In neuem Licht – mit neuen Schatten

Seit dem Stellenantritt von Direktor Peter Fux vor vier Jahren arbeitet das Kulturmuseum St.Gallen an seiner Neuausrichtung. Es verzeichnet erste Erfolge, lässt aber auch Fragen offen – etwa bei der Aufarbeitung des kolonialen Erbes und bei der Personalpolitik.

Das Künstlerinnenduo KAPPENTHULER / FEDERER hat für diesen Schwerpunkt das Kulturmuseum St.Gallen von aussen mit ihren selbstgebauten Camerae obscurae durchleuchtet.

Es gibt sie durch­aus, die luf­tig-lus­ti­gen Mo­men­te in der neu­en Aus­stel­lung «Raum – Zeit – Geist» im Kul­tur­mu­se­um St.Gal­len. Im düster ge­hal­te­nen, edel ge­stal­te­ten Raum sticht das Klemm­bau­stein-Mo­dell ei­nes Tes­la-Cy­ber-Trucks her­aus, mut­mass­lich sta­bi­ler ver­klebt als die Ver­scha­lung sei­nes rea­len Vor­bilds, hübsch voll­ge­sprüht mit Graf­fi­tis und Tags und der Auf­schrift auf der Front­schei­be: «Fuck Elon!»

Es bleibt ei­ner der we­ni­gen fre­chen Mo­men­te in ei­ner sonst eher kopf­las­ti­gen und in As­so­zia­ti­ons­tie­fen führen­den Ob­jekt­schau. Das «Tag­blatt» be­schrieb sie als «Denk­raum». Und zu den­ken gibt sie ei­nem de­fi­ni­tiv. Ei­ner­seits da und dort in an­re­gen­der und vom Di­rek­to­ri­um auch so ge­wünsch­ten Wei­se. An­de­rer­seits darf man dis­ku­tie­ren, ob ei­ne Aus­stel­lung, die beim Pu­bli­kum eher mehr Fra­gen auf­wirft als mögli­che Ant­wor­ten lie­fert, in die­sem Mu­se­um am rich­ti­gen Ort ist. Nach der kunst­his­to­risch ge­prägten Ära un­ter Da­ni­el Stu­der ist der neue Di­rek­tor und pro­mo­vier­te Süda­me­ri­ka-Ar­chäolo­ge Pe­ter Fux 2021 auch mit dem An­spruch an­ge­tre­ten, die drei im Haus ver­tre­te­nen Spar­ten Ar­chäolo­gie, Eth­no­lo­gie und Ge­schich­te wie­der mehr in den Fo­kus zu rücken. Bei der neu­en Son­der­schau ist das we­nig ge­lun­gen.

«Die Aus­stel­lung ist durch­aus auch als Ex­pe­ri­ment zu ver­ste­hen», sagt Pe­ter Fux im Ge­spräch mit Sai­ten. «Und mir scheint in der heu­ti­gen Zeit, in der das Ra­tio­na­le, das Zähl­ba­re do­mi­niert, ent­schei­dend, dass auch der Wert der geis­ti­gen Ar­beit und der Kul­tur- und Geis­tes­wis­sen­schaf­ten wie­der ver­mehrt be­tont wird.» Er ver­folgt da­bei den An­satz ei­ner «phi­lo­so­phi­schen An­thro­po­lo­gie» und ver­steht dar­un­ter «das Stu­di­um des Men­schen in all sei­nen Wir­kungs­fel­dern».

«Raum – Zeit – Geist» ist da­mit auch als pro­gram­ma­ti­sche Son­der­aus­stel­lung zu be­trach­ten. Im Kern soll es hier­bei um die Fra­ge ge­hen, wie sich der «Mensch als sym­bo­lisch den­ken­des We­sen» sei­ne Welt formt, im­mer wie­der tau­chen – wie auch im neu­en Mu­se­ums­lo­go – Kreis und Qua­drat auf, aus­ser­dem die Ku­gel als voll­kom­me­ne Form. Die geis­ti­ge Flug­höhe ist da­mit ab­ge­steckt.

Or­gel, Ocker, Ofen­ka­chel

Der Tes­la-Truck steht in der Ecke, in der Chan­cen und Ri­si­ken von künst­li­cher In­tel­li­genz so­wie Fra­gen von Ver­ant­wor­tung, Ver­söhnung und Mensch-Ma­schi­nen-Be­zie­hun­gen ver­han­delt wer­den. Gleich da­ne­ben in ei­ner Wand hängt der Si­phon, der schon auf dem Aus­stel­lungs­fly­er durchs Welt­all düst und des­sen Er­fin­dung laut Fux das di­gi­ta­le Zeit­al­ter ein­läute­te. Die Her­lei­tung die­ser ei­ni­ger­mas­sen stei­len The­se funk­tio­niert un­ge­fähr so: Der na­tur­na­he Mensch lebt in run­den Zel­ten, durch die Kreis­form er­ge­ben sich au­to­ma­tisch Zwi­schen­räume, Nie­mands­land. In der Stadt hin­ge­gen ist kein Platz für Nie­mands­land, hier do­mi­nie­ren Recht­eck und Qua­drat, die Stadt er­for­dert Klar­heit, «de­ins» und «meins». Der Si­phon sym­bo­li­siert die Rück­zugs­möglich­keit ins «Pri­va­te», in die ei­ge­nen vier Wände (Qua­drat!), «de­ins» und «meins», Ein­deu­tig­keit, 0 und 1, Bi­närcode, Di­gi­ta­li­tät.

