut Gisa Frank um einen «bewegten Austausch» Tanzschaffender aus dem Kanton Thurgau. Auch hier sei das Publikum Teil der tänzerischen Begegnung gewesen. Nach der Veranstaltung am kommenden Wochenende folgt dann im September «Tanzspur 3», welche voraussichtlich in die Parkanlagen und auf die Strassen Kreuzlingens führen wird. «Unter dem Titel «Öffentlicher Raum aus ungewohnter Perspektive» entsteht dort eine Zusammenarbeit mit der gebürtigen Thurgauer Tänzerin Anja Reinhart und ihren Performancekompliz:innen aus Zürich und Holland», verrät Frank.
Am Ende soll eine Landkarte entstehen, auf der das Kollektiv seine Spuren hinterlässt und so Räume für Tanz erobert, Netzwerke aufbaut, bekanntes Publikum begeistert und neues findet und damit den Tanz im Thurgau stärkt.
«Tanzspur 2»: 11. Mai, 11 Uhr, Shedhalle, Eisenwerk Frauenfeld.