Was die kulturkämpferische SVP im Kanton St.Gallen derzeit abliefert, ist ein politisches Trauerspiel. In Trump’scher Manier schiesst sie gegen alles, was irgendwie nach Stadt, Links, Grün, Queer oder Woke riecht. Tempo 30, wäh! Lastenausgleich, pfui! Kunst und Kultur, igitt! Und im Toggenburg, wo der SVP-Sprecher herkommt, geriet vor zwei Jahren auch das Rathaus für Kultur in die Schusslinie. Und dieser Tage, kurz vor dessen Eröffnung auch das Klanghaus Toggenburg. Das kam alles aus derselben Küche. Der Angriff aufs «Glitch»-Festival, das diesen September zum zweiten Mal über die Bühne geht, ist nur ein weiteres Beispiel in einer scheinbaren Endlosserie.
Stossend daran ist – abgesehen von der kultur- und gesellschaftspolitischen Primitivität der argumentativen Herleitung – vor allem auch das Vorgehen. Wenn sich die Partei bemüssigt fühlt, in letzter Sekunde noch mit Streichungsanträgen aufwarten zu müssen, wirkt das in erster Linie so, als hätte sie im Voraus keine Zeit gefunden, die Lotteriebotschaft überhaupt zu lesen. Sonst hätte man schon vor der Sitzung der Finanzkommission merken können, dass einem der queerfeministische Anlass in der verhassten Kantonshauptstadt nicht geheuer ist.
Hinzu kommt finanzpolitische Inkompetenz. Die SVP will einen Lotteriefondsbeitrag streichen. Dabei aber von «öffentlicher Finanzierung» zu sprechen, ist entweder dreist gelogen oder schlicht falsch verstanden. Wer Lotteriefondsbeiträge streicht, hat damit weder Steuerfranken eingespart, noch Staatsausgaben gekürzt und schon gar nicht den kantonalen Haushalt in irgendeiner Art und Weise entlastet. Dieses Grundlagenwissen dürfte man eigentlich auch vom Kaufmann und Juristen Christian Vogel, der den Streichungsantrag im Namen seiner Fraktion eingereicht hat, voraussetzen. Ganz abgesehen vom unlauteren argumentativen Vermischen des Engagements einer Filmerin fürs Glitch einerseits und des Förderbeitrags des Kantons für ihre persönliche Arbeit andererseits. Man streicht dem Trachtenverein auch keine Beiträge, nur weil seine Mitglieder Landwirtschaftssubventionen erhalten.
Ohnehin ist die Praxis, dass ein Kantonsparlament sich zu einzelnen Lotteriefondsbeiträgen äussern darf, längst überholt und praktisch nur noch in St.Gallen möglich. Die Lotteriefondsbeiträge gehören endlich entpolitisiert und der Kompetenz des Kantonsrats entzogen.