Und so geht es in der Aus­stel­lung wei­ter. Na­türlich kommt auch Fux’ Fai­ble für Dicht­kunst der Ro­man­tik und Uh­ren­bau der Re­nais­sance zum Tra­gen. Älte­re und neue­re phi­lo­so­phi­sche Mensch­heits­fra­gen wer­den hier auf­ge­wor­fen. Ge­schich­ten über Her­kunft und Nut­zung von kul­tu­rel­len Ob­jek­ten wie ei­nem Feu­er­stein, ei­nem Häuf­chen Ocker, ei­ner Ofen­ka­chel, ei­ner Haus­or­gel wer­den da­mit ver­wo­ben und zu ei­nem für phi­lo­so­phi­sche Lai­en kaum durch­dring­ba­ren Amal­gam aus The­men und Pro­blem­stel­lun­gen ver­strickt.

Das ist stel­len­wei­se ori­gi­nell, man bleibt aber, wenn man wirk­lich in die Be­gleit­tex­te ein­tau­chen will, oft ein­fach rat­los zu­rück. Phra­sen wie «das Sein als Zen­trum er­zähle­ri­scher Schwer­kraft» klin­gen erst­mal in­tel­lek­tu­ell, aber bei nähe­rer Be­trach­tung auch leer. Die Ge­dan­ken­sprünge in­ner­halb der Aus­stel­lung sind teils aben­teu­er­lich, die The­men­wahl wild zu­sam­men­ge­würfelt. Will hier je­mand zum Den­ken an­re­gen oder eher die ei­ge­ne As­so­zia­ti­ons­fähig­keit über räum­li­che, zeit­li­che und dis­zi­pli­näre Gren­zen hin­weg präsen­tie­ren?

Ers­te Er­fol­ge

Auf das Ziel­pu­bli­kum des Kul­tur­mu­se­ums an­ge­spro­chen, sagt Di­rek­tor Pe­ter Fux: «Wir wol­len ein möglichst brei­tes Pu­bli­kum an­spre­chen. Wir ha­ben ver­schie­de­ne Aus­stel­lun­gen, manch­mal et­was näher an der Wis­sen­schaft, manch­mal et­was näher bei der brei­ten Be­völke­rung. Die Viel­falt macht die Stärke des Pro­gramms aus. Im Grun­de wol­len wir al­le an­spre­chen.»

Tat­sächlich hat ei­ne ge­wis­se Öff­nung statt­ge­fun­den. Das Ca­fé im Ein­gangs­be­reich – mit sei­ner sehr gros­sen Kaf­fee­ma­schi­ne – scheint auf An­klang zu stos­sen, die Sitz­plätze zum Stadt­park hin­aus wer­den ger­ne be­setzt. Ge­fühlt hal­ten sich mehr Fa­mi­li­en mit Kin­dern auf dem Vor­platz und auf der Trep­pe zum Haupt­por­tal auf. Die Aus­stel­lun­gen wer­den von ei­ner Viel­zahl an Ver­an­stal­tun­gen be­glei­tet, die mal mehr, mal we­ni­ger gut be­sucht sind. Ein Blick in die Be­su­cher:in­nen­sta­tis­tik des Mu­se­ums ver­rät: Die Zah­len schei­nen sich – zu­letzt leicht stei­gend – wie­der bei Vor-Co­ro­na-Ni­veau ein­zu­pen­deln.

Be­su­cher:in­nen­zah­len

2014:    28’789
2015:    24’042
2016:    33’074
2017:    22’644
2018:    27’271
2019:    37’722
2020:    19’817
2021:    23’131
2022:    27’566
2023:    31’442
2024:    30’800

 

Quel­le: On­line-Jah­res­be­rich­te der Stif­tung Kul­tur­mu­se­um St.Gal­len

Bau­lich weist das «präch­ti­ge Haus», wie es im Haupt­saal be­ti­telt wird, ge­wis­se Mängel auf. Zum Bei­spiel las­sen die star­ren Vi­tri­nen in ei­ni­gen Räum­en we­nig Fle­xi­bi­li­tät in der Aus­stel­lungs­ge­stal­tung zu. Und – das be­tont der Di­rek­tor mit Nach­druck – die Zu­gäng­lich­keit für Men­schen, die auf ei­nen Roll­stuhl an­ge­wie­sen sind, soll möglichst bald ver­bes­sert wer­den. Da sei man mit der Stadt, der das Ge­bäude ge­hört, im Ge­spräch. «Der ak­tu­el­le Zu­stand ist aus heu­ti­ger Sicht nicht mehr ver­tret­bar», so Fux.

Zu­gäng­lich­keit ist ihm nicht nur ar­chi­tek­to­nisch ein An­lie­gen, son­dern auch in­halt­lich, wie er sagt. Ein Haupt­auf­trag sei, die Samm­lung möglichst vie­len Men­schen präsen­tie­ren und ver­mit­teln zu können. Fux be­tont im Ge­spräch mehr­fach, dass ihm hier­bei die Be­gleit­ver­an­stal­tun­gen und -pu­bli­ka­tio­nen eben­so wich­tig sei­en wie Ko­ope­ra­tio­nen mit Schu­len und an­de­ren Bil­dungs­ein­rich­tun­gen ei­ner­seits und wei­te­ren Mu­se­en oder Ge­dächt­nis­in­sti­tu­tio­nen an­de­rer­seits. So wie das bei­spiels­wei­se ak­tu­ell mit der Fo­to-Gross-Aus­stel­lung der Fall sei. Hier war das Stadt­ar­chiv der Orts­bürger­ge­mein­de fe­der­führend.

