, 12. Januar 2022
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Kurz, direkt und ansteckend

Im Ostschweizer Jugendbuchverlag da bux erscheinen spannungsgeladene Geschichten aus Sicht ihrer jugendlichen Protagonist:innen. Jetzt hat der Verlag aus Buchs eine Pandemie-Story vorgelegt. Von Karsten Redmann

Glücklicherweise gibt es sie, diese kleinen unabhängigen Verlage, die auf Qualität setzen und sich in der Nische wohlfühlen. Ein Beispiel dafür ist der auf Jugendliche von 12 bis 16 Jahre ausgerichtete da bux-Verlag mit Sitz in Werdenberg. Seit seiner Gründung im Jahr 2016 sind 24 Bücher in sechs Editionen erschienen. Das Verlagstrio Alice Gabathuler, Stephan Sigg und Thomas Zai setzt sich zum Ziel, einer jüngeren Zielgruppe einfach zu lesende «Geschichten mit Tiefgang, die unterhalten, aber auch Diskussionsstoff bieten» näher zu bringen.

Jeden Herbst publiziert der Verlag vier eigenständige Bücher, der Turnus ist immer der gleiche, der Umfang der einzelnen Bände ebenfalls. Auf nur wenigen Seiten, in der Regel nicht mehr als 60, werden aus der Perspektive von Jugendlichen hochspannende Plots erzählt.

Bücher statt Viren

So auch in einem der vier neuen Bände, jenem mit dem Titel Patient 0. Sein Autor, der 38-jährige Thurgauer Severin Schwendener, hat Biologie studiert und Gene von Viren manipuliert. Leider sei aus einer Karriere als Forscher nichts geworden. Nun schreibt er sehr erfolgreich Bücher. Für sein Buch Pandemic, erschienen wie seine weiteren Romane in der Edition 8, hat er 2021 den erstmals vergebenen Schweizer Krimipreis gewonnen.

Autor Severin Schwendener. (Bild: pd)

Über seinen aktuellen Pandemie-Thriller für Jugendliche sagt Schwendener: «Das Schlimme passiert immer den anderen, und ich als Einzelperson habe darauf sowieso keinen Einfluss: Wir alle kennen diese Grundhaltung. Mit Patient 0 wollte ich zeigen, dass das Schlimme auch uns selbst zustossen kann, und dass das, was wir heute tun, unser Leben im Morgen sehr wohl beeinflusst.»

Patient 0 ist rasant erzählt. Auf nur 52 Seiten entfaltet der Autor ein ausgetüfteltes Katastrophenszenario. Angereichert ist der Text mit Stilelementen, die man aus Horrorfilmen kennt; keine leichte Kost, aber überzeugend und zwingend in seiner filmisch anmutenden Machart. Es ist die direkte Sprache des Autors, die keine Kraftausdrücke scheut, es ist der drängende Ton der Erzählung, der kaum Luft zum Atmen lässt. Der eigene Puls bleibt über die Seiten hinweg hoch, am Ende jedes Kapitels will man zum nächsten übergehen; dramaturgisch ist das sehr gekonnt gemacht.

Erzählt wird uns die Geschichte von Tom, dessen Anti-Haltung zur Welt und vor allem dem Virus gegenüber bereits auf der ersten Seite deutlich spürbar wird. Schwendener lässt der Wut seiner Hauptfigur freien Lauf: «Verboten. Ja, es ist verboten. Scheisse, was soll’s!… Die spinnen sowieso. Veranstaltungen mit mehr als zehn Personen zu verbieten. Wegen einer kleinen Grippe. Geht’s noch? … Es reicht schon, dass das Wetter so beschissen ist. Es schüttet, es stürmt, der Baum draussen sieht aus, als würde er sich unter den Schlägen eines Boxers wegducken.»

Jugendgerecht ohne Anbiederung

Handfest ist die Sprache. Direkt und unverhohlen. Biedert sich in keiner Weise an. Ist glaubwürdig. Und so erfahren wir im Lauf der Geschichte, wie der 16-jährige Schüler Tom eine riesige Geburtstagsparty in einer leerstehenden Villa zu feiern gedenkt und hierbei die verrücktesten Dinge erlebt. All das treibt ihn an den Rand der Verzweiflung. Doch es soll an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden.

Severin Schwendener: Patient 0. da bux Verlag, Buchs 2021, Fr 8.90.
dabux.ch

Der Plot erinnert stark an US-amerikanische Highschool-Filme, an das Überschwängliche und Ungebändigte darin. Dennoch geht die Geschichte weit über ein solches Erzählen hinaus, spannt sogar den Bogen hin zu einer Dystopie – doch Schwendener ist Profi genug, den Erzählbogen nicht zu überspannen. Und so löst sich gegen Ende hin alles auf.

Das schmale Buch ist zwar in einfacher Sprache geschrieben, dem Lesevergnügen tut das aber keinen Abbruch. Verlag und Autor können somit grundlegend zufrieden sein – schliesslich erreichen sie damit mit grosser Sicherheit ihr anvisiertes Ziel: junge Menschen für das Lesen zu begeistern.

Sämtliche Buchcover – so auch das Cover von Patient 0 – stammen übrigens von der Grafikerin und Fotografin Tabea Hüberli. Neben den Büchern selbst bietet der Verlag zudem Arbeitsblätter als Unterrichtsmaterial für Schulen an. Diese sind ausschliesslich für den nicht-kommerziellen Gebrauch gedacht. Das Arbeitsblatt als Ergänzung für den Band Patient 0 umfasst etwa 12 Seiten und kann auf der Webseite des Verlages kostenlos heruntergeladen werden.

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