Einfach mal Nichtstun

Matratzen werden angerollt (Bild: pd/Linus Rieser)

60 Matratzen für den Gallusplatz: Die Compagnie Trottvoir lädt am Wochenende mit ihrem neuen Stück Fläzen zum kollektiven Nichtstun ein. 

Flä­zen. Ein tol­les Wort. Es klingt ja schon nach sei­ner Be­deu­tung. Die ist ge­mäss Du­den: «in nach­läs­si­ger Hal­tung halb sit­zen, halb lie­gen; sich halb set­zen, halb le­gen; sich hin­lüm­meln, –fle­geln». Dass das Wort als «um­gangs­sprach­lich ab­wer­tend» be­schrie­ben wird, ist an die­ser Stel­le völ­lig ne­ben­säch­lich. Schon Pip­pi Lang­strumpf singt, dass Faul­sein wun­der­schön ist. Und As­trid Lind­gren soll ein­mal ge­schrie­ben ha­ben: «Und dann muss man ja auch noch Zeit ha­ben, ein­fach da­zu­sit­zen und vor sich hin­zu­schau­en.» Kurz ge­sagt: Flä­zen ist ein­fach gross­ar­tig.

Flä­zen ist auch der Ti­tel des neu­en Stücks der Lu­zer­ner Com­pa­gnie Trott­voir. Nach zwei­jäh­ri­ger Krea­tiv­pau­se tourt das Kol­lek­tiv ab Sep­tem­ber wie­der durch die Schweiz und macht am 20. und 21. Sep­tem­ber Halt auf dem Gal­lus­platz in St.Gal­len. Ge­fläzt wird hier gleich vier­mal.

Mit­ge­bracht hat die Grup­pe, die oft im öf­fent­li­chen Raum ar­bei­tet, ins­ge­samt 60 Ma­trat­zen. Wer sich für die rund 90-mi­nü­ti­ge Dar­bie­tung dar­auf hin­flä­zen mag, kann das ge­gen Ein­tritt tun und wird da­mit gleich selbst Teil des Stücks. Die­ses ver­steht sich als «ei­ne Rei­se – vom ge­hetz­ten All­tag zu ei­ner kol­lek­ti­ven und ge­las­se­ne­ren Form des Da­seins», wie das Kol­lek­tiv in der Me­di­en­mit­tei­lung schreibt. 

Wer nicht selbst mit­flä­zen, son­dern nur zu­se­hen möch­te, kann das selbst­ver­ständ­lich auch tun. Wo­bei: Wäh­rend die Teil­neh­men­den nach aus­sen hin nichts tun, pas­siert in­ner­lich wohl ei­ni­ges. Flä­zen ist näm­lich ein «Hör- und Seh­erleb­nis». Über Kopf­hö­rer tau­chen die Lie­gen­den in ei­ne Dar­bie­tung der Com­pa­gnie Trott­voir ein, in der es um «Fra­gen nach so­zia­ler Ge­rech­tig­keit, Pri­vi­le­gi­en und Pro­test» geht. 

Und so viel ist klar: Nichts­tun hat vie­le ver­schie­de­ne Be­deu­tun­gen, und die über­la­gern sich in Flä­zen. Denn es geht dem Kol­lek­tiv nicht nur ums Nichts­tun im Sin­ne von Mus­se, Kon­tem­pla­ti­on und Selbst­für­sor­ge im An­ge­sicht un­se­rer Leis­tungs­ge­sell­schaft, son­dern auch um das mo­ra­lisch-po­li­ti­sche Nichts­tun. Die­se Pas­si­vi­tät, die nur dann mög­lich ist, wenn man von ei­nem Pro­blem nicht un­mit­tel­bar be­trof­fen ist. 

Liegend nachdenken über das Nichtstun (Bild: pd/Linus Rieser)

«Wir ha­ben uns oft ge­fragt: Wer kann sich bei all den Krie­gen, bei Kli­ma- und De­mo­kra­tie­kri­se gu­ten Ge­wis­sens zu­rück­leh­nen? Wer der Stil­le zu­hört, hört nicht nichts, son­dern viel­leicht das, was un­er­war­tet ist. Wer war­tet, kos­tet viel­leicht die Lee­re aus, an­statt die Zeit tot­zu­schla­gen. Aber wer kann sich das leis­ten?», fragt das Kol­lek­tiv­mit­glied Lau­rence Fel­ber.

Com­pa­gnie Trott­voir – Flä­zen: 20. Sep­tem­ber, 15 und 18 Uhr und 21. Sep­tem­ber, 11 und 18 Uhr, Gal­lus­platz, St.Gal­len.

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