Fra­ge­zei­chen beim Re­gio­nal­be­zug

In­halt­lich wur­de dem Pu­bli­kum mehr St.Gal­ler Stadt- und Kan­tons­ge­schich­te ver­spro­chen, so war es zu­min­dest von der Mu­se­ums­stif­tung ge­wünscht und vom neu­en Di­rek­tor auch an­ge­kündigt. Der neu ge­stal­te­te Haupt­saal im Ober­ge­schoss er­setzt den eins­ti­gen Nord­ame­ri­ka­saal und will in die Ge­schich­te und die neue Aus­rich­tung des Hau­ses so­wie in die Samm­lung der drei Fach­be­rei­che ein­führen. Zen­tra­les Ob­jekt dar­in ist das gros­se Stadt­mo­dell von Sa­lo­mon Schlat­ter (1858–1922), das die Reichs­stadt von 1642 drei­di­men­sio­nal ab­bil­det – noch im­mer ei­nes der po­pu­lärs­ten Aus­stel­lungs­stücke. Ab­ge­se­hen da­von sucht man in den Be­gleit­tex­ten zu den wei­te­ren Ob­jek­ten die re­gio­nal- und lo­kal­ge­schicht­li­chen Be­züge ver­geb­lich. Of­fen­bar soll hier vor al­lem die Ästhe­tik der Samm­lung be­tont wer­den.

Ob das Ver­spre­chen von mehr Lo­kal- und Re­gio­nal­ge­schich­te künf­tig ein­ge­hal­ten wird, bleibt vor­erst da­hin­ge­stellt. Die Fo­to-Gross-Aus­stel­lung löst es na­türlich ein, sie ist aber vor al­lem der Ko­ope­ra­ti­on mit dem Stadt­ar­chiv zu ver­dan­ken. Die «Raum – Zeit – Geist»-Aus­stel­lung, die mit we­ni­gen Aus­nah­men ganz ein­deu­tig die Hand­schrift von Pe­ter Fux trägt, ist in ih­rer Bot­schaft sehr weit da­von ent­fernt.

Auch die Aus­stel­lung im Win­ter 2023/24 über den lan­ge ver­kann­ten Tog­gen­bur­ger As­tro­no­men und Uh­ren­bau­er Jost Bürgi (1552—1632), Fux’ ei­gent­li­cher An­tritts­aus­stel­lung mit Lieb­lings­the­ma Re­nais­sance-Uh­ren, für die man sich so­gar Wer­be­fläche am Zürcher Haupt­bahn­hof leis­te­te, löst das re­gio­nal­his­to­ri­sche Ver­spre­chen kaum ein und ver­lor sich eben­falls in all­ge­mei­nen tech­nik­ge­schicht­li­chen und hu­ma­nis­tisch-phi­lo­so­phi­schen Er­wägun­gen. Da wäre, trotz dürf­ti­ger Quel­len­la­ge über Bürgis Le­bens­ab­schnitt vor Ver­las­sen sei­ner Hei­mat Rich­tung Pra­ger Königs­hof, mehr möglich ge­we­sen. Man hätte bei­spiels­wei­se mehr über die Lich­ten­stei­ger Fa­mi­lie Bürgi, ihr so­zia­les Mi­lieu und ih­re Bil­dungs­möglich­kei­ten im 17. Jahr­hun­dert er­fah­ren wol­len. Oder über das as­tro­no­mi­sche und as­tro­lo­gi­sche Welt­bild, das man da­mals im Tog­gen­burg hat­te. Was der Lich­ten­stei­ger His­to­ri­ker Hans Büchler da­zu für die Be­gleit­pu­bli­ka­ti­on zu­sam­men­ge­tra­gen hat, kam in der Aus­stel­lung lei­der zu kurz.

An­ti-wo­ke Re­fle­xe ...

Ers­te be­grüssens­wer­te Schrit­te hat Pe­ter Fux in der eth­no­lo­gi­schen Ab­tei­lung ein­ge­lei­tet. Den eng mit der Ras­sen­leh­re ver­bun­de­nen Be­griff der «Völker­kun­de» aus dem Mu­se­ums­na­men zu til­gen, war ein längst über­fälli­ger, nicht bloss sym­bo­li­scher Akt. Er ist auch ei­ne An­sa­ge, sich des his­to­ri­schen Er­bes, das mit ei­ner brei­ten eth­no­lo­gi­schen Samm­lung mit zum Teil ko­lo­nia­lem Hin­ter­grund ein­her­geht, be­wusst und kri­tisch an­zu­neh­men.

An­den-Ar­chäolo­ge Pe­ter Fux hat als ei­ne sei­ner ers­ten Amts­hand­lun­gen die Schrumpf­köpfe aus dem Ama­zo­nas­ge­biet und die pe­rua­ni­sche Ho­cker­mu­mie aus der Dau­er­aus­stel­lung ent­fernt. Was aber nicht be­deu­tet, dass er grund­sätz­lich et­was ge­gen das Aus­stel­len sterb­li­cher Über­res­te von Men­schen hätte. Es sei al­les ei­ne Fra­ge des Set­tings.

