, 19. Februar 2019
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Villa Wiesental bekommt ein «Office»-Gebäude

Die Villa Wiesental, erbaut 1880, an der St.Galler Rosenbergstrasse neben der heutigen Autobahneinfahrt, soll renoviert und mit einem «Office»-Gebäude ergänzt werden. Was ist von der heute präsentierten neusten Lösung des ewigen «Falls Wiesental» zu halten?

Die Villa mit dem geplanten Neubau dahinter in einer Projekt-Visualisierung.

Seit Jahren wird um die St.Galler Villa Wiesental gestritten. Geplant und gebaut hat sie 1880 Baumeister Daniel Oertly für Konsul Konrad Menet-Tanner. Letzterer war nach seiner Konsulartätigkeit in Uruguay in seine Heimat zurückgekommen. Verwendet wurden für sein Wohnhaus hochwertige Materialien. Die Villa war in ihrer Zeit ein Prunkbau – doch unter Schutz gestellt wurde sie nie.

Die Villa Wiesental in einer Aufnahme von 2013.

Heute steht sie in verlottertem Zustand verriegelt und verrammelt an der verkehrsumbrandeten Ecke der Rosenbergstrasse neben der Autobahneinfahrt in den Stichtunnel.

Der letzte Versuch, auf dem Areal ein Projekt zu entwickeln, scheiterte 2012. Das Generalunternehmen HRS Real Estate, dem die Villa seit dem Erwerb von Vorbesitzerin Swisscanto gehört, lancierte einen Wettbewerb unter bekannten Architekturbüros. Sieger war das Büro Caruso St John aus London und Zürich mit seiner «Stadtkrone». Die Villa selbst wäre dafür abgebrochen worden. Doch daran entzündete sich derart viel Widerstand, dass nun länger gar nichts mehr ging.

Das Projekt «Stadtkrone» von 2012.

Jetzt scheint der gordische Knoten durchschnitten. Am Dienstag stellten HRS, Stadt und die städtische Pensionskasse ein neues Projekt vor. Der Sachverständigenrat – das beratende Gremium in Sachen Städtebau und Architektur – habe es bereits hoch gelobt, betonten die Beteiligten. Es besteht in der Sanierung der Villa und einem daneben gestellten «Office»-Gebäude, lies: Bürohaus. Über der Tiefgarage stehen sechs Stockwerke plus Attika. Der Neubau wird fast doppelt so hoch wie die Villa und höher als der «Leopard» daneben.

Der Neubau mit Villa (links) und «Leopard» (rechts).

Um die Villa bleibt ein Rest des Gartens. Dieser wird öffentlich zugänglich und die markante Linde dort wird stehenbleiben. Das Erdgeschoss des Neubaus soll ebenfalls öffentlich werden, zum Beispiel als Café, das dann auch den Garten nutzen kann.

«Urbaner Auftakt zur Stadt»

Entworfen hat das aktuelle Projekt das Zürcher Architekturbüro von Roger Boltshauser – ein bekannter Name in der Architekturszene. Das «Office»-Gebäude wird dieses Mal nicht mehr an die Villa angedockt, sondern steht mit einem Abstand von ein paar Metern in der Längsrichtung der Rosenbergstrasse. Dafür muss der bestehende Lokremisenweg verlegt werden, und die Pläne sehen auch schon den Velotunnel vor, der vielleicht dereinst unter der grossen Strassenkreuzung durchführen wird. Der Neubau wird zur Kreuzung «einen neuen Hochpunkt als Eingang und urbanem Auftakt zur Stadt bilden», schreiben die Projektverfasser. Damit wird er wohl die «Torsituation» konkurrenzieren, die bisher immer der Villa zugeschrieben wurde.

Wie sich der Neubau dann aussen präsentieren wird, ist wohl noch nicht ganz klar. In den unteren Geschossen soll die neue Fassade begrünt werden, doch dann heisst es in bestem Architektendeutsch in der Medienmitteilung: «Mit der Wahl des Klinkers sucht der Neubau den Bezug zum Bahnhofareal mit seinem industriellen Charakter. Farblich ist ein grünlicher Farbton angedacht, in Anlehnung an die Farbigkeit der Villa. Die Fassade wird mit einem feingliedrigen Relief strukturiert, wodurch Bezüge zu den umliegenden Bauten, insbesondere der Fassade der Villa, geschaffen werden.»

Bis hin zur Gartengestaltung durch das Zürcher Landschaftsarchitekturbüro Müller Illien wird viel versprochen: «An der Westseite der Villa geben eine Magnolie und ein Blumenhartriegel der Villa und dem Platz einen angemessenen Rahmen. Die alte Linde wird durch die neue Interpretation der Umgebungsgestaltung zum prägenden Platzbaum und erhält eine neue Strahlkraft.»

Sowohl in der Villa wie auch im Neubau sind Büronutzungen vorgesehen. Die Villa kann dank guter Grundsubstanz innen renoviert und mit einem Lift ergänzt werden. Der Neubau soll in den oberen Geschossen flexibel unterteilbar sein. Bauherrin wird die Pensionskasse der Stadt St.Gallen. Sie kauft HRS die Villa und das Grundstück ab und investiert rund 28 Millionen in Sanierung und in den Neubau. Planen wird das Ganze noch die Verkäuferin HRS, die sich damit ein Stück des Kuchens sichern kann.

In ersten Reaktionen äusserten sich der Verein Pro Villa Wiesental, aber auch der Heimatschutz zufrieden, dass sich nun eine Lösung mit dem Erhalt der Villa abzeichnet. Auf eine architektonische Beurteilung sei man gespannt, schreibt der Verein Pro Villa Wiesental. Wenn alles klappt, startet der Umbau 2020.

Der Vergleich zu 2012

Architektur-Renderings können täuschen, aber sie ermöglichen einen gewissen Vergleich. Im erwähnten Wettbewerb von 2012 liessen drei Projektverfasser die Villa neben ihren Neubauten ebenfalls stehen. Sie stammten von den Architekturbüros Baumschlager Eberle Architekten, Morger Dettli und vom St.Galler Büro von Thomas Keller.

Das Projekt 2012 von Morger Dettli.

Das Projekt 2012 von Baumschlager Eberle Architekten.

Das Projekt 2012 von Thomas Keller.

 

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