Unendlichkeit aus Eiern und Wolle

Im Kunstmuseum Thurgau lotet Isabelle Krieg das Spannungsfeld von vermeintlichen Gegensätzen aus. Gezeigt werden Werke aus über drei Jahrzehnten sowie zwei neue Installationen, die eigens für die Kartause Ittingen entstanden sind.

Isabelle Krieg hinter ihrem Lebenszeitprojekt endlich (Bild: pd/Nina Maier)

Gross und klein. Hoch und tief. Plus und Mi­nus. Hart und weich. Bit­ter und süss. Gut und bö­se. Sol­che Ge­gen­satz­paa­re gibt es zu­hauf. Men­schen nei­gen da­zu, die Welt in zwei kla­re Po­le zu un­ter­tei­len. Das ist manch­mal hilf­reich, manch­mal ein­fach be­quem und manch­mal ver­kennt es die Rea­li­tät. 

Es ist sel­ten ein «al­les oder nichts», ein «ent­we­der oder», son­dern oft­mals ein Mit­tel­weg. Man trinkt Tee nicht nur ko­chend heiss oder eis­kalt, son­dern meist warm. Und man ist nicht bis zum Tag X jung und dann plötz­lich alt, son­dern ei­ne Wei­le ein­fach mit­tel­alt.

Mit sol­chen Be­zü­gen spielt die in Kreuz­lin­gen le­ben­de Künst­le­rin Isa­bel­le Krieg in ih­rer Ein­zel­aus­stel­lung «un­end­lich end­lich», die ab dem 28. Sep­tem­ber im Kunst­mu­se­um Thur­gau zu se­hen ist. Die Schau ver­eint Wer­ke aus der mehr als dreis­sig­jäh­ri­gen Schaf­fens­pha­se der Künst­le­rin so­wie neue Ar­bei­ten.

Hair Cocktails aus dem Jahr 2023 (Bild: pd/F.X. Brun)

Krieg ar­bei­tet mit In­stal­la­tio­nen, Ob­jekt­kunst, Fo­to­gra­fie und Per­for­man­ces. Oft greift sie da­bei zu Ma­te­ria­li­en, de­nen man im All­tag be­geg­net – bei­spiels­wei­se Le­bens­mit­tel, Tex­ti­li­en oder Bau­ma­te­ri­al. «Die Art und Wei­se, wie die Künst­le­rin All­tags­din­ge ver­wen­det, tran­szen­diert die All­täg­lich­keit und sym­bo­li­siert Über­zeit­li­ches», er­klärt das Mu­se­um. Im Zen­trum von Kriegs Ar­beit ste­he da­bei oft «das Ver­hält­nis zwi­schen Men­schen und Na­tur, Mi­kro- und Ma­kro­kos­men».

Ein Bei­spiel da­für ist Kriegs Men­schen­scheu­che, die wäh­rend der Aus­stel­lung im klei­nen Kreuz­gar­ten der Kar­tau­se ge­zeigt wird. Das Werk aus blau­en Schin­deln bie­tet als «Vo­gel­haus Platz für Tie­re» und soll durch sei­ne «Sarg­form» gleich­zei­tig Men­schen ab­schre­cken. Und den­noch: Die blaue Ober­flä­che der Men­schen­scheu­che sei «so fas­zi­nie­rend, dass wir als Kunst­be­trach­ter doch an­ge­zo­gen wer­den». 

Life Jacket (Health) ist eine Skulptur aus getragenen Jacken: (Bild: pd/Isabelle Krieg)

Ne­ben be­stehen­den Wer­ken hat Isa­bel­le Krieg ei­gens für die Aus­stel­lung in den Räum­lich­kei­ten der Kar­tau­se It­tin­gen zwei orts­spe­zi­fi­sche In­stal­la­tio­nen ge­schaf­fen. Den obe­ren Kel­ler­raum ver­frem­det Krieg mit ei­ner In­stal­la­ti­on, die «ar­chi­tek­to­ni­schen Ni­veaus, Räu­me und Zei­ten ver­bin­det». 

Und Räu­me ver­bin­det auch das zwei­te Werk: Durch Wein­kel­ler, Mu­se­ums­vor­platz und Kreuz­gar­ten zieht sich ei­ne «(f)lie­gen­de Acht». Die aus Schafs­wol­le und meh­re­ren hun­dert Straus­sen­ei­ern be­stehen­de In­stal­la­ti­on ist ein Sym­bol für die Un­end­lich­keit und, so das Mu­se­um, ein Sinn­bild «für die Ver­bin­dung von ver­schie­de­nen Di­men­sio­nen: In­nen und Aus­sen, Kunst und Le­ben, Dies­seits und Jen­seits». 

Isa­bel­le Krieg – «un­end­lich end­lich»: 28. Sep­tem­ber bis 26. April 2026, Kunst­mu­se­um Thur­gau, Kar­tau­se It­tin­gen, Warth.

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