Fux kann bei die­sem The­ma er­staun­lich emo­tio­nal wer­den. Das hat un­längst die De­bat­te über die ägyp­ti­sche Mu­mie Sche­pe­ne­se in der St.Gal­ler Stifts­bi­blio­thek ge­zeigt. Thea­ter­ma­cher Mi­lo Rau hat die Ver­lei­hung des gros­sen Kul­tur­prei­ses des Kan­tons St.Gal­len zum An­lass ge­nom­men, in ei­nem Pam­phlet mit zig Un­ter­zeich­nen­den und ei­nem per­for­ma­ti­ven To­ten­zug durch die Alt­stadt Sche­pe­ne­ses Re­sti­tu­ti­on an Ägyp­ten zu for­dern.

Als im Stadt- wie Kan­tons­par­la­ment po­li­ti­sche Vorstösse zum The­ma ein­ge­reicht wur­den, war für Fux der Mo­ment ge­kom­men ein­zu­schrei­ten. In ei­ner per­sönli­chen Stel­lung­nah­me, die er trotz­dem in sei­ner Funk­ti­on als Di­rek­tor un­ter­zeich­ne­te und auf der Web­site des Kul­tur­mu­se­ums hoch­lud, kri­ti­sier­te er die sei­ner An­sicht nach «in al­len Aspek­ten ver­werf­li­che po­pu­lis­ti­sche Ak­ti­on» scharf. Er griff Mi­lo Rau auch per­sönlich an, in­dem er ihm «gren­zen­lo­se Selbst­ver­liebt­heit» vor­warf und ihm un­ter­stell­te, mit sei­ner «scham­lo­sen» Ak­ti­on «un­se­rer Kul­tur ganz grund­sätz­lich den Kampf» an­zu­sa­gen. Es gel­te die­ser «Wo­ke­ness-Wel­le» ent­schie­den ent­ge­gen­zu­tre­ten, schrieb er. Nicht zu­letzt sah er sich durch Raus Ak­ti­on auch per­sönlich als Fach­per­son an­ge­grif­fen. Das Pa­pier ist im­mer noch on­line, ob­wohl es da­mals Kri­tik sei­tens Per­so­nal und auch aus dem Stif­tungs­rat gab. (Im Ja­nu­ar-Sai­ten 2023 hat Fux in ei­nem In­ter­view aus­führ­lich Stel­lung ge­nom­men zum The­ma.)

Man kann über die For­de­rung nach dem Sinn und Zweck ei­ner Rück­ga­be der Mu­mie dis­ku­tie­ren, über die Art, wie der Pries­ter­toch­ter hier oder dort ge­dacht wird oder wer­den soll­te, eben­so darüber, ob die­ser To­ten­zug «gu­tes» Thea­ter war oder nicht. Aber dem Thea­ter­mann Thea­tra­lik vor­zu­wer­fen, scheint doch auch ab­surd. Denn ein Ziel hat­te Rau er­reicht: Ei­ne De­bat­te wur­de an­ge­stos­sen.

... und ver­drucks­te Ko­lo­ni­al­de­bat­te

Zu­recht spricht sich Pe­ter Fux als «Mann der Wis­sen­schaft» ge­gen ei­ne po­li­ti­sche Ver­ein­nah­mung der Ko­lo­nia­lis­mus- und Re­sti­tu­ti­ons­de­bat­te aus. Doch mit dem pau­scha­len Vor­wurf der «ideo­lo­gi­schen Ver­blen­dung» und «ak­ti­vis­ti­schen Het­ze» an die Be­fürwor­ter:in­nen ei­ner pro­gres­si­ve­ren Hal­tung in Re­sti­tu­ti­ons­fra­gen und mit sei­nen bis­wei­len po­le­mi­schen Aus­brüchen ge­gen «zeit­geis­ti­ge Mo­de­the­men» schwächt er un­nötig auch sei­ne ei­ge­ne Po­si­ti­on als Fach­mann. Sie pas­sen auch nicht zur freund­li­chen und be­son­ne­nen Art, mit der er an­sons­ten öffent­lich und eben­so beim Tref­fen mit Sai­ten in Er­schei­nung tritt.

In Ge­sprächen wird Pe­ter Fux nicht müde zu be­to­nen, dass er als «Dia­lek­ti­ker» stets an ei­ner of­fe­nen, fach­kun­dig ge­führ­ten Dis­kus­si­on in­ter­es­siert sei. Man möchte es ihm ger­ne glau­ben. Es gibt aber auch Hin­wei­se, dass sol­che De­bat­ten doch nicht vor­be­halt­los er­wünscht sind. In der Mu­se­ums-Zei­tung und auch sonst wird nicht dar­ge­legt, wo man ak­tu­ell bei der Ben­in-In­itia­ti­ve Schweiz steht, an der sich das Mu­se­um be­tei­ligt. We­der die St.Gal­ler Me­di­en noch das Pu­bli­kum wur­den et­wa darüber in­for­miert, dass im Fe­bru­ar 2023 ei­ne De­le­ga­ti­on aus Ni­ge­ria das Kul­tur­mu­se­um be­such­te. Auch über die St.Gal­ler Be­tei­li­gung an der im Som­mer 2024 in Deutsch und Eng­lisch er­schie­ne­nen Pu­bli­ka­ti­on In Be­we­gung – Kul­tur­er­be aus Ben­in in der Schweiz wur­de bis­lang nir­gends in­for­miert. Im­mer­hin gibt es das Buch im Shop zu kau­fen.

