Sich umarmende Delfine, Schusswaffen aus Lehm oder filigrane Blüten. Das alles war schon auf dem Kunstblatt. Und dieses Kunstblatt wird jetzt fünfzehn. Nein, nicht fünfzehn Jahre, sondern fünfzehn Ausgaben alt. Gefeiert wird das am 1. Dezember ab 17.30 Uhr im Projektraum «Auto» in St.Gallen.
Das Kunstblatt ist, genauer gesagt, ein Kunstposter im Offsetdruck. Die Vorderseite gestaltet jeweils ein:e Ostschweizer Künstler:in, auf der Rückseite gibts ein Porträt zu Werk und Person. Herausgegeben wird das Ganze monatlich vom Verein Kunstblatt und dann verteilt als unabhängige Einlage im gedruckten Saiten-Magazin.
Den Vereinsvorstand vom Kunstblatt bilden Ursula Badrutt (Kunsthistorikerin), Paula Knill (Kuratorin), Corinne Schatz (Kunsthistorikerin) und Hanspeter Spörri (Journalist). Im Gespräch betont Badrutt, dass aktuell leider eine Künstler:innen-Vertretung fehle. «Bis ins neue Jahr werden wir neu aufgestellt sein, denn diese Sicht beim Entscheiden ist uns sehr wichtig.»
Mehr Sichtbarkeit für Kunst
Initiiert hat das Kunstblatt die in St.Gallen lebende Künstlerin Anita Zimmermann 2024 als Reaktion auf die zurückgehende Kulturberichterstattung, so Badrutt. Ziel war es, Kunstschaffenden aus der Region eine zusätzliche und breite Plattform zu bieten und Sichtbarkeit zu schaffen.
Ein vergleichbares Format gibt es seit vielen Jahren und bis heute im Kanton Appenzell Ausserrhoden: Der Auftritt, mittig eingelegt in die zweimal jährlich erscheinende Publikation Obacht Kultur, für Kunstschaffende mit Bezug zum Kanton. Badrutt dazu: «Das Obacht ist durch den Kanton Appenzell Ausserrhoden vollfinanziert, gibt unter anderem Auskunft über die Entscheide und Tätigkeiten der Kulturförderung und erscheint zweimal im Jahr. Die Einlage Auftritt im Obachtbasiert also auf ziemlich anderen Grundlagen als das Kunstblatt.»
Zwischenzeitlich habe sich in der Vereinsorganisation des Kunstblattes zwar einiges getan, aber das Ziel sei unverändert geblieben. Das entnimmt man auch der erst kürzlich lancierten Website, auf der es heisst: «Mit dem Kunstblatt bekommen Kunstschaffende in und aus der Ostschweiz Aufmerksamkeit, Bühne, Wertschätzung, Präsenz – über die Region hinaus.»
Diskussionen und Carte Blanche
Welche:r Künstler:in jeweils ins Scheinwerferlicht des Kunstblattes tritt, diskutiert der Vereinsvorstand in regelmässigen Sitzungen. Nicht immer herrscht Konsens. «Wir sind eine überraschend heterogene Gruppe und da sind die Diskussionen immer sehr bereichernd», beschreibt Badrutt den Auswahlprozess und ergänzt: «Wir achten darauf, dass es bei den Kunstformen eine gewisse Vielfalt gibt und wir Kunstschaffende aus allen Förderregionen berücksichtigen. Zudem soll der Moment der Anfrage eine gewisse Relevanz im jeweiligen künstlerischen Schaffen zeigen.» Eine klare Strategie gebe es aber nicht. «Wir möchten hier offen bleiben und auch kurzfristig reagieren können.»
Für die Gestaltung der Kunstblätter erhalten die Künstler:innen eine Carte Blanche, wobei diese im Austausch mit der jeweils schreibenden Person entschieden werde. Für die Kunstschaffenden sei es ein besonderer Auftrag: «Viele betonen, dass das Kunstblatt Gelegenheit gebe, etwas auszuprobieren, das sie gerade beschäftigt.» Es sei entspannter, eine einzelne Arbeit zu machen und nicht gleich eine ganze Ausstellung.
Offene Zukunft
Auf die Frage, wie das Kunstblatt beim Publikum ankomme, erklärte Badrutt, dass es nur wenige Rückmeldungen gebe. Feststellen könne sie aber, dass sich manche sehr über das Kunstblatt freuen und es «zum Beispiel als Geschenkpapier» verwenden oder auch einfach sammeln.
Andere wiederum seien der Meinung, dass das Kunstblatt nicht an die Einlage im appenzellischen Obacht herankomme. Doch auch wenn dieser Vergleich naheliegend scheint, möchte Badrutt, die bei beiden Formaten involviert ist, diese nicht in eine Konkurrenzbeziehung setzen. «Im Unterschied zum Auftritt im Obacht etwa entstehen mit jedem Kunstblatt limitierte signierte und nummerierte Editionen, die erworben werden können. Zudem sind beim Kunstblatt Kunstschaffende aus der ganzen Ostschweiz involviert.»
Die Finanzierung ist die grosse Herausforderung für den Verein Kunstblatt. Die dank der öffentlichen Hand und Stiftungen zur Verfügung stehenden Mittel reichen knapp und eine Fortsetzung sei in Frage gestellt, so Badrutt. Man könne zwar die Kunstschaffenden für ihre Arbeit entlohnen, aber die Vorstands- und Redaktionsarbeit erfolge ehrenamtlich. Auch Saiten unterstützt das Kunstblatt, indem es die Beilage für das zweite Jahr zum Selbstkostenpreis möglich macht.
Und immerhin: «So ist die Finanzierung für 22 Kunstblätter gesichert, vielleicht reicht es sogar noch für eine Ausgabe mehr», sagt Badrutt. Was dann kommt? Ideen seien da, aber entschieden ist noch nichts.
Verein Kunstblatt: Feier zur 15. Ausgabe Kunstblatt, 1. Dezember, 17.00 Uhr, Gespräche um 17.30 und 18.30 Uhr, Projektraum «Auto», Wassergasse 4, St.Gallen.