Nacht. Das ist laut Duden der «Zeitraum etwa zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang». Und mit (fast) allem, was dann passiert, befasst sich die kulturhistorische Sonderausstellung «Nachts. Von Schlafzimmern, Sternen und Laternen» im Museum Appenzell. Es geht vom Nachthimmel übers Schlafzimmer zur Beleuchtung dann zu Nachtfaltern und Party. Eine Ausstellung, die viel will – manchmal vielleicht sogar etwas zu viel.
Den Auftakt macht das Weltall im Erdgeschoss. Hier ziehen etwa 20 Astrofotografien von Thomas Hugentobler den Blick auf sich. Die zwischen 2011 und 2016 im privaten Observatorium des Fotografen entstandenen Aufnahmen zeigen galaktische Nebel, die Milchstrasse und den Mond. Eine urige Holzbank steht vor den Fotografien und lädt zum Verweilen ein. Für einen Moment fühlt man sich unendlich klein und denkt, wie toll es wäre, ein eigenes Observatorium zu haben.
Vom Makrokosmos Weltall gehts dann hoch ins erste Obergeschoss, wo man tief in einen Mikrokosmos eintaucht. Gegliedert in die Kapitel «Im Schlafzimmer», «Licht ins Dunkle» und «Von Nachtschwärmern» entfaltet sich die Ausstellung wie eine Art Mind-Map. Dabei scheint sich jedes der Kapitel in eine Vielzahl von Unterkapiteln zu öffnen.
Viele Objekte, viele Themen
Im Raum «Im Schlafzimmer» steht mittig ein hölzernes Bettgestell, den Wänden entlang zwei Ausstellungstische und in einer Ecke hängen Federrost, Matratze und Duvets. Direkt daneben, im Erker, stapeln sich auf einem niedrigen Tisch diverse Kissen.
Präsentiert werden in einer Art Auslegeordnung verschiedenste Objekte, die mit dem Schlafzimmer assoziativ in Verbindung stehen. Dabei wird auch das Bettgestell selbst zur Ausstellungsfläche, auf der unter anderem bestickte Laken und Wärmflaschen ihren Platz finden.
Thematisch ist vom Schlafzimmer über Bettausstattungen bis zu Pyjamas, Weckern und Gutenachtgeschichten alles abgedeckt. Man erfährt, dass sich die Schlafzimmerkultur im Laufe der letzten 500 Jahre stark verändert hat: Bis ins 16. Jahrhundert sei es normal gewesen, nackt zu schlafen und im 18. Jahrhundert galten weiche Betten als Symbol für eine verweichlichte und verschwenderische Lebensweise.
Die zeitgenössischen Aufnahmen von Schlafzimmern, die das Museum mit einem Aufruf eigens für die Ausstellung gesammelt hat, werden auf einem Tablet gezeigt. Jedoch geht diese Installation in der enormen Objektfülle fast etwas unter. Das ist schade, denn genau hier wird die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart besonders lebendig.

Verschiedene Lichtquellen (Bild: vez)
Im Kapitel «Licht ins Dunkle» geht es vom Herdfeuer im 17. Jahrhundert bis zur Glühbirne im 19. Jahrhundert. Wobei nicht nur die Beleuchtung im Privaten aufgegriffen wird, sondern auch jene des öffentlichen Raumes. Die Objekte reihen sich auf Tischen liegend sowie von Wänden und Deckenbalken hängend dicht aneinander und verdeutlichen so setzkastenartig die Evolution von Lichtquellen.
Nachtfalter und Diskokugel
Das dritte Kapitel «Von Nachtschwärmern» verbindet sehr unterschiedliche Aspekte des Nachtlebens, und zwar nicht nur von Menschen, sondern auch von Fauna und Flora. Unter einer grossen Diskokugel liegen Herbarien zu Nachtschattengewächsen und an der Wand hängt eine umfassende Nachtfaltersammlung. Pflanzen, heisst es, reagieren oft sensibel auf den Tag- und Nachtrhythmus und Tiere seien oftmals nachtaktiv.

Nachtfaltersammlung und Porträt eines Bäckers (Bild: pd/Museum Appenzell)
Doch es gibt auch Menschen, die nachts nicht schlafen: Nämlich jene, die dann arbeiten oder eben die, die feiern. Auch diese Aspekte haben Eingang in die Ausstellung gefunden, etwa durch die Berufsporträts der Fotografin Luzia Broger und eine Plattensammlung.
Die Ausstellung im Museum Appenzell öffnet das Thema Nacht in alle Richtungen. Dabei ist die enorme Objektdichte gleichermassen beeindruckend wie herausfordernd. Stellenweise hätte man sich da etwas Reduktion gewünscht und dafür mehr inhaltliche Tiefe. Denn genau die hat bei der sehr breit gefächerten Ausstellung teilweise gefehlt.
«Nachts. Von Schlafzimmern, Sternen und Laternen»: bis 25. Mai 2026, Museum Appenzell.