2021 gab es in Kon­stanz ei­ne Aus­stel­lung über Kon­quis­ta­do­ren aus dem Bo­den­see­raum. Das Stadt­ar­chiv hat sei­ner­seits frühe St.Gal­ler La­tein­ame­ri­ka-Be­züge ent­deckt und woll­te die Kon­stan­zer Aus­stel­lung da­mit er­gänzen und nach St.Gal­len brin­gen. Of­fen­bar bot das Kul­tur­mu­se­um da­zu nicht Hand, wes­halb man in der Fol­ge selbständig ei­nen The­men­mo­nat mit di­ver­sen Ver­an­stal­tun­gen durch­führ­te. Das Stadt­ar­chiv woll­te sich auf An­fra­ge nicht zu die­ser The­ma­tik äus­sern. Beim «Weg der Viel­falt», ei­nem stadt­wei­ten, In­sti­tu­tio­nen überg­rei­fen­den Pro­jekt zur Auf­ar­bei­tung der mi­gran­ti­schen, fe­mi­nis­ti­schen, quee­ren und ko­lo­nia­len Stadt­ge­schich­te, hätte das Mu­se­um ei­ne fe­der­führen­de Rol­le ein­neh­men können. Auch hier hat man ei­ne Be­tei­li­gung ab­ge­lehnt.

Ein wei­te­rer Hin­weis fin­det sich auf der Lein­wand, die mit­ten im Haupt­saal im Ober­ge­schoss hängt. Dort wer­den ver­schie­de­ne Kurz­tex­te zur Ge­schich­te und Aus­rich­tung des Hau­ses ein­ge­blen­det. Dar­in heisst es un­ter an­de­rem: «Die eth­no­gra­fi­sche Samm­lung ging als Ge­schenk ost­schwei­ze­ri­scher Han­dels­leu­te und Geo­gra­phen an die Stadt über. Sie zeugt von der glo­ba­len Ver­net­zung der Ak­teu­re und von de­ren In­ter­es­se an frem­den Re­gio­nen und Ge­sell­schaf­ten, die sie erk­lären und ver­ste­hen ler­nen woll­ten.» Mit kei­ner Sil­be sind die ko­lo­nia­len Ver­stri­ckun­gen der «Ost­schwei­ze­ri­schen Geo­gra­phisch-Com­mer­ciel­len Ge­sell­schaft» (OG­CG) er­wähnt, um die es im Text geht. Kein Wört­chen da­von, dass man zum Bei­spiel auch Gel­der für die Afri­ka-«Un­ter­neh­mun­gen» des bel­gi­schen Königs Leo­pold II., ei­nes der grau­sams­ten Ko­lo­nia­lis­ten des aus­ge­hen­den 19. und frühen 20. Jahr­hun­derts, sam­mel­te.

Et­was we­ni­ger be­schöni­gend be­ur­teil­te der His­to­ri­ker Fa­bio Ro­si­nel­li in sei­ner Ar­beit von 2022 über die schwei­ze­ri­schen Tätig­kei­ten im ko­lo­nia­len Kon­go die Hal­tung der OG­CG und de­ren Um­gang mit Samm­lungs­ob­jek­ten: «Die von die­ser Ver­ei­ni­gung ver­folg­ten Ab­sich­ten sind eher im Kon­text des wirt­schaft­li­chen Im­pe­ria­lis­mus als in dem des blos­sen mer­kan­ti­len Op­por­tu­nis­mus zu se­hen. (...) Ih­re In­sze­nie­rung folgt ei­nem Mus­ter, das dar­auf ab­zielt, den an­geb­lich pri­mi­ti­ven Zu­stand der Völker her­vor­zu­he­ben, die die­se Ob­jek­te her­ge­stellt ha­ben. Die im Mu­se­um der OG­CG aus­ge­stell­ten Ge­gen­stände (die oft hand­werk­li­che Er­zeug­nis­se mit Ar­beits- oder Kult­funk­ti­on sind) sol­len die an­geb­li­che Not­wen­dig­keit un­ter­strei­chen, die Ein­hei­mi­schen zu ‹zi­vi­li­sie­ren›.»

Wei­ter hat Sai­ten im Lau­fe der Re­cher­chen zu die­sem Ar­ti­kel er­fah­ren, dass Pe­ter Fux im Rah­men der par­la­men­ta­ri­schen De­bat­te um die Schaf­fung ei­ner Un­ab­hängi­gen Kom­mis­si­on für his­to­risch be­las­te­tes Kul­tur­er­be (UKBK) von der stände­rätli­chen Kom­mis­si­on für Wis­sen­schaft, Bil­dung und Kul­tur – zu der auch der St.Gal­ler Mit­te-Stände­rat Be­ne­dikt Würth ge­hört – als Fach­per­son be­fragt wur­de. In der po­li­ti­schen De­bat­te wur­de vor al­lem darüber ge­strit­ten, ob die­se Kom­mis­si­on ein- oder nur zwei­sei­tig an­ruf­bar sein soll (sie­he In­fo­box). Vie­les deu­tet dar­auf hin, dass sich Fux als ei­ner von we­ni­gen der be­frag­ten Ex­pert:in­nen für die zwei­sei­ti­ge An­ru­fung aus­ge­spro­chen hat – dass al­so In­sti­tu­tio­nen oder Per­so­nen, die im Be­sitz von Ob­jek­ten mit zwei­fel­haf­ter oder strit­ti­ger Pro­ve­ni­enz sind, ihr Ein­ver­s­tänd­nis ge­ben müssen, wenn sich die neue UKBK mit dem Fall be­schäfti­gen soll. Der Mu­se­ums­di­rek­tor selbst woll­te sich al­ler­dings nicht ent­lo­cken las­sen, wie er sich in die­ser po­li­ti­schen Fra­ge po­si­tio­niert, ob­wohl es sich hier­bei wohl nicht um ei­ne Ver­trau­lich­keit han­delt, die zwin­gend dem Kom­mis­si­ons­ge­heim­nis un­ter­läge. Nach ei­ni­gem Zögern ver­weist Fux le­dig­lich dar­auf, dass man die De­bat­ten um NS-Raub­kunst nicht mit je­ner über ko­lo­nia­le Samm­lun­gen ver­mi­schen dürfe.

