Glitch 1 – SVP 0

Weiss nicht, was «einengende Geschlechtszuschreibungen» und «männerdominierte Strukturen» bedeutet: SVP-Kantonsrat Christian Vogel vermutet hinter der Zielformulierung des «Glitch»-Festivals ChatGPT. (Bild: pd/Ratsinformationssystem)

Die SVP St.Gallen wollte im Kantonsrat Gelder für ein queerfeministisches Festival in St.Gallen streichen – und ist prompt auf die Nase gefallen.

Da woll­te Chris­ti­an Vo­gel den Kul­tur­kampf, den die SVP seit Jah­ren führt, vor­an­trei­ben und ist da­bei ab­ge­stürzt. Der Tog­gen­bur­ger Kan­tons­rat mit Jahr­gang 1996 hat rund ei­ne Stun­de vor der De­bat­te um die Lot­te­rie­fonds­gel­der ei­nen An­trag auf Strei­chung der 25'000 Fran­ken an das que­er­fe­mi­nis­ti­sche Fes­ti­val «Glitch» ein­ge­reicht.

Be­grün­det hat­te der Jung­po­li­ti­ker sei­nen Un­mut über das au­dio­vi­su­el­le Fes­ti­val in St.Gal­len mit des­sen Ziel, die «ein­engen­den Ge­schlechts­zu­schrei­bun­gen so­wie män­ner­do­mi­nier­ten Struk­tu­ren» auf­bre­chen zu wol­len. Da­mit sei das Fes­ti­val «klar po­li­tisch» aus­ge­rich­tet und sol­le da­her nicht mit öf­fent­li­chen Gel­dern fi­nan­ziert wer­den. Aus­ser­dem ver­wies er dar­auf, dass Mo­re­na Bar­ra, Fil­me­rin und Mit­or­ga­ni­sa­to­rin des Fes­ti­vals, ja kürz­lich ei­nen För­der­preis vom Kan­ton er­hal­ten ha­be und das Fes­ti­val dar­um nicht auch noch Geld vom Staat er­hal­ten soll.

Deut­li­che Ab­fuhr an SVP-Schnell­schuss

Vo­gels An­trag hat­te im Par­la­ment kei­ne Chan­ce, er wur­de mit 41:71 Stim­men ab­ge­schmet­tert. Nur ge­ra­de der an­we­sen­de Teil der SVP, ein EDU'­ler plus zwei ver­spreng­te Rhein­ta­ler FDP’ler stimm­ten da­für. Al­le an­de­ren hiel­ten ge­schlos­sen am Lot­te­rie­fonds­bei­trag fürs «Glitch» fest.

Die De­bat­te am Diens­tag ver­lief hit­zig. So mel­de­te sich et­wa spon­tan ei­ne auf­ge­brach­te Alex­an­dra Ake­ret (SP, St.Gal­len) zu Wort. Sie be­ton­te, dass Ge­schlechts­zu­ge­hö­rig­keit nicht po­li­tisch sei, es ge­be aber Par­tei­en, die das The­ma stän­dig po­li­ti­sie­ren woll­ten – na­ment­lich die SVP.

Mar­tin Sai­ler (SP, Wild­haus-Alt St.Jo­hann) sprach im Na­men der SP-Grü­nen-GLP-Frak­ti­on. Sein Rats­kol­le­ge von der SVP ha­be wohl ein­fach das Wort «que­er­fe­mi­nis­tisch» ge­le­sen und das Fes­ti­val für sich re­flex­ar­tig mit «zu teu­er» ge­la­belt. Er er­läu­ter­te dem Kan­tons­rat, was es al­les an se­riö­ser Vor­ar­beit brau­che, bis ein sol­ches Un­ter­stüt­zungs­ge­such für Lot­te­rie­fonds­gel­der ein­mal aus­ge­ar­bei­tet, ein­ge­reicht und von den ver­schie­de­nen Stel­len ab­ge­seg­net sei: Prü­fung durch das Amt für Kul­tur, Re­gie­rungs­rat, kan­tons­rät­li­che Fi­nanz­kom­mis­si­on. Aber selbst in der Fi­Ko, wo die SVP auch gut ver­tre­ten ist, hat­te man bis­lang nichts am «Glitch» aus­zu­set­zen.

«Lot­te­rie­fonds ist kei­ne Spiel­wie­se»

Die Rats­lin­ke, vor al­lem aber auch Ver­tre­ter:in­nen aus den an­de­ren bür­ger­li­chen Frak­tio­nen stör­ten sich an der Kurz­fris­tig­keit des Strei­chungs­an­trags. Tho­mas War­zi­nek (Die Mit­te, Mels) stell­te klar: «Der Lot­te­rie­fonds ist kei­ne Spiel­wie­se für po­pu­lis­ti­sche An­grif­fe ge­gen klei­ne Grup­pie­run­gen.»

Und was sagt das «Glitch» zum An­griff der SVP? «Zu­erst ein­mal sind wir froh, dass al­le Frak­tio­nen aus­ser der SVP ge­schlos­sen für uns ge­stimmt ha­ben», sagt Clau­de Büh­ler vom OK. «Das be­stä­tigt uns und un­se­re Ar­beit.» Sie stört sich vor al­lem an der Ver­po­li­ti­sie­rung des An­las­ses durch die Rechts­par­tei. «Klar set­zen wir uns für que­e­re Räu­me und Kunst ein, aber wir ver­fol­gen kei­ne links-po­li­ti­sche und schon gar kei­ne män­ner­has­sen­de Agen­da, wie ei­ni­ge Po­li­ti­ker:in­nen viel­leicht glau­ben, son­dern wol­len im Ge­gen­teil Dia­logräu­me öff­nen und un­se­ren Teil zu ei­ner of­fe­nen und so­li­da­ri­schen Ge­sell­schaft bei­tra­gen.»

Dia­log statt blind­wü­ti­ger Fron­tal­an­griff, das wä­ren mal neue Tö­ne von der Sün­ne­li­par­tei.