Politische Debatte über die UKBK

Der Bund will ei­ne un­ab­hängi­ge Kom­mis­si­on für his­to­risch be­las­te­tes Kul­tur­er­be schaf­fen. Sie soll sich mit Ob­jek­ten mit Kon­text zur Ko­lo­ni­al­zeit und zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus be­schäfti­gen und den Bun­des­rat und die Bun­des­ver­wal­tung in die­sen Fra­gen be­ra­ten. In der par­la­men­ta­ri­schen De­bat­te war vor al­lem um­strit­ten, wer die­se Kom­mis­si­on an­ru­fen darf. Soll es ei­ne ein­sei­ti­ge An­ruf­bar­keit ge­ben – z.B. von Men­schen oder Ge­mein­schaf­ten, die Güter zu­rück­ver­lan­gen –, oder müssen auch In­sti­tu­tio­nen oder Men­schen, die ak­tu­ell im Be­sitz die­ser Güter sind, ein­ver­stan­den sein? Vom Bun­des­rat vor­ge­se­hen war die ein­sei­ti­ge An­ruf­bar­keit, doch gab es im Par­la­ment von bürger­li­cher Sei­te her die For­de­rung nach der zwei­sei­ti­gen An­ruf­bar­keit. Die bei­den Par­la­ments­kam­mern ei­nig­ten sich schliess­lich dar­auf, dass bei Kul­tur­gütern im Kon­text zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ei­ne ein­sei­ti­ge An­ruf­bar­keit möglich ist. Bei Ob­jek­ten aus dem ko­lo­nia­len Kon­text ist nur ei­ne zwei­sei­ti­ge An­ruf­bar­keit möglich. Von ei­ner sol­chen Lösung hat man aber bei­spiels­wei­se in Deutsch­land wie­der ab­ge­se­hen, weil das ent­spre­chen­de Gre­mi­um kaum noch Auf­träge er­hielt. (hrt)

Wes­halb die­se all­ge­mei­ne kom­mu­ni­ka­ti­ve Zu­rück­hal­tung in Sa­chen ko­lo­nia­les Er­be? Dar­auf an­ge­spro­chen, weist Pe­ter Fux dar­auf hin, dass die The­ma­tik sehr wohl ernst­ge­nom­men wer­de, und die Ge­schich­te der OG­CG und der eth­no­lo­gi­schen Samm­lung des Kul­tur­mu­se­ums wer­de ak­tu­ell ver­tieft er­forscht. Da­für hat das Mu­se­um zwei For­scher:in­nen an­ge­stellt und vom Bun­des­amt für Kul­tur (BAK) zwei­mal Förder­gel­der in der Höhe von ins­ge­samt 161’000 Fran­ken zu­ge­spro­chen be­kom­men. Die dies­jähri­ge Haupt­aus­stel­lung «Die Welt ins Mu­se­um – Vom Han­deln, Sam­meln und Ent­de­cken» eröff­net am 7. No­vem­ber und soll ers­te Er­geb­nis­se der OG­CG-For­schun­gen präsen­tie­ren. Der ab­schlies­sen­de For­schungs­be­richt zu­han­den des BAK und der Öffent­lich­keit soll gemäss Fux 2027 fer­tig sein.

Mit Ab­gängen viel Wis­sen ver­lo­ren

Die eth­no­lo­gi­sche Samm­lung des St.Gal­ler Kul­tur­mu­se­ums ist sehr di­vers, die Ob­jek­te stam­men von al­len Kon­ti­nen­ten. Die Gründungs­samm­lung der OG­CG macht le­dig­lich rund ei­nen Fünf­tel der ge­sam­ten eth­no­lo­gi­schen Samm­lung aus, die rund 18’000 Ob­jek­te um­fasst. Der Mu­se­ums­di­rek­tor bit­tet um Ge­duld, zu­erst wol­le man die Ge­schich­te der Samm­lung se­riös auf­ar­bei­ten, be­vor man ak­ti­ver kom­mu­ni­zie­ren wol­le. An­ge­sichts der Grösse der Samm­lung dürf­te das mit den ak­tu­el­len Res­sour­cen ei­ni­ge Jah­re in An­spruch neh­men.

Was die For­schungs­ar­beit des Hau­ses und ins­be­son­de­re das OG­CG-Pro­jekt ent­schei­dend zu­rück­wirft, ist der Um­stand, dass die Eth­no­lo­gin und Afri­ka-Spe­zia­lis­tin, die als Ku­ra­to­rin das Pro­jekt an­ge­stos­sen und die For­schungs­gel­der beim BAK ein­ge­wor­ben hat, das Kul­tur­mu­se­um die­sen Frühling ver­las­sen hat. Na­ment­lich will sie in die­sem Ar­ti­kel nicht ge­nannt wer­den. Zur Kündi­gung hätten letzt­lich fach­li­che Dif­fe­ren­zen mit dem Di­rek­to­ri­um ge­führt. Ihr Ent­schei­dungs­spiel­raum sei zu­neh­mend ein­ge­schränkt wor­den. Nach ei­nem Ver­weis, der münd­lich und schrift­lich an sie ge­rich­tet wur­de, sah sie sich ge­zwun­gen, die Reiss­lei­ne zu zie­hen.

Of­fi­zi­ell wur­de das Ar­beits­verhält­nis in ge­gen­sei­ti­gem Ein­ver­s­tänd­nis auf­ge­löst, wo­bei der Vor­wurf des Mob­bings im Raum stand. Sai­ten kann die­sen al­ler­dings nicht un­ab­hängig prüfen, weil we­der Di­rek­tor Pe­ter Fux noch der Stif­tungs­rat aus Per­sönlich­keits­schutz­gründen Aus­kunft über ein­zel­ne Kündi­gungs­fälle ge­ben können. Fakt ist, dass das Mu­se­um den Kündi­gungs­be­din­gun­gen der ehe­ma­li­gen Ku­ra­to­rin vor­be­halt­los zu­stimm­te, sie al­so frist­los frei­ge­stellt wur­de bei Ge­währung von vier wei­te­ren Mo­nats­löhnen.

Seit Stel­len­an­tritt von Pe­ter Fux ha­ben un­se­rem Kennt­nis­stand nach im 25-köpfi­gen Team sechs Per­so­nen, teils auch in lei­ten­den Po­si­tio­nen, das Mu­se­um ver­las­sen. Mit vier da­von konn­te Sai­ten aus­führ­li­che Ge­spräche führen. Al­le vier ge­ben an, dass ei­ner der Haupt­gründe für ih­re Kündi­gung der «do­mi­nan­te», «recht­ha­be­ri­sche» Führungs­stil des Di­rek­tors war. Zwei ge­ben zwar an, im per­sönli­chen Um­gang fair be­han­delt, aber fach­lich nicht ernst­ge­nom­men wor­den zu sein. Die Hal­tung des Chefs ha­be sich in letz­ter Zeit verhärtet, fach­li­che Dis­kus­sio­nen sei­en im­mer we­ni­ger möglich ge­we­sen, die Deu­tungs­ho­heit zu ver­schie­dens­ten The­men sei zu­letzt nur noch beim Chef ge­le­gen. Oft sei­en über­ris­se­ne Ver­glei­che mit we­sent­lich grösse­ren Häusern ge­zo­gen wor­den – mit ent­spre­chen­der Er­war­tungs­hal­tung dem Per­so­nal ge­genüber – und kon­kre­te Pro­jekt­pla­nun­gen auch ein­mal im Wo­chen­takt über den Hau­fen ge­wor­fen wor­den. Auch die­se An­ga­ben kann Sai­ten nicht un­ab­hängig ve­ri­fi­zie­ren.

Im Fall ei­nes lang­jähri­gen Mit­ar­bei­ters, der un­ter an­de­rem für die Pro­ve­ni­enz­for­schung und Kom­mu­ni­ka­ti­on im Haus ver­ant­wort­lich war, kam es oh­ne ei­nen vor­gängi­gen Ver­weis oder be­leg­ba­re da­hin­ge­hen­de Ge­spräche so­gar zu ei­ner Kündi­gung mit so­for­ti­ger Frei­stel­lung sei­tens des Di­rek­to­ri­ums. Die ver­blei­ben­den drei Mo­nats­löhne be­zahl­te ihm das Mu­se­um aus. Ei­ne Schieds­in­stanz stuf­te die Kündi­gung den­noch als miss­bräuch­lich ein und emp­fahl dem Mu­se­um, dem Ent­las­se­nen fi­nan­zi­ell ent­ge­gen­zu­kom­men. Der For­de­rung kam das Mu­se­um nach: Es ent­schädig­te ihn mit sechs zu­sätz­li­chen Mo­nats­löhnen. Der Fall wur­de al­so nicht ge­richt­lich ver­han­delt, wei­te­re De­tails wur­den dar­um auch nicht öffent­lich. Ver­schie­de­ne Per­so­nen, die den Fall ken­nen, zei­gen sich ir­ri­tiert und be­zeich­nen das Vor­ge­hen des Di­rek­tors in die­sem Fall et­wa als «ame­ri­ka­ni­sche Me­tho­de», die so – ganz un­ab­hängig von al­len per­sönli­chen und fach­li­chen Dif­fe­ren­zen, die be­stan­den ha­ben mögen – nicht den schwei­ze­ri­schen Ge­pflo­gen­hei­ten im Um­gang mit Mit­ar­bei­ten­den ent­spre­che.

Stif­tungs­rat stärkt Di­rek­tor den Rücken

Zu den Kündi­gun­gen wie zu sei­nem Führungs­stil möchte sich Pe­ter Fux im Ge­spräch nicht äus­sern. Auch der Stif­tungs­rat kom­mu­ni­ziert kei­ne De­tails, stellt sich aber «voll und ganz» hin­ter den Mu­se­ums­di­rek­tor. Stif­tungs­präsi­den­tin Kat­rin Mei­er ant­wor­tet in ei­nem State­ment im Na­men des Stif­tungs­ra­tes sum­ma­risch auf die Fra­gen von Sai­ten:

«Die stra­te­gi­sche Neu­aus­rich­tung, die das Kul­tur­mu­se­um-Team in den ver­gan­ge­nen vier Jah­ren er­folg­reich um­ge­setzt hat, ent­spricht dem Wil­len des Stif­tungs­rats. Selbst­ver­s­tänd­lich neh­men wir die mit ei­ner sol­chen Neu­aus­rich­tung oft ein­her­ge­hen­den per­so­nel­len Ve­rände­run­gen zur Kennt­nis, wo­bei die­se kor­rekt statt­ge­fun­den ha­ben. Aus Gründen des Per­sönlich­keits­schut­zes ge­hen wir auf spe­zi­fi­sche Per­so­nal­fra­gen nicht näher ein. Der Stif­tungs­rat ist über­zeugt von der neu­en Aus­rich­tung des Mu­se­ums, der fun­dier­ten Auf­ar­bei­tung re­le­van­ter kul­tur­his­to­ri­scher, ost­schwei­ze­ri­scher The­men, dem in­ter­es­san­ten Aus­stel­lungs­pro­gramm so­wie der Öff­nung des Hau­ses durch das Mu­ca­fé und dem brei­ten Ver­an­stal­tungs­an­ge­bot. Wir ste­hen voll und ganz hin­ter der Führungs­ar­beit von Di­rek­tor Pe­ter Fux, der un­ter an­de­rem die Mu­se­ums­lei­tung er­wei­tert und ges­tärkt hat. Die stei­gen­den Be­su­cher­zah­len, das gros­se In­ter­es­se an den Mu­se­ums-Pu­bli­ka­tio­nen, die Gründung des Freun­des­krei­ses – all das un­ter­streicht den Er­folg der Neu­aus­rich­tung.»

Fai­rer­wei­se muss hier an­ge­fügt wer­den, dass Führungs­wech­sel häufig per­so­nel­le Ve­rände­run­gen mit sich brin­gen – ge­ra­de im Kul­tur­be­trieb kennt man das. Ob die Kündi­gungs­wel­le aber ein­zig mit der Neu­aus­rich­tung des Hau­ses be­gründ­bar ist, scheint zu­min­dest frag­lich. Sämt­li­che Per­so­nen ga­ben im Ge­spräch mit Sai­ten an, dass sie die an­ge­kündig­te Neu­aus­rich­tung grund­sätz­lich be­grüss­ten. Die ehe­ma­li­ge Mu­se­ums­eth­no­lo­gin wur­de vom der­zei­ti­gen Di­rek­to­ri­um so­gar ex­tra mit dem Auf­trag ein­ge­stellt, die eth­no­lo­gi­sche Ab­tei­lung zu stärken. Mit ih­rer gu­ten fach­li­chen Ver­net­zung schweiz­weit und in­ter­na­tio­nal hätte sie im Haus auch künf­tig ei­ne wich­ti­ge Rol­le ein­neh­men können.

Es ist möglich und dem Kul­tur­mu­se­um auch sehr zu wünschen, dass es nach den teils tur­bu­len­ten An­fangs­jah­ren un­ter dem neu­en Di­rek­to­ri­um in ru­hi­ge­re Ge­wässer fährt. Dass die Neu­aus­rich­tung Not tat und ers­te, rich­ti­ge Schrit­te un­ter­nom­men wur­den, ist un­be­strit­ten: Neu­be­nen­nung des Mu­se­ums oh­ne den Völker­kun­de­be­griff; ein ers­tes For­schungs­pro­jekt in der eth­no­lo­gi­schen Ab­tei­lung; Ein­rich­tung ei­nes sty­li­schen Ca­fés.

Den Tat­be­weis, wie ernst es der Mu­se­ums­lei­tung mit dem stärke­ren Fo­kus auf re­gio­nal­his­to­ri­sche The­men und bei der Auf­ar­bei­tung, Dis­kus­si­on und Ver­mitt­lung ih­res ko­lo­nia­len Er­bes wirk­lich ist, muss es noch er­brin­gen. Bei al­ler ge­bo­te­nen Sorg­falt bei der Auf­ar­bei­tung der eth­no­lo­gi­schen Samm­lung: Es spricht nichts da­ge­gen, hier im­mer mal wie­der Zwi­schen­er­geb­nis­se zu kom­mu­ni­zie­ren. Als sol­ches ver­steht der Di­rek­tor auch die OG­CG-Aus­stel­lung im Herbst. Die Öffent­lich­keit darf al­so ge­spannt sein auf die Eröff­nung am 8. No­vem­ber.


«St.Gal­len – ein Jahr­hun­dert in Fo­to­gra­fien. Die Samm­lung Fo­to Gross»: bis 10. Au­gust, Kul­tur­mu­se­um St.Gal­len
Wei­te­re In­fos

«Raum – Zeit – Geist. Wir for­men uns die Welt»: Phi­lo­so­phisch-an­thro­po­lo­gi­sche Aus­stel­lung,
bis 9. No­vem­ber, Kul­tur­mu­se­um St.Gal­len

«Die Welt ins Mu­se­um – Vom Han­deln, Sam­meln und Ent­de­cken»: Aus­stel­lung zur Ost­schwei­ze­ri­sche Geo­gra­phisch-Com­mer­ciel­le Ge­sell­schaft, ab 8. No­vem­ber, Kul­tur­mu­se­um St.Gal­len

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